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Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Pacigalupi
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kniete sich neben sie. »Du weißt, dass wir ihn in den Fluss werfen müssen?«
    Das Mädchen reagierte nicht. Lalji nahm das als Zustimmung. »Wenn es etwas gibt, was du von ihm an dich nehmen möchtest, dann solltest du das jetzt tun.« Das Mädchen schüttelte den Kopf. Lalji legte ihr zögerlich eine Hand auf die Schulter. »Es ist keine Schande, dem Fluss übergeben zu werden. Bei einem Fluss wie diesem ist es sogar eine Ehre.«
    Er wartete. Schließlich nickte sie. Er stand auf und schleifte den Leichnam zum Rand des Bootes. Dann band er Gewichte daran fest und wuchtete die Beine über die Reling. Der alte Mann glitt ihm aus den Händen. Das Mädchen schwieg und starrte Bowman nach, der langsam unterging.
    Lalji beendete seine Putzarbeiten. Morgen früh würde er alles noch einmal schrubben müssen und die Flecken mit Sandpapier abschmirgeln, aber fürs Erste reichte es. Er machte sich daran, die Anker hochzuziehen. Einen Moment später war das Mädchen wieder bei ihm und half. Lalji ließ sich am Ruder nieder. Was für eine Verschwendung, dachte er bei sich. Was für eine entsetzliche Verschwendung!
    Langsam zog die Strömung das Nadelboot in die Mitte des Flusses. Das Mädchen kniete sich neben ihn. »Werden sie uns verfolgen?«
    Lalji zuckte mit den Achseln. »Mit etwas Glück? Nein. Sie werden nach etwas Größerem suchen, weil so viele Männer verschwunden sind. Wir beide sind für die kleine Fische. Mit etwas Glück.«
    Sie nickte, schien die Information zu verdauen. »Er hat mir das Leben gerettet, müssen Sie wissen. Sonst wäre ich jetzt tot.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Werden Sie seine Samen einpflanzen?«
    »Wenn er keine herstellt, wird es niemanden geben, der sie einpflanzt.«
    Tazi runzelte die Stirn. »Aber wir haben so viele!« Sie stand auf und schlüpfte in den Laderaum hinunter. Als sie zurückkam, schleppte sie den Sack mit seinen Essensvorräten. Dann nahm sie Gläser aus dem Sack: Reis und Mais, Sojabohnen und Weizenkörner.
    »Die kann man doch nur essen«, wandte Lalji ein.
    Tazi schüttelte verbissen den Kopf. »Das sind seine Johnny Appleseeds. Ich dürfte Ihnen das eigentlich nicht erzählen. Er hat nicht geglaubt, dass Sie ihn bis in die Stadt mitnehmen würden. Und mich. Aber Sie könnten sie doch auch einpflanzen.«
    Lalji runzelte die Stirn und nahm ein Glas mit Mais. Die Körner schmiegten sich eng aneinander, Hunderte davon, jede einzelne unpatentiert, jede einzelne eine genetische Infektion. Er schloss die Augen und sah Felder vor sich – Reihen über Reihen grüner, raschelnder Pflanzen, und seinen Vater, der lachend die Arme ausgebreitet hatte, als er rief: »Hunderte! Tausende, wenn du betest!«
    Lalji drückte sich das Glas an die Brust, und ganz langsam begann er zu lächeln.
    Das Nadelboot fuhr weiter flussabwärts, ein Stück Treibgut in der Strömung des Mississippi, auf allen Seiten von gewaltigen Getreidefrachtern umgeben, die nach Süden unterwegs waren, nach Süden durch das fruchtbare Herzland bis nach New Orleans – der Pforte zur großen, weiten Welt.

Yellow Cards
     
     
    Der Schein der Flammen spiegelt sich in den Klingen. Jute und Tamarinde und Spannfedern brennen lichterloh. Sie sind überall – die Männer mit den grünen Stirnbändern, den Schlachtrufen und den bluttriefenden Macheten. Ihre Rufe hallen durch das Lagerhaus und über die Straßen. Sohn Nummer eins ist bereits tot. Jadeblüte kann er nirgendwo finden, ganz gleich, wie oft er ihre Telefonnummer wählt. Die Gesichter seiner Töchter sind aufgeplatzt wie Durianfrüchte mit fortgeschrittener Rostwelke.
    Das Feuer breitet sich aus. Schwarzer Rauch wallt um ihn auf. Er rennt durch die Büroräume, vorbei an Kurbelcomputern in Teakgehäusen, vorbei an Aschehaufen, wo seine Angestellten die ganze Nacht über Akten verbrannt haben, um die Namen derjenigen auszulöschen, die Tri-Clipper geholfen haben.
    Er rennt, und der Rauch und die Hitze bringen ihn fast um. In seinem eigenen, eleganten Büro stürzt er zu den blauen Fensterläden und zerrt unbeholfen an der Messingverriegelung. Dann wirft er sich mit der Schulter dagegen, während das Lagerhaus brennt und braunhäutige Männer zur Tür hereinströmen und ihre rot glänzenden Messer schwingen ...
    Tranh erwacht und ringt nach Atem.
    Scharfe Betonkanten drücken ihm ins Kreuz. Ein schweißüberströmter Oberschenkel droht ihn zu ersticken. Er schiebt das Bein des Fremden beiseite. Feuchte Haut schimmert in der Dunkelheit – er ist von einem Meer

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