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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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seinen Begleiter: »Also sind die Mythen tatsächlich wahr? Die Templer haben doch überlebt?«
    Alfonso de Escobar blieb stehen und schaute den Jüngeren eindringlich ein.
    »Wagt diese Ungeheuerlichkeit noch nicht einmal zu denken! Und sprecht nie wieder diesen Gedanken aus! Die Templer gibt es seit zweieinhalb Jahrhunderten nicht mehr. Sie wurden von der Heiligen Inquisition vom Antlitz der Erde getilgt, für immer und alle Zeiten!«
    Kopfschüttelnd setzte Escobar den Gang durch die Klosterflure fort, wobei er eher beiläufig fortfuhr: »Wenngleich es natürlich stimmt, dass diese Klosterburg einst durch den damaligen Großmeister der Tempelritter, Gualdim Pais, gegründet wurde, und dieser noch heute hier begraben liegt – im so genannten Claustro do Cemitério, dem Kreuzgang der Gräber.«
    Amman Sachs verstand. Es war eine Form von geheimem Ungehorsam gegenüber der gläubigen Öffentlichkeit und wahrscheinlich der Kirche Roms, dass man die Existenz der Templer leugnete, deren Tradition unter dem verschwiegenen Mantel des Christusordens an diesem Ort jedoch irgendwie fortführte. Wahrscheinlich wäre es wohl ein zu großer und schmerzlicher Verlust gewesen, auf den Wissensschatz und die Erfahrungen dieser weltgewandten Tempelritter zu verzichten, die ja wie keine zweite Gemeinschaft in Berührung mit fremden Kulturen an den Grenzen des Abendlandes gelebt hatten.
    Wissen!
    Dem Agenten der Fugger fielen im Gehen nun erstmals die Verzierungen der Arkadenbögen, die Fenstereinfassungen und Säulen und Kapitelle auf, die im flackernden Licht der Laternen und Fackeln seltsam lebendig schienen. Er erkannte im Schattenspiel hüpfende orientalische Ornamente, schwankende Symbole aus der Welt der maritimen Entdeckungen, sich grotesk gebärdende heidnische Götterfratzen und immer wieder stilisierte Globen, auf deren Ringen, die die Wendekreise der Sonne darstellten, das lebendige Licht tanzte. Die Globen jedoch bildeten auch ein Zeichen des portugiesischen Königtums, wie Amman Sachs wusste. Doch in welcher Gesellschaft sich diese Symbole hier befanden!
    Geheimes Wissen . . .
    Was nur hatten diese Zeichen in einer vorgeblich christlichen Klosteranlage zu suchen? Amman Sachs spürte, wie seine Erregung wuchs, als würde hier an diesem so geheimnisvollen Ort eine verwegene Initiation auf ihn warten.
    Schließlich blieb der Cancellarius wieder stehen, diesmal vor einer schweren hölzernen Tür, die von einem breiten, eher schlichten Flur abging. Sie hatten das große Dormitorium erreicht, wie Escobar seinem Begleiter erläuterte; den Schlaftrakt mit den kleinen Zellen, die den Mönchen als private Rückzugsorte dienten.
    »Hier könnt Ihr Euch erst einmal ausruhen, Meister Hohensax«, erklärte der Ältere, während er die Eichentür entriegelte und öffnete. Ein kleiner Raum wurde sichtbar, in dem ein einfaches Holzlager, ein Stuhl und ein grob gezimmerter Tisch standen, auf dem ein Krug mit Wasser und ein Teller mit Brot bereitgestellt waren. Durch eine winzige Luke fiel schwaches Nachtlicht herein. Die Sonne war längst untergegangen.
    Also bin ich doch ein Gefangener, dachte Amman Sachs. Ein Gefangener an einem Ort, den kein rechtschaffener Mensch in der Welt außerhalb dieser Mauern und dieses geheimen Tals wirklich kannte. Und folglich wusste da draußen nun auch niemand mehr, wo er, der Agent des großen Kaufmannshauses, wirklich abgeblieben war.
    Ergeben betrat Amman Sachs die kleine Klause und hörte, wie hinter ihm die Tür geschlossen und der eiserne Riegel vorgeschoben wurde.

8.
    Die Nacht war unruhig. Durch die glaslose Fensterluke der kleinen Mönchsklause drangen immer wieder ungewöhnliche Laute an die Ohren des Fugger-Agenten. Einmal war ihm, als hätte der verzweifelte Schrei eines grausam Gefolterten ihn aus dem unruhigen Halbschlaf gerissen.
    Als die ersten fahlen Sonnenstrahlen endlich den neuen Tag ankündigten, fühlte Amman Sachs sich grässlich. Er hatte kaum geschlafen, und selbst dann hatten schreckliche Albträume ihn geplagt. Nun lag er erschöpft auf seiner Pritsche und versuchte die Dämonen der Nacht zu vertreiben. Doch ein unangenehmes Echo, das sich nicht mehr niederringen ließ, blieb in seinem Bewusstsein zurück.
    Die grausige Nacht an diesem düsteren Ort hatte Sachs eine neue Erkenntnis gebracht, von der er wusste, dass ihr Fluch ihn sein künftiges Leben nicht mehr loslassen würde: Unermessliche Schätze waren mit der
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