Der Spion der Fugger Historischer Roman
ihm. Wir schickten ihn mit Eurer Erlaubnis in die Neue Welt, nachdem er uns mehrere Male schrecklich enttäuscht hatte. Eigentlich wollten wir ihn dort in irgendeinem Fiebersumpf verrotten lassen. Neuen Schaden jedenfalls hätte er nicht mehr anrichten können – wo uns dort ja kaum nennenswerte Geschäfte verblieben sind. Aber Sachs ging schon auf den Weg dorthin verloren.«
Escobar nickte. »Euch geht viel verloren, Meister Peutinger. Ein Schiff, ein Agent – da wundert es nicht, dass Euch auch die Handelsprivilegien in Westindien oder Amerika, wie es heute genannt wird, verloren gingen. Oder die Wechsel früherer Jahre mit dem Haus Habsburg, deren Zinsen die Fugger zu solch ungeheurer Größe geführt haben. Vielleicht solltet Ihr besser auf Eure Angelegenheiten aufpassen, meint Ihr nicht?«
Kasper Peutinger zeigte keinerlei Verlegenheit. Schwierige Verhandlungen war er gewohnt, das war sein Geschäft. Jeder Angriff auf ihn und seine Person galt in seinen Augen immer nur dem Ziel, den Zins für einen Kredit zu drücken. Allerdings schwankte er stets zwischen der gefälligen Demut des Dienstleistenden und der Wut des Habenden über den Bittsteller. Und der Bittsteller war in diesem Saal der spanische König.
»Ist es nicht so, Meister Escobar, dass Ihr um eine Anleihe von anderthalb Millionen Pesos bitten müsst? Wir werden Euren Rat ganz sicher befolgen und sehr genau aufpassen, dass uns das Geld nicht abhanden kommt. Denn im Gegensatz zu Euch haben wir diese Summe in Besitz, und das sogar in Kurantmünzen – Silber und Gold. Aber wie das so ist, ein Handelshaus ist einfach nur reich. Für das Ausgeben sind andere zuständig. Könige zum Beispiel, wenn sie es sich leisten können und imstande sind, die Ausgaben abzusichern.«
Der Hauptfaktor spürte, dass er Oberwasser gewann. Er sprach unbeirrt weiter, und die Spanier ließen ihn gewähren. »Aber was sage ich Euch, Escobar. Ihr wisst, wie dieses Spiel funktioniert. Ich hatte eigentlich erwartet, dass wir erst morgen über den Handel reden. Aber es soll mir recht sein.«
Einem Bankhaus gegenüber wurde auch ein König zu einem ganz gewöhnlichen Schuldner – vielleicht nicht ganz so gewöhnlich, aber doch ein Schuldner. Das hatte Peutinger gesagt. Ein offener Affront, doch die Vehemenz, mit der die Spanier hier auftraten, brachte den Hauptfaktor zu der Überzeugung, dass er sich die Freiheiten herausnehmen konnte. Es ging nur um Geld. Und um Gold. Um nichts anderes. So dachte er zumindest.
»Er fragt also schlicht und frech nach Sicherheiten«, mischte König Philipp sich wieder in das Gespräch ein. »Ist das größte Königreich der Welt denn nicht mehr Sicherheit genug?« Die Frage war mit einem provozierenden Unterton formuliert, und Peutinger war erfahren genug, die gestellte Falle zu bemerken.
»Ein Königreich macht Euch ganz sicher solvent, Majestät. Deswegen sitzt das größte Kaufmannshaus der Welt gerne an Eurer Tafel. Aber durch einen Staatsbankrott möchte kein Kreditgeber mehr seinen Besitz verlieren. Und Euer Kanzler selbst hat uns ermahnt, unseren Besitz vor Verlusten zu bewahren.«
Der König hob eine Augenbraue. »Was würde uns in seinen Augen denn nicht nur solvent, sondern auch kreditwürdig machen? Wir sind sehr gespannt!«
Kasper Peutinger hatte nun wieder das untrügliche Gefühl, hier in einer ganz gefährlichen Inszenierung vorgeführt zu werden. Er überlegte, ob es wirklich eine so gute Idee war, das viele Gold für das geplante Geschäft mit an diesen Ort zu bringen. Sicher – wo er selbst war, war das Gold vor gierigen Fingern noch am sichersten. Aber was war, wenn dieser verwegene spanische König ihn schlicht und einfach Kraft seiner göttlichen Herrschaft ausraubte? In seiner selbstherrlichen Art könnte der Monarch das glatt für rechtens erklären – und würde vielleicht sogar damit durchkommen.
»Es sind ganz profane Dinge, die ein Bankhaus in einem solchen Fall begehrt. Ein Schuldrecht eben. Auf Steuereinnahmen, auf Schürfrechte, auf Einkünfte aus den Kolonien. So etwas.« Es widerstrebte der Natur des Hauptfaktors, zu viel Untertänigkeit gegenüber einem feilschenden Kunden zu zeigen.
Jetzt nickte der König nachdenklich. Dann schaute er seinen Kanzler an. »Sicherheiten also begehrt Er. Nun gut, soll Er seine Sicherheiten bekommen. Wir haben aus dem bedauernswerten Schicksal der
Flor de la Mar
gelernt. Unsere persönlichen Goldlieferungen werden künftig nicht mehr mit einem allein fahrenden Schiff
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