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Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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abgesprungenen Agenten umzugehen, und genauso ist es bei uns. Ich werde mich nicht in St. Moritz auf meine vier Buchstaben setzen, während Sie jedes Netz aufrollen, das ich Ihnen gegeben habe. Meine Leute sind keine Idioten. Es wäre ihnen klar, nach wem sie zu suchen hätten. Soviel Sie und ich wissen, sind sie jetzt hinter uns her.«
    Peters nickte: »Sie könnten doch aber … wohin gehen, wo es sicher ist?«
    »Hinter den Vorhang?«
    Ja.«
    Leamas schüttelte nur den Kopf und sagte:
    »Ich denke, Sie werden für die einleitende Befragung drei Tage brauchen. Dann wollen Sie sicherlich nach Hause berichten, um genaue Instruktionen zu erhalten.«
    »Nicht unbedingt«, antwortete Peters.
    Leamas sah ihn interessiert an.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Man hat den Experten geschickt. Oder ist die Moskauer Zentrale nicht mit im Spiel?«
    Peters schwieg. Er sah Leamas nur abschätzend an. Schließlich nahm er den Bleistift in die Hand und sagte: »Wollen wir mit Ihrem Kriegseinsatz beginnen?«
    Leamas zuckte mit den Schultern: »Das ist Ihre Sache.«
    »Richtig. Wir fangen mit dem Kriegseinsatz an. Sprechen Sie.«
    »Neununddreißig kam ich zu den Pionieren. Ich war gerade am Ende meiner Ausbildung, als man durch einen Aufruf nach Leuten mit Sprachkenntnissen suchte. Sie sollten sich für Spezialeinsätze im Ausland melden. Ich konnte Holländisch und Deutsch und ziemlich gut Französisch. Außerdem hatte ich vom Soldatendasein genug. Also meldete ich mich. Ich kannte Holland gut. Mein Vater hatte in Leyden eine Vertretung für Werkzeugmaschinen, und ich habe neun Jahre dort gelebt. Ich wurde auf die übliche Weise ausgefragt und kam dann auf eine Schule in der Nähe von Oxford, wo man mir die bekannten Tricks beibrachte.«
    »Wer leitete die Schule?«
    »Am Anfang wußte ich's nicht. Dann lernte ich Steed-Asprey kennen, und einen Oxforddozenten namens Fielding. Sie leiteten sie. Einundvierzig wurde ich in Holland abgesetzt, dort blieb ich fast zwei Jahre. Wir verloren die Agenten damals schneller, als sie zu finden waren. Es war reiner Mord. Holland ist für diese Art Arbeit eine verflucht schlechte Gegend - es gibt keine einsamen Landstriche und keine abseits gelegenen Stellen, wo man eine Zentrale errichten oder ein Funkgerät aufbauen könnte. Immer in Bewegung, immer auf der Flucht. Es war eine scheußliche Sache. Dreiundvierzig kam ich raus und war einige Monate in England. Dann versuchte ich mich in Norwegen - verglichen mit Holland eine Landpartie. Fünfundvierzig wurde ich ausgezahlt und ging nach Holland zurück, um das alte Geschäft meines Vaters wieder aufzumachen. Es war nichts. Also tat ich mich mit einem alten Freund zusammen, der ein Reisebüro in Bristol hatte. Das dauerte achtzehn Monate, dann waren wir pleite. Plötzlich kam aus heiterem Himmel ein Brief vom Geheimdienst: Ob ich nicht zurückkommen wollte? Aber ich meinte, ich hätte inzwischen von diesem Kram genug gehabt. Deshalb antwortete ich, ich würde es mir überlegen. Ich mietete mir ein Landhaus auf Lundy Island. Dort blieb ich ein Jahr und dachte über meine Verdauung nach, bis mir auch das langweilig geworden war. Ich schrieb ihnen also. Ende neunundvierzig stand ich wieder auf der Gehaltsliste. Unterbrochener Dienst freilich - verminderter Pensionsanspruch und die üblichen Einschränkungen. Mache ich zu schnell?«
    »Im Augenblick nicht«, antwortete Peters und schenkte ihm noch etwas Whisky ein. »Wir werden das alles freilich noch einmal genau, mit Namen und Datum, besprechen.«
    Es wurde an die Tür geklopft, und die Frau brachte das Essen herein, eine enorme Mahlzeit aus kaltem Fleisch, Brot und Suppe. Peters schob seine Notizen beiseite. Sie aßen schweigend.
    Das Geschirr wurde abgeräumt. »Sie sind also ins Rondell zurückgekehrt«, sagte Peters.
    »Ja. Eine Weile beschäftigten sie mich mit Schreibtischarbeit, Bearbeitungen von Berichten, Schätzungen über das Militärpotential in Ostblockländern, Beobachtung von Truppen Verschiebungen und derlei Dinge.«
    »Welche Abteilung?«
    »Ostblock vier. Ich war dort von Februar fünfzig bis Mai einundfünfzig.«
    »Wer waren Ihre Kollegen?«
    »Peter Guillam, Brian de Grey und George Smiley. Smiley verließ uns Anfang einundfünfzig und ging zur Abwehr. Im Mai einundfünfzig wurde ich als stellvertretender Gebietschef nach Berlin versetzt. Das heißt, dass ich für die ganze praktische Arbeit verantwortlich war.«
    »Wen hatten Sie unter sich?«
    Peters schrieb jetzt schnell. Leamas

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