Der Spion der Fugger Historischer Roman
Schiffen erkaufen. Ohne diese Mission, die uns beide hierher führt, hätte ich mir nie Hoffnung auf ein solches Kommando machen dürfen.« Der Seemann lachte. »Ja, ich bin eingeweiht – offensichtlich besser als Ihr. Aber jetzt macht die Heimlichtuerei zwischen uns keinen Sinn mehr, denn Ihr seid der Mann, der die Verantwortung vor meinem König trägt für das, was vor uns liegt. Und ich wiederum bin für Euer Schiff verantwortlich. Also lasst uns zusehen, dass wir diese Aufgabe zum Stolz Spaniens erledigen können.«
Für einen Moment war Amman skeptisch, konnte es doch sein, dass der Kapitän ihm eine geschickte Falle stellte; dann aber beschloss er, dem Mann in der schwarzen Tracht der Spanier zu glauben.
»Gut.« Sachs nickte. »Dann lasst uns schauen, ob wir unsere Fracht, wie Ihr andeutet, hier wohlbehalten antreffen . . . und auch unsere besonderen Passagiere. Wenn wir alles wie erhofft vorfinden, lasst uns Kriegsrat halten, wie wir alles Weitere organisieren sollten.« Er lächelte. »Wenn man bedenkt, mit welcher List Ihr diesen vortrefflichen Landeplatz für uns ausgesucht habt, müssten wir auch den Rest unserer schweren Aufgabe lösen können. Ich freue mich, in Euch einen wahren Verbündeten zu finden.«
Damit schüttelten die beiden Männer sich zum ersten Mal auf ihrer nun schon mehrere Monate dauernden gemeinsamen Reise die Hände. Und Amman Sachs fühlte, dass es ihm sehr guttat, diesen achtbaren Offizier an seiner Seite zu wissen. Wobei er sich auch ein wenig ärgerte, dass er von seinen Auftraggebern nicht in dieses sicherlich nützliche Arrangement eingeweiht worden war. So geheim, wie Amman Sachs gedacht hatte, war diese Mission denn wohl doch nicht . . .
Als das Schiff schließlich vertäut war und ein breites Brett als Brücke zur Kaimauer hinüber gelegt wurde, verließen der Kapitän und Amman Sachs als Erste die Galeone; während der Kapitän am Ufer zurückblieb, um das Löschen der verbliebenen Waren zu überwachen, machte Sachs sich auf den Weg zur Casa de Cortés, um sich dort vorzustellen und Erkundigungen über die erwartete Fracht für die
Flor de la Mar
einzuholen.
Man brachte den Neuankömmling sogleich in die überraschend gut ausgestattete Empfangshalle. Und zum größten Erstaunen Amman Sachs’ trug der Mann, der ihn hier in aller Förmlichkeit begrüßte, weit kostbarere Gewänder, als er es beim Kommandanten eines eher zweitrangigen Ortes wie diesem erwartet hätte. Dann aber erkannte Sachs, wem er völlig unerwartet gegenübergetreten war.
»Exzellenz! Ihr seht mich überrascht, Euch hier zu treffen.« Amman Sachs erinnerte sich, den amtierenden Vizekönig von Neuspanien, Martín Enríquez de Almansa, vor einigen Jahren während seiner Dienstzeit bei der Schweizergarde als Gesandten des spanischen Hofes im Vatikan kennen gelernt zu haben. Den weiteren Aufstieg dieses Mannes hatte Sachs aus den Berichten der Fuggeremissäre verfolgen können.
»Ich kann nicht glauben, Exzellenz, dass es sich bei unserem neuerlichen Zusammentreffen in diesem Winkel der Welt um einen Zufall handelt.« Amman war sich mittlerweile sicher, dass die Mission, die er zu erfüllen hatte, weit komplexer und größer war, als er bisher geahnt hatte. Aber warum? Und worum ging es bei diesen komplizierten Händeln, in deren Mittelpunkt er sich inzwischen befand?
»Freiherr von Hohensax! Ihr seid aber auch weit weg von Eurem stolzen Zuhause! Nein, ein Zufall ist es sicher nicht, wenn ich mich persönlich in einem so unsicheren Land um die Sicherheit eines Mannes kümmere, der unter dem Schutz der spanischen Krone steht.« Für einen Moment glaubte Sachs, er selbst sei gemeint. Dann aber erinnerte er sich, wen er hier an Bord der Galeone nehmen sollte, um ihn sicher nach Europa zu bringen.
»Der Prinz ist hier?«
»Oh ja. Hier in diesem Haus, als mein persönlicher Gast. Zusammen mit seinem ganzen Gefolge. Auch deshalb sind wir hier im
alten
Veracruz; im neuen würde es vermutlich einen Aufstand geben, würde ich einem Indianer eine solche Ehre angedeihen lassen. Aber setzen wir uns doch. Wir haben sehr viel zu besprechen.«
An den Wänden gab es die obligatorischen langen Holzbänke, die in den Ecken zusammenliefen. In einer dieser Ecken setzten sich die beiden Männer einander gegenüber. Als der Fugger-Agent die dabei entstehende Gesprächspause nutzte, um sich kurz umzusehen, bemerkte er, dass der Raum keine der in Blei gefassten Fenster besaß. Das deutete darauf hin, dass dieses Gebäude
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