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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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Gangster übrig geblieben, der mich elf Monate zuvor auf eine Spazierfahrt mitgenommen hatte. Sein heller Anzug war schmutzig und zerknittert. Jedwede Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein, und er sah abgemagert aus. Seine Augen waren groß und angsterfüllt. Als er zu sprechen ansetzte, hörte ich eine trockene, piepsende Stimme.
    »Gott sei Dank, dass du gekommen bist, Erik«, sagte er. »Ich stecke furchtbar in der Klemme und hoffe sehr, dass du mir hilfst.«
    »Wieso sollte ich das verdammt noch mal tun?«, rief ich. »Als wir uns das letzte Mal trafen, hast du mich fast umgebracht!«
    Er fuhr sich mit der Hand über den Schädel und kniff die Augen zusammen. Sein Gesichtsausdruck wirkte, als könne er jeden Moment in Tränen ausbrechen.
    »Wenn du mir nicht helfen willst, bin ich hoffnungslos verloren. Manteuffel hat geschworen, uns alle umzulegen. Ich weiß nicht, ob die Jungs schon auf dem Grund des Oslofjords liegen oder aus der Stadt getürmt sind. Ich war ein paar Monate untergetaucht, und nach meiner Rückkehr habe ich mich hier für ein paar Wochen versteckt. Außer Straken habe ich keine Menschenseele getroffen …« Bay bekniete mich. »Kannst du Manteuffel nicht überreden, mich in Frieden zu lassen? Sag ihm, dass er nichts, aber auch gar nichts vor mir zu befürchten hat.«
    Statt zu antworten, hielt ich das Paket in die Höhe. »Das kommt von Straken. Schließ die Tür auf.«
    Bay kam meiner Aufforderung nach und zündete eine Petroleumlampe an, die er auf die Kommode stellte.
    »Du kannst die Taschenlampe ausschalten, Erfjord. Dieser Kamerad hier …«, mit glänzenden Augen betrachtete er den brennenden Docht, »… hat mir in vielen trostlosen Nächten Gesellschaft geleistet. Sehr wahrscheinlich hat er mich vor dem völligen Wahnsinn bewahrt!«
    Ich reichte ihm das Paket. Mit gierigen Fingern riss er das Papier herunter. Im Innern befanden sich ein Brot, eine dicke Wurst aus Pferdefleisch, eine Flasche Schnaps und zwei Päckchen Zigaretten.
    »Wieso ist Manteuffel eigentlich hinter dir her?«
    Bay hatte sich ein großes Stück Brot in den Mund gestopft und musste die Hälfte herunterschlucken, ehe er mir antworten konnte. »Fredriksen wurde letztes Jahr kurz vor Weihnachten von Alfred Janus kontaktiert. Du weißt doch, wer Janus ist, oder … der deutsche Alkoholschmuggler?«
    Ich nickte.
    »Janus hat sich in Nazi-Deutschland eine neue Karriere aufgebaut, wie sich zeigte. Es gibt viele, die heutzutage dort unerwünscht sind: Politische Gegner, Ausländer, Juden … tja, das kann man bis ins Unendliche fortführen. Viele sind daran interessiert, das Land zu verlassen, aber das kommt sie teuer zu stehen. Die Nazis lassen ihnen gerade mal das Geld für die Schiffspassage. Und somit hat Janus großen Zulauf von Menschen, die sich illegal aus dem Land schleichen wollen, sodass sie ihr Vermögen und ihr Eigentum mitnehmen können.«
    »Also geht es bei dieser Sache nicht um Kokain, sondern um Menschenschmuggel!«
    »Richtig! Letztes Jahr bin ich kurz nach Weihnachten zu Herthas Flak im Kattegatt rausgefahren, um dort eine Flüchtlingsfamilie abzuholen, die Janus aus Hamburg mitgebracht hatte. Wie sich herausstellte, war die Familie viel größer als vermutet. Acht Personen. Außerdem hatten sie sämtliche Möbel mitgebracht. Wir hatten ein Problem. Schließlich konnten wir ein paar illegale Flüchtlinge nicht einfach so an der Honnorbrygga absetzen.«
    »Also habt ihr die Familie in Fredriksens Wohnung untergebracht, während die Möbel im Fischkastenlager abgestellt wurden?«
    »Ja, aber nur so lange, bis wir so viel von den Besitztümern verkauft hätten, dass sie sich leisten könnten, in ein anderes Land weiterzureisen …«
    Ich grinste. »Warum sagst du nicht die Wahrheit, Bay? Die Familie konnte sich nicht auf der Straße zeigen, ohne verhaftet zu werden. Fredriksen ließ so eine Gelegenheit natürlich nicht ungenutzt an sich vorbeiziehen. Er verkaufte ihren Besitz und behielt den Verdienst für sich, oder nicht?«
    »Tja. Wir hatten ja Anspruch auf eine Provision …«
    »Also gut, dann nennen wir das so. Erklär mir lieber, wie Manteuffel hier ins Spiel kam.«
    »Ja, gute Frage. Er kam eines Tages einfach so in Fredriksens Büro stolziert, mit deinem Freund Winther im Schlepptau. Erst wollte er wissen, wo sich die Flüchtlinge aufhielten, aber wir blufften und sagten ihm, sie hätten das Land verlassen. Dann bedrängte er uns wegen ihrer Besitztümer. Wir erklärten, dass alles

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