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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Geschwindigkeit eines Schiffes üblicherweise von einem erfahrenen Kapitän geschätzt wurde – eine zwar sehr ungenaue Methode, aber durchaus praktikabel. An Bord brauchte man diese Information, um in einer Umgebung ohne Bezugspunkt – etwa auf hoher See – ungefähr ermitteln zu können, wo man sich befand. Konnte man die Geschwindigkeit genauer bestimmen, als es nur durch Schätzung möglich war, wurde auch die Positionsbestimmung des Schiffes wesentlich exakter.
    Amman Sachs hielt für einen Moment den Atem an, so sehr überraschte ihn die Erkenntnis. Dieser Engländer wusste, wie man die Geschwindigkeit eines Schiffes
messen
konnte. Damit konnte er auch die Position seines Schiffes wesentlich genauer bestimmen als bisher. Und hatte Drake nicht eben davon gesprochen, dass er seinen »Knotenwert« ohne die Strömung ermittelt hätte?
    Sachs ahnte die Bedeutung dieser Erkenntnis und die ungeheuerlichen Konsequenzen, die sich daraus ergaben. »Wenn das stimmt, Gemma, werden Spanier und Portugiesen ihre Vormachtstellung auf den Weltmeeren an die Engländer abgeben.«
    Sachs überlegte, ob er eine Chance hatte, das Holzstück, oder wenigstens die magische Leine mit den seltsamen Knoten, an sich zu bringen. Doch er sah keine Möglichkeit. Dabei war er sicher, dass in der Anordnung der Knoten die geheime Formel verborgen war, die irgendein kluger Mathematicus ausgetüftelt haben musste.
    Schließlich schlenderte er zurück an die Reling, wo die Knotenleine auf dem Decksboden lag, um zumindest den Abstand zwischen den Knoten zu schätzen und sich einzuprägen.
    Die Fahrt aus der Themse hinaus aufs offene Meer verlief ohne Probleme. Schon bald kam bei der raschen Fahrt, die sie mit dem guten Wind machten, der Landstrich in Sicht, den sie zu erreichen versuchten. Doch je näher sie der Küste kamen, auf die sie schnurgerade zuhielten, desto seltsamer erschien Sachs das Vorhaben des Francis Drake, ausgerechnet das vom Meer abgeschnittene Brügge ansteuern zu wollen. Er sah vom Schiff aus keine geeignete Bucht, keinen geeigneten Flusslauf oder gar Kanal, in den sie mit der
Falcon
hätten einlaufen können. Nur ein flacher Streifen Sandstrand war zu erkennen, der weiter im Landesinnern durch grüne Salzwiesen begrenzt wurde.
    Doch als die schnelle
Falcon
vielleicht noch eine halbe Meile vom Ufer entfernt war, ließ Kapitän Drake die Segel der kleinen Fregatte nicht sichern. Nun endlich erkannte Amman Sachs, was der Engländer vorhatte: Sie waren die ganze Zeit mit dem ablaufenden Gezeitenstrom unterwegs gewesen. Die Wasserlinie musste also bereits erheblich niedriger sein als zur höchsten Flut. Drake wollte mit möglichst viel Schwung möglichst nahe an die Küste herankommen und das Schiff dann durch Niedrigwasser trocken fallen lassen. So brauchte er keinen Hafen, um das Schiff zu beladen und vielleicht auch zu entladen. Alles könnte direkt hier am Strand erledigt werden, sobald das Wasser verschwunden war. Und kam die Flut dann später am Tag wieder, würde das neu beladene Schiff ganz von allein freikommen.
    Amman Sachs bewunderte Francis Drake immer mehr. Der Mann ging als Seefahrer und Kapitän seinen ganz eigenen Weg, hielt sich an keine Traditionen und nutzte dabei offensichtlich sämtliche Möglichkeiten, die das Meer und sein Schiff ihm boten.
    »Festhalten!«, sagte Sachs zu Gemma, als die
Falcon
auch schon mit einem knirschenden Geräusch, das vom Kiel des Schiffes zu hören war, auf eine Sandbank nicht weit vor der Wasserlinie auflief, die Segel noch immer im vollen Wind. Drake brüllte ein Kommando, das Sachs noch nie gehört hatte. Sofort kletterte die Mannschaft in die Masten, um die Segel zu bergen.
    Wieder musste der Fugger-Agent staunen. Hatte er Drake nicht vorhin einen »Pirata« genannt, wie Seeräuber von den Lateinisch sprechenden Katholiken genannt wurden? Na, dieser Pirata hatte sogar eine eigene Kommandosprache entwickelt! Einen Geheimcode, den nur seine Mannschaft verstand, damit ein Gegner bei einem Kampf seine Kommandos nicht im Voraus verstehen konnte. Auch das war an Raffinesse nicht zu übertreffen, befand der staunende Amman Sachs.
    Der Fugger-Agent erhob sich von dem Lukendeckel, auf dem er und Gemma sich festgeklammert hatten, als die
Falcon
mit einem mächtigen Ruck auf Grund gelaufen war. Sachs wunderte sich, dass das Schiff sicher und aufrecht stand. »Kippen wir nicht um, wenn wir nur auf dem schmalen Kiel stehen?«, fragte er Drake, der aufmerksam das Deck umrundete, um die

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