Der Spion der Fugger Historischer Roman
auf einen ausgedehnten Hof, der von zwei niedrigen Stallgebäuden flankiert wurde.
Die beiden Männer wandten sich nach rechts und näherten sich dem Gebäude, das dort stand. Der Vizekönig hob den schweren Riegel des mächtigen, eisenbeschlagenen Zugangstors hoch und öffnete die Flügel, worauf sofort zwei grimmig dreinblickende Milizionäre mit gefährlich aussehenden langen Piken in der Toröffnung erschienen. Doch sie wichen sofort wieder ins Innere zurück, als sie die Ankömmlinge erkannten.
Sorgfältig verschloss de Almansa das Tor von innen; dann führte er seinen Besucher in einen rückwärtigen, hinter dicken Bretterwänden versteckten Bereich, wo im spärlichen Licht, das durch Mauerritzen in den Raum sickerte, große Bündel zu sehen waren; manche waren in Leinentücher eingeschlagen, andere aus grobem Holz gearbeitet. Eines dieses Bündel war deutlich größer als die anderen, fast übermannshoch. Zwei lange, große Tragestangen schauten unter den Leinenüberwurf hervor, sodass sich der Eindruck aufdrängte, es handele sich bei dem Gebilde unter dem Tuch um eine große Sänfte.
Und genau auf dieses sänftenartige Stück trat der Vizekönig nun zu, sah dann noch einmal kurz zurück auf seinen Begleiter und versicherte sich dabei, dass die beiden Milizionäre außer Sichtweite waren; dann schlug er die Leinenumwandung zurück.
Was Amman Sachs nun sah, verschlug ihm den Atem.
Im ersten Moment erkannte er das Etwas vor ihm nicht. Zu ungeheuerlich, zu unglaublich war dieser Anblick. Dann drang der Anblick des selbst in diesem spärlichen Zwielicht unglaublich hell schimmernden Metalls in sein Bewusstsein: Eine Wand aus Gold. Ein Berg aus Gold! Massives, geschmiedetes Gold, über und über mit seltsamen Figuren und fremdartigen Ornamenten verziert, wie Amman Sachs sie nie zuvor gesehen hatte. Es war offensichtlich ein Thron, was er hier in diesem kläglichen Stall sah. Der Thron eines großen König, eines mächtigen Herrschers. Ein Thron aus massivem Gold, unfassbar schön und unermesslich kostbar.
Nach dem ersten Schock suchte Sachs nach Anzeichen, dass der Thronkörper vielleicht nur mit Blattgold überzogen oder mit Goldblech beschlagen war; aber er entdeckte keine verräterische Holzmaserung, die einen unter dem Metall befindlichen, formgebenden Körper verriet. Er sah auch keine gelötete oder geschlagene Naht, wo Metallplatten zusammengefügt waren. Er erblickte nur die Spuren von gegossenem und mit unbekannten Werkzeugen verziertem Gold. Massives Gold! Man spürte beinahe körperlich das Gewicht und die ungeheure Masse an reinem, edlem Metall. Es mussten Tausende Pfund Gold sein, die der Schweizer hier sah.
Sachs merkte erst jetzt, dass sein Mund offen stand, während er diesen immensen Schatz bewunderte. In Gedanken maß er die langen Stangen, mit denen der Goldthron getragen werden konnte. Wie sonst ließe sich eine solche Menge massiven Goldes von einem Ort zum anderen bewegen?
An den vier Enden der beiden Tragstangen mussten jeweils zehn oder mehr kräftige Männer Platz und sicheren Griff haben, um die Stangen, den Thron und den darauf sitzenden Herrscher in die Höhe heben zu können. Wenn jeder dieser Männer über längere Zeit hinweg gut hundert Pfund auf den Schultern tragen konnte, waren das viertausend Pfund Gewicht, die auf diese Weise gehoben und fortbewegt wurden. Zog man das Körpergewicht des Herrschers, das Gewicht der Tragstangen und dergleichen ab, bliebenmindestens dreitausend Pfund an reinstem Gold.
Dreitausend Pfund!
Amman Sachs spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte. Dies hier musste zweifellos der größte Schatz der Menschheit sein.
Doch als wäre das noch nicht genug, machte de Almansa sich daran, einige der Leinenbündel und Holzkisten zu öffnen, woraufhin weiteres Gold zum Vorschein kam: Altartafeln für fremde Götter; kunstvolle Masken; prächtig verzierte Teller sowie Kultgefäße und Idole in allen nur erdenklichen Größen und Formen. Wohin der Fugger-Agent auch blickte, sah er den mystischen Glanz des magischen Metalls.
»Mein Gott«, war alles, was Amman Sachs bei diesem Anblick hervorbrachte. Seine Fassungslosigkeit und seine Erschütterung reichten bis auf den Grund seiner Seele.
5.
Die nächsten Tage im alten Veracruz waren von konzentrierter Geschäftigkeit geprägt. Mit den Notwendigkeiten des Überseehandels seit vielen Jahren vertraut wusste jeder an Land und auf den Schiffen der kleinen Flotte, was für die schnellstmögliche Abfahrt
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