Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
Vom Netzwerk:
meinem Klienten bekommen werden. Meine Klienten behalten sich das Recht vor, während des Zeitraumes von einem Jahr Zahlungen von weiteren fünftausend Pfund Fragen an Sie zu richten. Sie werden Ihnen bei irgendwelchen … na, sagen wir: Problemen der Neuordnung Ihres künftigen Lebens behilflich sein.«
    »Bis wann wollen Sie eine Antwort haben?«
    »Jetzt. Man erwartet nicht, dass Sie alle Ihre Erinnerungen zu Papier bringen. Sie werden meinen Klienten treffen, und er wird es arrangieren, dass Ihr Material von irgend jemandem niedergeschrieben wird.«
    »Wo soll ich ihn treffen?«
    »Wir waren der Ansicht, dass es für alle Beteiligten das Einfachste wäre, sich außerhalb Englands zu treffen. Mein Klient schlug Holland vor.«
    »Ich habe keinen Paß«, sagte Leamas gleichgültig.
    »Ich bin so frei gewesen, Ihnen einen zu besorgen«, entgegnete Kiever verbindlich. Nichts in seiner Stimme oder in seinem Benehmen ließ erkennen, dass er etwas anderes als ein angemessenes Geschäft getätigt hatte.
    »Wir fliegen morgen früh um neun Uhr fünfundvierzig nach Den Haag. Wollen wir in meine Wohnung gehen und noch weitere Einzelheiten besprechen?«
    Kiever zahlte, und sie fuhren per Taxi zu einer recht guten Adresse unweit des St.-James-Parks.
    Kievers Wohnung war teuer und luxuriös, aber ihre Einrichtung schien in Eile zusammengestellt worden zu sein. In London soll es Geschäfte geben, die Bücher nach dem laufenden Meter verkaufen, und Innenarchitekten, die die Farbzusammenstellung der Tapeten mit der eines Gemäldes in Harmonie bringen können. Da er nicht sonderlich empfänglich für solche Feinheiten war, hätte Leamas beinahe vergessen, dass er sich in einer Privatwohnung und nicht in einem Hotel befand.
    Als ihm Kiever sein Zimmer zeigte, das einen düsteren Innenhof zu lag, fragte ihn Leamas: »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »Nicht lange«, entgegnete Kiever leichthin. »Einige Monate, nicht mehr.«
    »Muß eine Menge kosten. Trotzdem, ich glaube, Sie sind es wert.«
    »Danke.«
    Es war eine Flasche Scotch in seinem Zimmer und ein Siphon mit Soda auf einem Silbertablett. Hinter einem Vorhang am hinteren Ende des Raumes führte ein Durchgang zu Badezimmer und Toilette.
    »Ein ganz nettes Liebesnest. Wird vom großen Arbeiterstaat bezahlt?«
    »Seien Sie still«, sagte Kiever ärgerlich. Dann fügte er hinzu: »Falls Sie mich brauchen - es gibt ein Haustelefon zu meinem Zimmer. Ich werde wach sein.«
    »Ich denke, ich werde mit meinen Knöpfen jetzt allein fertig«, gab Leamas zurück.
    »Dann gute Nacht«, sagte Kiever kurz angebunden und verließ das Zimmer. Er ist auch gereizt, dachte Leamas.
    Leamas wurde durch das Telefon neben seinem Ben geweckt. Es war Kiever.
    »Es ist sechs Uhr«, sagte er, »Frühstück um halb sieben.«
    »Gut«, erwiderte Leamas und legte auf. Er hatte Kopfweh.
    Kiever mußte nach einem Taxi telefoniert haben, denn um sieben Uhr ging die Türglocke, und Kiever fragte: »Haben Sie alles?«
    »Ich habe kein Handgepäck«, antwortete Leamas, »außer einer Zahnbürste und einem Rasierapparat.«
    »Dafür wird gesorgt. Sind Sie sonst fertig?«
    Leamas zuckte mit den Schultern. »Ich glaube ja. Haben Sie Zigaretten?«
    »Nein«, gab Kiever zurück, »aber Sie können welche im Flugzeug bekommen. Ich würde Ihnen raten, sich dies hier sorgfältig anzusehen.« Er gab Leamas einen britischen Paß, der auf seinen Namen ausgestellt und mit einem Foto versehen war. Quer über die Ecke lief das Tiefdrucksiegel des Außenministeriums. Er war weder alt noch neu, beschrieb Leamas als Büroangestellten und gab seinen Personalstand als ledig an. Leamas war ein wenig nervös, als er ihn zum erstenmal in der Hand hielt.
    Es war wie beim Heiraten: Was auch geschehen mochte, die Dinge würden nie wieder so sein wie zuvor.
    »Wie steht's mit Geld?« fragte Leamas.
    »Sie werden keines brauchen. Es geht alles auf Kosten der Firma.«

8LE MIRAGE
    Es war ein kalter Morgen. Der leichte Nebel war feucht und grau, er prickelte auf der Haut. Der Flughafen erinnerte Leamas an den Krieg: Maschinen warteten, halb im Nebel verborgen, geduldig auf ihre Herren, laut tönende Stimmen und ihr Echo, ein plötzlicher Ruf, das unpassende Klick-Klack, das die Absätze eines Mädchens auf dem Steinboden machten, das Aufheulen einer Maschine, die unmittelbar neben einem zu stehen schien. Überall jene Verschwörerstimmung, die zwischen Menschen entsteht, die seit dem Morgengrauen auf sind - fast ein Gefühl gemeinsamer

Weitere Kostenlose Bücher