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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Sichtweite der Küste. Man passierte die »Reiche Küste«, von den Spaniern
Coste Riche
genannt, die von ihrem Entdecker Christoph Kolumbus jedoch bewusst irreführend so bezeichnet worden war, um den Eindruck zu erwecken, dass sich in der Neuen Welt unermessliche Reichtümer verbargen; auf dies Weise wollte Kolumbus die Spanier dazu bewegen, in die neuen Kolonien zu investieren. In Wahrheit war dieser Landstrich bettelarm und gänzlich ohne Bodenschätze, wie der Kapitän dem interessierten Fugger-Agenten während der Vorbeifahrt erklärte.
    Dann kam das Cap de Honduras in Sicht, ehe man die Halbinsel Cap de Fondura umrundete. Vor den Insulas Mulierum schwenkte die kleine Flotte schließlich nördlich auf das offene Meer ein, um auf direktem Weg die Südküste von Yucatan zu erreichen, ungefähr auf Höhe der alten Siedlung Merida, einem kleinen Hafennest gegenüber einer Insel, die von Seehunden bevölkert wurde.
    Auch wenn diese Fahrt über das offene Meer ein zusätzliches Risiko bedeutete, wäre eine landnahe Passage zwischen den Halbinseln Fondura und Yucatan noch um einiges gefährlicher gewesen, da es viele unterseeische Riffe gab, die schon mehr als einem wagemutigen Segler zum Verhängnis geworden waren. Der Kapitän der
Flor
zeigte Sachs seinen ganzen Stolz – eine, wie es aussah, neue und erst kürzlich gezeichnete Karte von der Karibik, auf dem diese Riffe und Untiefen detailliert eingezeichnet waren. Die Karte war eine Arbeit aus Salamanca, wie die kunstvolle Beschriftung dem Agenten verriet.
    »Die Küstenlinien haben wir seit der ersten Fahrt des großen Kolumbus schon sehr gut studieren müssen«, kommentierte der erfahrene Seemann ernst. »Diese Karten sind mit Blut geschrieben, mein Herr. Ja, mit dem Blut vieler ehrbarer Seeleute, die in diesen tückischen Gewässern scheiterten, wodurch sie die Gefahren für jene erkennbar machten, die ihnen folgten, so wie wir.«
    »Ist denn auf dieser Seite der westindischen Lande bereits alle See erforscht und kartographiert?«, wollte Sachs wissen.
    Der Navigator sah ihn einen Moment lang mit einer Spur von Misstrauen an, antwortete dann aber wahrheitsgemäß: »Nein, gewiss nicht. Das wird noch viele Jahre dauern. Da die Schiffe, die in diesen Gewässern die meiste Zeit unterwegs sind, häufig auch kostbare Waren transportieren, gilt der Sicherheit bei jeder Überfahrt die oberste Priorität.«
    »Ich verstehe nicht . . .«, gab Amman Sachs zurück.
    Der Zeigefinger des Kapitäns fuhr auf der Karte von der mit kräftigem Strich gekennzeichneten Küstenlinie Yucatans in Richtung der offenen See der Karibik, die im Osten unter anderem von den großen Inseln Cuba, Jamaica, Hispaniola und Borichen begrenzt wurde. Außerdem waren viele kleinere Inseln eingezeichnet – als Grenze der karibischen See zum riesigen Atlantik hin.
    »Schaut Euch die zahlreichen Eilande an, die wir bereits entdeckt und in Besitz genommen haben«, sagte der Kapitän. »Es sind unglaublich viele, und stets kommen weitere hinzu. Man könnte den Eindruck haben, als entstünden gleichsam über Nacht immer neue Inseln. Man fährt eine freie Passage mit sicherer Fahrt, wählt sie im nächsten Jahr wieder – und plötzlich liegt eine Insel im Kurs, die im Jahr zuvor auf keinen Fall an der Stelle gewesen sein kann, an der man nun auf sie trifft. Ein andermal will man eine Insel anlaufen, weil man dort im Jahr zuvor frisches Wasser und schmackhafte Früchte entdeckt hatte, und dann findet man sie nicht mehr. Sie ist verschwunden, eine ganze Insel! Von den Fluten verschluckt, von Ungeheuern verschlungen . . . wer weiß.
    Schaut da oben auf der Karte, im Norden bei La Florida. Die Inseln gegen Mittag sind am übelsten; kein noch so guter Nautiker oder Kartograph war bisher auch nur annähernd in der Lage, ihre genaue Anzahl oder die Positionen zu bestimmen. Der ohne Zweifel vortreffliche Zeichner dieser Seekarte vermochte es offensichtlich auch nicht. Er hat da nur etwas hineingemalt, um zu zeigen, dass sich dort Inseln befinden, die noch unbekannt sind und mit einem Mal vor dem Bug erscheinen können. Deshalb sind die Angaben nutzlos – das weiß jeder Seemann, den unglückliche Winde schon einmal dorthin verschlagen haben und der sich in diesem Wald aus Inseln verirrt hat.«
    Amman Sachs schaute auf die weiten Flächen auf dem großen Pergament, die den Golf von Mexiko und die karibische See darstellen sollten. Dies hier war tatsächlich ein noch unbekanntes, unerforschtes Meer.
    Die Fahrt

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