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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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worden. Ich hatte die Taschenlampe verloren und suchte lange im Finstern, bevor ich sie endlich wiederfand. Ich schaltete sie ein und kletterte durch die Luke im Boden des Lagerhauses.
    Als ich hinauf auf den Dachboden kam, brannte in Bays Kabuff noch immer die Petroleumlampe. Doch sie konnte ihm keinen Trost mehr schenken. Er hing, mit einem Gürtel um den Hals, hoch oben an der Gitterdrahtwand. Seine kräftigen Hände waren schlaff, und seine Füße in den eleganten Schuhen mit Gamaschen zeigten auf den Boden.
     
    Manteuffel demaskiert
     
    Ich wagte nicht, mich auf der Straße vor dem Lagerhaus zu zeigen. Auf demselben Weg, den ich gekommen war, schlich ich wieder hinaus, folgte dem Flussufer ein paar Meter, kroch in den Hinterhof einer nach Urin stinkenden Gerberei und dann hinter ein flaches, heruntergekommenes Holzhaus, dessen Verschlage in Garagen umgewandelt waren. Ein schwerer Lastwagen versperrte die Einfahrt. Ich drückte mich an ihm vorbei auf die Straße. Ich lief in Richtung Storgate und Youngstorv, als jemand aus einem Hauseingang hervorkam und kurz an meinem Jackenärmel zupfte. Es war die Schöne Louisa.
    »Nicht heute Abend, Louisa«, sagte ich, um ihr zuvorzukommen.
    Ich unterließ es, >und auch an keinem anderen< hinzuzufügen. Ich nahm an, dass es sich um einen Kommentar gehandelt hätte, der ihr schon etwas zu oft gesagt worden war. Die Jahre hatten die arme Louisa arg mitgenommen, und von ihrer sagenumwobenen Schönheit war kaum mehr als ein Spitzname übrig geblieben. Sie lächelte und entblößte dabei eine braune und unvollständige Zahnreihe.
    »Darum geht’s nicht«, sagte sie. »Ich habe ‘ne Nachricht von ’nem Herrn. Er möchte, dass du zu ihm kommst. Zimmer Nummer 21, über Johnsens Cafö.«
    »Wer ist es?«
    »Hat er nicht gesagt. Ich soll dich nur holen, koste es, was es wolle. Hat er gesagt.«
    K. P. Johnsens Cafe mit Hotel in der ersten Etage lag in der Christian Krohgs gate. Die Fenster waren erleuchtet, und dem Lärm nach zu urteilen, war das Lokal voll.
    Das Restaurant ähnelte den meisten in dieser Gegend und verfügte über einfache Tische, an denen die Gäste über einem Bier oder einem Portwein der allergeringsten Qualität saßen. Der Tabaksqualm war so dicht, dass ich gerade noch die alten Kupferstiche an den Wänden erahnen konnte. Eine dralle Kellnerin bediente. Darüber hinaus hatte sie die Aufgabe, eine Lücke im Tresen zu beobachten, die die Gäste passieren mussten, um zu einer Treppe zu gelangen, die hinauf ins Hotel führte. Diese Regelung brachte eine Menge zusätzliche Arbeit für die voluminöse Dame mit sich. Ständig erschien die eine oder andere Königin des Vaterlands und wollte mit einem schwankenden Kunden nach oben.
    Ich trat an den Tresen. Ein Wink von Louisa, die sich mit einem Glas Portwein an einem Tisch postiert hatte, sorgte dafür, dass ich durch die Lücke gelassen wurde.
     
    Zimmer 21 war ganz hinten im Flur. Bevor ich anklopfen konnte, wurde die Tür geöffnet und ein kräftiger Arm zog mich hinein. Hinter mir knallte die Tür zu, der Schlüssel wurde umgedreht. Ich spürte den Atem meines Angreifers im Gesicht. Es war zu dunkel, um ihn erkennen zu können. Ich holte zu einem Schlag aus, der seine Schulter nur leicht streifte.
    Das war dumm. In der nächsten Sekunde schlang er einen Arm um mein rechtes Handgelenk und meinen Hals und drückte mich heftig gegen die Tür. Ohne viel Kraft schlug ich mit meinem linken Arm zu. Dieses Mal verfehlte ich ihn komplett. Der Mann verstärkte den Griff um meinen Hals und hob mich ein paar Zentimeter vom Boden hoch.
    »Ich bin’s, Erfjord!«, brachte ich stöhnend hervor.
    Er ließ los. Einen Augenblick später wurde das Deckenlicht eingeschaltet. Der Mann, der vor mir stand, war Jacob Bondi.
    »Was zum Teufel ist denn mit Ihnen los?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
    Bondi wirkte schuldbewusst. »Tut mir wirklich leid, Herr Erfjord. Aber in meiner Lage darf ich kein Risiko eingehen.«
    »Wen hatten Sie denn vermutet?«
    Er unterbrach mich mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er mich findet«, erwiderte er. »Reden Sie von Manteuffel?«
    Er überhörte meine Frage. »Vor zwei Tagen hat er herausgefunden, dass ich im Hotel Norge wohnte. Rund um die Uhr hat er seine Leute auf der Straße postiert! Natürlich konnte ich ihm entkommen. Aber dieser Ort… Hier gibt es zu viele Menschen, die kommen und gehen. Viel zu überschaubar!«
    Krampfhaft umfasste er meine

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