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Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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von Alecs Freund sei …«
    »Das ist sehr seltsam «, sagte Karden fast zu sich selbst. »Wie merkwürdig.« Und dann: »Sagen Sie mir, Elisabeth, sind Sie von jemandem besucht worden, nachdem Leamas ins Gefängnis gekommen war?«
    »Nein«, log sie. Sie wußte jetzt ganz sicher, dass man Alec irgend etwas nachweisen wollte, das mit dem Geld oder seinen Freunden zusammenhing. Es hatte sicher mit dem Kaufmann zu tun.
    »Sind Sie sicher?« fragte Karden, während er seine Augenbrauen über die goldenen Brillenränder emporzog.
    »Ja.«
    »Ihr Nachbar, Elisabeth«, wandte Karden geduldig ein, »behauptet aber, dass zwei Männer gekommen seien, und zwar ziemlich bald, nachdem Leamas verurteilt worden war. Oder waren das nur Liebhaber, Elisabeth? Gelegentliche Liebhaber, wie Leamas einer war, der Ihnen Geld gab?«
    »Alec war kein gelegentlicher Liebhaber«, rief sie, »wie können Sie …«
    »Aber er gab Ihnen Geld. Haben diese Männer Ihnen auch Geld gegeben?«
    »O Gott«, schluchzte sie.
    »Wer war das?« Sie antwortete nicht.
    Plötzlich brüllte Karden, es war das erstemal, dass er seine Stimme erhob: »Wer?«
    »Ich weiß nicht. Sie kamen im Auto. Freunde von Alec.«
    »Weitere Freunde? Was wollten sie?«
    »Ich weiß nicht. Sie fragten mich immer wieder, was er mir erzählt habe … Sie sagten mir, ich solle mich an sie wenden, wenn …«
    »Wie? Wie sollten Sie sich an sie wenden?«
    Schließlich antwortete Liz: »Er wohnte in Chelsea … sein Name war Smiley … George Smiley … ich sollte ihn anrufen.«
    »Und taten Sie das?«
    »Nein.«
    Karden legte seine Akten weg.
    Eine tödliche Stille breitete sich im Saal aus. Endlich sagte Karden mit völlig beherrschter Stimme, und deshalb besonders eindrucksvoll, während er auf Leamas dteutete: »Smiley wollte wissen, ob Leamas ihr zuviel erzählt hatte. Denn dieses eine, das Leamas getan hatte, hätte der britische Geheimdienst niemals von ihm erwartet: Er hatte sich ein Mädchen genommen, um sich an ihrer Schulter auszuweinen.« Dann lachte Karden leise, als sei das alles ein netter Scherz: »Genau wie Karl Riemeck, er hat den gleichen Fehler gemacht.«
    »Sprach Leamas jemals über sich selbst?« fuhr Karden fort.
    »Nein.«
    »Sie wissen nichts von seiner Vergangenheit?«
    »Nein. Ich wußte, dass er etwas in Berlin getan hatte. Etwas für die Regierung.«
    »Er sprach also doch von seiner Vergangenheit, nicht wahr? Sagte er Ihnen, dass er verheiratet gewesen war?«
    Es entstand ein langes Schweigen. Liz nickte.
    »Warum haben Sie ihn nicht im Gefängnis besucht? Sie hätten ihn besuchen können.«
    »Ich glaube nicht, dass er mich sehen wollte.«
    »Ich verstehe. Sie haben ihm aber geschrieben?«
    »Nein. Ja, doch, einmal … Ich wollte ihm nur sagen, dass ich warten würde. Ich dachte, er könnte nichts dagegen haben.«
    »Sie dachten nicht, dass er das auch wollte?«
    »Nein.«
    »Und nachdem er seine Zeit abgesessen hatte, machten Sie da keinen Versuch, mit ihm in Verbindung zu kommen?«
    »Nein.«
    »Hatte er irgend jemanden, zu dem er gehen konnte, wartete ein Arbeitsplatz auf ihn, hatte er Freunde, die ihn aufnehmen wollten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Also hatten Sie Schluß mit ihm gemacht, nicht wahr?« fragte Karden höhnisch. »Hatten Sie einen neuen Geliebten gefunden?«
    »Nein! Ich wartete auf ihn … Ich werde immer auf ihn warten.« Sie dachte nach. »Ich wollte, dass er zu mir zurückkommt.«
    »Warum schrieben Sie ihm dann nicht? Warum versuchten Sie nicht, ihn zu finden?«
    »Er wollte das nicht haben, verstehen Sie nicht?
    Ich mußte ihm versprechen … ihm nie zu folgen … nie zu …«
    »Er hat also vorausgesehen und erwartet, dass er am nächsten Tag eingesperrt werden würde, so ist es doch?« verlangte Karden mit triumphierender Stimme zu wissen.
    »Nein … Ich weiß es nicht. Wie kann ich Ihnen sagen, was ich nicht weiß …«
    »Verlangte er an diesem letzten Abend, bevor er den Kaufmann zusammenschlug, eine Erneuerung Ihres Versprechens? … Nun, tat er das?« Karden sprach jetzt barsch und einschüchternd.
    Liz nickte erschöpft. Es war eine ergreifende Geste der Selbstaufgabe.
    »Ja.«
    »Und Sie sagten ihm Lebewohl?«
    »Wir sagten uns Lebewohl.«
    »Nach dem Abendessen, natürlich. Es war ziemlich spät. Oder verbrachten Sie die Nacht mit ihm?«
    »Nach dem Essen. Ich ging heim … nicht geradewegs heim … Ich ging erst noch spazieren, ich weiß nicht, wohin. Eben nur so spazieren.«
    »Womit begründete er denn diesen

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