Der Spion der Fugger Historischer Roman
gelesen hatte – wobei sein Gesicht sich im Gegensatz zu dem des Kanzlers weiter verfinsterte. »Da wird sich unsere werte Schwägerin Elisabeth von England aber freuen! Als sie mir nach dem Tod unserer Gemahlin, ihrer Schwester, die Ehe verweigerte, haben Wir ihr vorhergesagt, dass sie mit ihrer eigenen Regentschaft würde scheitern müssen – ohne unser starkes Spanien an ihrer Seite. Aber es scheint, als wären Wir zu voreilig gewesen und als hätte sie doch einen Weg gefunden, ihre gewaltigen Probleme bewältigen zu können. Wir hätten es selbst nie für möglich gehalten.«
Für einen Augenblick legte der König die Stirn in tiefe Falten.
»Aber gut, Wir haben keine Ahnung, wo Freiherr von Hohensax diese bemerkenswerte Notiz hat einsammeln können. Aber Wir sehen, dass Er bereits eine Spur aufgenommen hat. Also, erfülle Er unseren Pakt: Finde Er heraus, was es mit dieser Katastrophe unserer Goldgaleone wirklich auf sich hat. Sei Er für diesen Handel unser Spion, um Licht in diese ganz unglaubliche Intrige zu bringen. Wenn Ihm das gelingt, verpfänden Wir unser Siegel darauf, dass Wir unsere ganze Kraft dafür einsetzen werden, die Ehre der Familie von Hohensax wiederherzustellen – vor allen Familien der Christenheit!«
9.
Die Heimreise nach Augsburg war für den Agenten der Fugger eine unvorstellbare Tortur. Zwar war er in Tomar aus den Stallungen des Christusordens mit einem guten Pferd ausgestattet worden, doch nach einem Tag auf den Rücken eines Gauls schmerzten Sachs alle Knochen. Ein Tagesritt war aber erst die Hälfte der Strecke nach Madrid. Und von da sollten es noch einmal zwölf Tagesreisen werden, bis er endlich die Pyrenäen überquert und das mächtige Alpenmassiv im Westen umrundet hatte.
Doch Amman Sachs war glücklich darüber, dass ihm ab Madrid der regelmäßige Kurierreiter der Fugger auf seiner Reise Gesellschaft leistete. Das Handelshaus der Fugger unterhielt die besten Nachrichtenverbindungen überhaupt; keine andere Institution, kein Herrschaftshaus war stets so gut informiert wie die Kaufleute aus Augsburg.
Für Amman Sachs bedeutete die Begleitung durch den erfahrenen Kurier an seiner Seite, dass sie ohne Umwege stets den besten Weg, die besten Herbergen und die sichersten Städte für ihre Rast fanden. Trotzdem machte sich mit jedem Tag größere Erschöpfung beim Schweizer bemerkbar. Und auch die Aussicht, nach all den Monaten in allen Teilen der Welt nun auch einmal wieder seinen eigenen Haushalt – und seine Ehefrau – besuchen zu können, war nicht dazu angetan, seine Laune wesentlich zu verbessern.
Oh ja, seine gute Johanna. Amman Sachs dachte mit einem sehr schlechten Gewissen an sie. Wie war sie stolz gewesen, den jungen Offizier der prächtigen Schweizergarde als ihren Gatten in Besitz zu nehmen. Und wie groß war dann die Enttäuschung gewesen, als er seine unehrenhafte Entlassung hatte erdulden müssen.
Amman Sachs stutzte bei diesem Gedanken. Hatte er seine Degradierung und die unstandesgemäße Ausmusterung wirklich nur akzeptieren
müssen
oder aus übermächtiger Loyalität zu seinem Dienstherren akzeptieren
wollen?
Hatte er sich nicht in einer langen, durchwachten Nacht sehr genau überlegt, was er im Namen der Ehre einfach zu tun hatte – egal, welchen Preis er dafür zahlen musste? War es nicht recht, den eigenen Herren zu schützen und dessen Leben über das eigene zu stellen?
Durch sein Eingreifen hatte er Anton Fugger, den wohl größten Handelsherren aller Zeiten, vor dem schändlichsten und übelsten Absturz bewahrt. Und damit auch das größte Handelshaus der Welt vor einen unvorstellbaren Schaden bewahrt. Anton Fugger hatte diese uneigennützige Tat des Amman Sachs nie vergessen und sich in der Folge in jeder erdenklichen Form erkenntlich gezeigt. Allein die Ehre der Hohensax konnte auch der große Fugger nicht wiederherstellen, ohne dabei das eigenen Ansehen und das seiner Familie der Fugger von der Lilie unwiederbringlich zu beschädigen.
Doch Johanna Sachs hatte nie verstanden, dass Loyalität manchmal über die eigene Ehre gehen muss, um noch viel größeren Schaden von sich und anderen abzuwenden. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können, wäre Anton Fugger tatsächlich gestrauchelt, wäre das gigantische, scheinbar die ganze Welt umspannende Handelsimperium ins Wanken geraten! Chaos allenthalben; das Ende der Ordnung, wie es offensichtlich auch jetzt wieder drohte, weil der spanische König durch Amman Sachs’ Scheitern an
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