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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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konnten. Aber er war im Tower von London gewesen. Und er hatte
Es
mit eigenen Augen gesehen! Aber hatten seine Augen ihm vielleicht doch nur eine Lüge vorgetäuscht?
    »Wo wart Ihr, Master Drake, ehe Ihr nach London gekommen seid, wo wir uns das erste Mal getroffen haben?«
    Der Engländer hatte den Apfel jetzt vollständig abgenagt und warf die Hülse auf den Tisch. Statt einer Antwort blickte er den Schweizer weiter herausfordernd an.
    Sachs erkannte, dass das wissende Schweigen des Engländers zu einer Bestätigung seiner eigentlichen, versteckten Frage wurde, die schwer auf der Seele des Fugger-Agenten lastete. Er fühlte seine Niederlage beinahe körperlich, als hätte jemand ihm mit einem Säbel bei lebendigem Leib ein Bein oder einen Arm abgeschlagen oder ihm gar die Gedärme aus dem Leib gerissen.
    »Was für eine unglaubliche Niedertracht!«, stieß er hervor. Er wollte aufspringen, sich auf den Feind am anderen Ende des Tisches werfen, ihm sein Messer in den Leib stoßen, doch seine Beine versagten ihm den Dienst. Aber nicht, weil er irgendein Gift im Körper hatte – das Gift, das ihn lähmte, war die Erkenntnis der unglaublichen Scheußlichkeit, die man ihm angetan hatte. Sachs fehlten die Worte vor Schmerz und Pein. Er strauchelte, stürzte und hielt sich den Leib, während er sich auf den Planken des Kajütdecks hin und her wälzte. Wäre es wirklich eine tödliche Droge gewesen, die ihm diese Schmerzen bereitete, hätte er wenigstens gewusst, dass ein baldiger Tod ihm Erlösung bringen würde. Doch er war verdammt, seine schwarze Verzweiflung in dem Bewusstsein ertragen zu müssen, den Rest seines Lebens mit der Schande verbringen zu müssen.
    Schließlich aber fasste Sachs sich wieder, setzte sich mühsam auf den Stuhl und schaute benommen zu Drake hinüber.
    »Ja, manchmal bereitet die Wahrheit Höllenqualen.« Der Engländer griff unter den Tisch und zog einen großen Säbel hervor, den er wohl dort bereit gelegt hatte für den Fall, dass Amman Sachs ihn angreifen wollte. Nun nahm er den Säbel und hieb mit einem kräftigen Schlag einer großen Nuss, die auf dem Tisch lag, die Spitze ab. Dann hielt er sich die geöffnete Nuss unter die Nase, roch daran und trank von einer Flüssigkeit, die im Innern der Frucht gluckerte.
    »Dann habt Ihr jetzt verstanden, worum es bei all dem geht?«, fragte Drake.
    Sachs fühlte sich unendlich erschöpft und ausgelaugt. Es kostete ihn alle Mühe, sich gerade im Stuhl aufzurichten, um seine Tasche besser öffnen zu können. Ohne hinzuschauen, ertastete er, was er suchte, und warf den Rosenobel auf den gedeckten Tisch, als wollte er für das Mahl bezahlen. Dabei ließ er den Engländer keine Sekunde aus den Augen.
    Drake stach seinen Säbel in den Kabinenboden, um die Hand frei zu haben, beugte sich vor und nahm die Münze. Wieder legte sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht.
    »Ihr habt die hier aus der Münzgasse des Towers entwenden können? Ihr seid doch Schweizer! Denkt einmal darüber nach, ob Ihr nicht mir und England dienen wollt. Ihr habt mit Augsburg, den Spaniern und der ganzen katholischen Habsburger Dynastie nichts zu schaffen. Man hat Euch verraten und verkauft.«
    Sachs legte resignierend die Stirn in Falten. »Seid Ihr nicht erst vor wenigen Tagen losgesegelt, um mit der Mannschaft der
Aviso
eine Lösegeldforderung für mich abzusetzen? Seid Ihr nicht der größte aller Verräter, El Draque? Der wahre Unhold? Bloß ein hinterhältiger Strauchdieb und Mörder?«
    »Ich kann Euren Unmut verstehen«, sagte der Engländer nach kurzem Schweigen, wobei er zu überdenken schien, was der Fugger-Agent gesagt hatte.
    »Aber wie Ihr, so bin auch ich nur ein Diener meines Herrn oder besser, meiner Herrin, meiner Königin. Ich tue, was ich am besten kann: ein Schiff führen. Und ich setze mein Können zum Besten meines Landes ein. Was ist verkehrt daran?«
    Sachs schwieg und blickte den Mann ihm gegenüber mit einer verzweifelten, finsteren Miene an.
    »Ihr müsst erkennen«, fuhr Drake schließlich fort, »dass das alles nicht aus unserer Idee gewachsen war. Ich war bloß der Mann, der Eure Goldgaleone auf dem Meer aufgespürt hat. Es war eine so fette Beute, wir mussten ihr einfach den Hals umdrehen.« Drake blickte jetzt wieder linkisch zum Fugger-Agenten hinüber.
    »Ihr habt sie alle umgebracht!«, rief Sachs.
    Der Engländer senkte den Blick. »Ja, das gebe ich zu. Kein Ruhmesblatt. Aber der Schatz war größer als je zuvor. Und der Widerstand der

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