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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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Kaffeetisch. Das Zimmer war offenbar durchsucht worden. Die Schreibtischschubladen waren herausgezogen, auf der Tischplatte lagen wild verstreut Papierstapel, Bücher waren aus dem Regal gerissen und ein großes Gemälde von der Wand genommen worden. Der Eindringling hatte irgendetwas gesucht.
    Aber was?
    Ich schloss die Vorhänge, knipste die Schreibtischlampe an und blätterte ziellos in den Papieren: Nur Quittungen und andere geschäftliche Unterlagen.
    Ich wollte mir schon die Bücherregale ansehen, als ich von oben Geräusche hörte. Eine Tür wurde geöffnet, eine Männerstimme murmelte etwas, dann kamen schwere Schritte die Treppe herunter.
    Die Nachbarn!
    Voller Panik versuchte ich, die Schreibtischlampe auszuschalten, aber die kippte mit einem Knall um. Ich stürzte zum Fenster, riss die Vorhänge zur Seite und sprang hinaus. Ich fiel, kam aber gleich wieder auf die Beine, schlüpfte um die Hausecke und rutschte die Felskuppe hinunter in den Garten. Als ich auf das Wäldchen zurannte, sah ich aus dem Augenwinkel, dass in Rustads Wohnzimmer die Lampen eingeschaltet wurden.
    Es heißt ja oft, dass man Mond und Sterne sieht, wenn man zu Boden geschlagen wird. Bei mir war es eher wie eine Magnesiumbombe, die dicht vor meinen Augen gezündet wurde. Zugleich wurde alle Luft aus mir hinausgepresst. Eine Sekunde darauf lag ich hilflos auf dem Boden, festgehalten durch zwei schwere Knie auf meinen Oberarmen. Ich spürte, wie meine Jacke hochgeschoben und meine Brieftasche herausgezogen wurde. Ehe ich überhaupt wieder zu Atem gekommen war, war die Gestalt lautlos im Wald verschwunden.
    Stöhnend kam ich auf alle Viere und kroch unter eine Tanne. Dort entdeckte ich meine Brieftasche, die mein Angreifer weggeworfen hatte. Ihm war es offenbar nicht um Geld gegangen. Banknoten und Münzen waren noch vorhanden. Mein Presseausweis dagegen war verschwunden. Ich kam mühsam auf die Beine, wischte mir Tannennadeln und Erde von den Kleidern und zog mich noch weiter vom Haus zurück. Es wäre doch möglich, dass Rustads Nachbarn herauskämen, um nach dem Einbrecher zu suchen.
    Auf der anderen Seite des Wäldchens fand ich einen Weg, der zum Drammensvei hochführte. Gegen drei Uhr erreichte ich nach einer knappen halben Stunde Fußmarsch den Bahnhof Blommenholm. Hier saß ich dann fröstelnd und wartete auf den Vorortzug, der mich nach Oslo zurückbringen sollte.
     
    Wer in aller Welt konnte dieser geheimnisvolle Einbrecher sein? Einer, der in Rustads Wohnung einbricht, nur wenige Minuten, nachdem die Polizei das Grundstück verlassen hat, und der mich mit einem einfachen Handgriff ausschaltet. Das war kein schlichter Dieb aus Vika - das stand jedenfalls fest.
    Die Gestalt, die einige Sekunden lang im Wäldchen hinter Großhändler Rustads Haus über mir aufgeragt hatte, hatte etwas Sorgloses und Eiskaltes an sich gehabt.
     
    Cafe Kielland
     
    Es war Viertel nach sechs, als ich mit dem ersten Zug aus Blommenholm am Westbahnhof eintraf. Ich rief von der Telefonzelle aus bei der Zeitung an. Es waren noch fast zwei Stunden bis zur Morgenbesprechung, aber wie ich Mr. George kannte, saß er hinter dem Schreibtisch und schüttete sich nach einer in der Redaktion durchwachten Nacht mit dynamitstarkem Kaffee voll. Er meldete sich sofort.
    »Morgen«, sagte ich. »Hier ist Erik.«
    Mr. George kam sofort zur Sache: »Ich hatte früher mit dir gerechnet.«
    Ich zögerte einige Sekunden: »Äh … es gibt nicht viel zu berichten«, sagte ich. »Die Polizei holte Frau Rustad gerade ab, als ich gekommen bin. Ich konnte ihr zwar noch zwei Fragen stellen, ehe sie ins Auto stieg, aber sie stand unter Schock.«
    »Na gut. Dann besprechen wir unser weiteres Vorgehen, wenn du hier bist.«
    »Ich habe eine Idee«, sagte ich rasch, für den Fall, dass er auflegen wollte. »Ich schwänze gleich die Besprechung und fahre sofort zu Rustads Lagerplatz in der Uelands gate. Ich würde gern mit seinen Angestellten sprechen. Vielleicht kann ich ja auch einen Blick ins Büro des Großhändlers werfen.«
    Mr. George stimmte zu. Ich kaufte alle Morgenzeitungen am Kiosk und ging hinaus auf den leeren Droschkenhalteplatz. Ich überflog die Schlagzeilen. Aftenposten füllte natürlich die halbe Vorderseite mit dem Mord. Die Konkurrenz hatte es nicht einmal geschafft, den Fall überhaupt zu melden.
    Der Fahrer setzte mich an der Kreuzung Uelands gate und Bjerregaards gate ab. Der Lagerplatz war umgeben von einem zwei Meter hohen Bretterzaun. Auf einem großen

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