Der Spion der Fugger Historischer Roman
nach Brügge gekommen, um mich mit einem Unterhändler aus dem Frankenreich zu treffen. Seit dem Tod von König Karl ist die Lage auch dort unübersichtlich geworden. Und dann muss ich erfahren, was Ihr in London angerichtet habt! Es kommt mir so vor, als ob Ihr alles, was andere mühevoll aufbauen, mutwillig vernichtet.«
Amman Sachs hielt den Zeitpunkt für gekommen, Peutinger von den zwar mageren, aber greifbaren Ergebnissen seiner Reise zu berichten. Er holte einen der Rosenobel aus seinem Geldbeutel, die er im Tower von London an sich genommen hatte, und reichte ihn dem Hauptfaktor.
Der schaute im ersten Moment überrascht, fuhr dann aber in seinem Zorn fort: »Seid Ihr irre? Wie könnt Ihr glauben, Eure Schuld mit dieser lächerlichen Münze bezahlen zu können? Eine Kiste voll Gold reicht nicht, den Schaden zu ermessen, den Ihr bereits angerichtet habt!«
Sachs hielt Peutinger weiterhin das Goldstück hin: »Das hier ist der Grund, weshalb man mich bei den Engelländern gefangen nahm und des Landes verwies. Es ist das seltsamste Gold, das Ihr je in die Hand bekommen werdet. Und es ist der Grund, warum Königin Elisabeth und ihr Hof niemals wirkliche Geschäfte mit dem Fugger machen werden. Ihr solltet mir dankbar sein, statt mich zu schelten. Ihr wisst ja nicht einmal den Grund für das, was vorgefallen ist!«
Tatsächlich schwieg der Hauptfaktor jetzt, nahm die Münze von Amman Sachs entgegen und besah sie sich von allen Seiten.
»Welche Bewandtnis hat es mit diesem Rosenobel?«, fragte er schließlich.
Der Fugger-Agent berichtete ihm ausführlich von dem unglaublichen Geheimnis dieses Goldes, aus dem man die Münze geschlagen hatte. Den hohen Reinheitsgrad des Goldes jedoch erwähnte er nicht.
Als Sachs seinen Bericht beendet hatte, starrte Peutinger ihn ungläubig an. »Alchemistengold?« Er schüttelte den Kopf. »Das sind doch Ammenmärchen!«
»Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Adept im Kerker des Towers aus gewöhnlichem Quecksilber die Transmutation zustande brachte«, entgegnete Sachs. »Deswegen hat man mich verhaftet und aus dem Land verwiesen. England hat eine unerschöpfliche Quelle des Reichtums aufgetan. Die Fuggerkredite braucht dort niemand mehr!«
Sachs sah, wie die Augen Peutingers sich zu schmalen Schlitzen verengten. »Und das ist alles, was Ihr als Erklärung für Euer Versagen aufzutischen habt?«
Sachs konnte verstehen, dass Peutinger ihm nach allem, was in den Wochen zuvor geschehen war, nicht auf Anhieb glaubte. Doch er fand es merkwürdig, dass der Hauptfaktor nicht weiter nachfragte, den Bericht über den Adepten in englischen Diensten ohne Weiteres hinnahm und dann das Thema wechselte, als wäre er nie wütend auf Sachs gewesen.
»Was mache ich nun mit Euch?«, überlegte Peutinger laut, wobei mit einem Mal jede Schärfe aus seiner Stimme verschwunden war. »Schicke ich Euch zurück nach Augsburg zu Eurer Johannen? Aber dann würdet Ihr mir womöglich dort das Leben schwer machen.« Auch das klang nicht erbost, eher belustigt, als müsse der Hauptfaktor über einen Scherz lachen, den er eben gemacht hatte. »Wobei Ihr es doch verdient hättet, nach Hinterrussland entsandt zu werden, wo Ihr mir bei den Pelztierjägern weniger Ungemach bereiten könnt als irgendwo sonst auf der Welt . . .«
Peutinger verstummte ein weiteres Mal. Dann schien er endlich die in seinen Augen richtige Idee zu haben, mit der er das Thema Amman Sachs ein für alle Mal abschließen zu können glaubte: »Nein, jetzt weiß ich, was ich mit Euch mache.« Peutingers Freundlichkeit gewann wieder an Gefährlichkeit. »Ihr werdet für mich an den Ort Eures ersten Desasters zurückkehren.«
»Wie meint Ihr das?« Amman Sachs wusste nicht auf Anhieb, was der Hauptfaktor meinen oder im Schilde führen könnte.
»Ihr macht Euch unverzüglich wieder auf den Weg nach Amerika, Sachs. Ich werde Euch in Nombre de Dios vergammeln lassen. Da seid Ihr weit genug weg, dass ich mich nicht mehr mit Euch und Eurer Unfähigkeit befassen muss. Hernando Hörl will in die Alte Welt zurückkehren, also werdet Ihr ihn in Neu-Kastilien ersetzen.«
Peutinger hatte weiterhin mit giftiger Freundlichkeit gesprochen, die ihre Wirkung beim Schweizer nicht verfehlte. Zurück nach Nombre de Dios sollte er also, in diesen dreckigen Sumpf im Nirgendwo der Neuen Welt, wo einem die ewige Feuchtigkeit und das Ungeziefer das Leben mehr als nur schwer machten. Andererseits war die Neue Welt sicherlich eine Welt mit unendlichen
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