Der Spion der Fugger Historischer Roman
Königs nicht allzu sehr beeindrucken ließen. Das Essen und die Musik waren gut, und so hatten alle ihren Spaß – bis auf den König und dessen engstes Gefolge. Draußen waren die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen verschwunden, und Diener entzündeten zahlreiche Kerzen und legten immer neue Holzscheite im großen Kamin nach, sodass auch dessen Schein den Saal erhellte.
»Meister Escobar! Er hatte wahrhaftig recht! Diese Burg ist eine angemessene Residenz für das Anliegen, das uns in diese raue Bergwelt führt!« Der König hatte plötzlich und mit solcher Lautstärke gesprochen, dass alle Gespräche und sogar die Musik abrupt abbrachen. Eine fast unmerkliche Bewegung des Kammerherrn signalisierte den Spielleuten, still zu bleiben. Zwar hatte der Flötist das nicht sogleich mitbekommen und noch einmal zu einem neuen Ton angesetzt, doch der Musikant mit der Leier brachte ihn sofort zum Verstummen. Wie ein hörbares Menetekel hing der letzte misslungene Flötenton in der Luft.
Alle Anwesenden starrten jetzt auf den spanischen König und seinen Kanzler. Und man sah dem Fugger-Regierer an, dass ihm auf seinem exponierten Platz gegenüber dem König am anderen Ende der großen Tafel augenblicklich unwohl in seiner Haut wurde. Allein der Hauptfaktor durchschaute wohl die sorgsam geplante Inszenierung und war offenbar auch gewarnt durch den eigenwilligen Ort, an dem diese Konsultation stattfand. Er lächelte überheblich und stocherte mit dem Messer in den Resten seines Essens herum.
Alfonso de Escobar, der schräg neben dem Monarchen an der einen Längsseite saß, schaute gewichtig in die Runde. Schließlich richtete er seinen Blick auf den Hauptfaktor der Fugger, der allerdings mit einem hämischen Zug um den Mund weiterhin auf seinen Teller starrte.
»Schade nur, dass der Burgherr diesem Fest nicht beiwohnen kann.« Als der Kanzler den Satz beendet hatte, sah Peutinger endlich auf und erwiderte den Blick Escobars. Doch widerstand er der Versuchung, jetzt schon ein Wort über das Schicksal des Burgherrn zu verlieren. Seine Miene schien nur klar auszudrücken: Ah, die Verhandlungen haben also begonnen!
Philipp von Spanien bemerkte das Blickduell der beiden Kontrahenten. »Kann er nicht an diesem Fest teilnehmen?«, fragte der König mit überspitzter Theatralik. »Was ist denn aus dem vielversprechenden jungen Handelsagenten geworden? Hatten wir nicht ihm das uns so wichtige Schicksal unserer letztjährigen Goldgaleone anvertraut?«
Alfonso de Escobar hielt dem Blick des Hauptfaktors noch einen Moment stand; dann richtete er seine Augen auf Martin Fugger. »Es scheint, als wäre er vom Erdboden verschwunden. Vielleicht kann uns ja sein Prinzipal Auskunft über den Verbleib des Amman von Hohensax geben, wo wir doch Gäste in seinem Hause sind. Herr Fugger?«
Man sah, dass der Regierer stark zu schwitzen begann. Feine Perlen zeigten sich auf seiner Stirn. Sein Blick wanderte unruhig vom Hauptfaktor zum König und dann zum Cancellarius.
»Ich kann Euer Interesse für diesen Mann nicht teilen, Meister Escobar«, sagte Martin Fugger schließlich und klang dabei immer noch viel zu unsicher. »Er trug die Verantwortung für die Galeone, und er hat versagt – das Schiff ging verloren. Doch wir sind ja bereit, den entstandenen Verlust durch eine mehr als großzügige Anleihe auszugleichen. Aber sollten wir das nicht lieber morgen . . .«
Weiter kam der Fugger-Regierer nicht, denn Philipp fiel ihm ins Wort: »Großzügige Anleihe? Dass unser Schaden sich durch freche Zinsen noch vergrößere? Wenn ich alle Schiffe und Frachten der Fugger in unseren Landen festsetzen ließe, das würde uns unseren Verlust wirklich ersetzen!«
Nun schaltete sich der Hauptfaktor doch in den Disput ein: »Eure Hoheit würde mit einem solch leichtfertigen Schritt aber auch allen Kaufleuten der Welt den Handel mit Spanien verderben. Wir Händler haben ja den Schock Eures Staatsbankrotts vor einigen Jahren noch gar nicht richtig verdaut; doch ohne Handel in Euren Städten keine Abgaben und Steuern für Euch. Daher denke ich nicht, dass Ihr zu leichtfertigen Maßnahmen greifen werdet.«
Peutinger holte tief Luft. »Ihr habt nach unserem Handelsagenten Amman Sachs gefragt – seinen Titel führt er meines Wissens schon lange nicht mehr. Er hat ihn für seine Familie wohl eingebüßt. Das hätte uns eine Warnung sein müssen: ein Mann ohne Ehre, ein Mann sogar ohne Namen.
Wir haben, um Eure Frage zu beantworten, keinerlei Nachricht von
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