Der Spion der Fugger Historischer Roman
mit uns den unmissverständlichen Vertrag, Fracht und Passagiere sicher und geheim nach Spanien zu bringen.« Der Tonfall in der Stimme des Monarchen war von ätzender Kälte. »Und dieser Vertrag wurde bisher nicht erfüllt. Wie Er selbst in seinem schriftlichen Bericht protokolliert hat, steht es auch nicht mehr in Aussicht, dass der Vertrag überhaupt noch erfüllt werden kann. Also stehen Er und sein Herr in
unserer
Schuld! Und Wir haben vor, diese Schuld unmittelbar einzufordern! Hat Er uns verstanden?«
Amman Sachs schluckte schwer, nickte aber widerwillig.
»Also«, fuhr der König fort. »Er wird schnellmöglich nach Augsburg aufbrechen und unsere Bedingungen für einen sofort zu gewährenden Kredit vortragen. Anderthalb Millionen Pesos oder der entsprechende Gegenwert in Gold, zahlbar innerhalb von zwei Monaten an unsere Unterhändler. Eine Verzinsung akzeptieren Wir nicht, denn durch Sein und Seines Herren Versagen entbehren Wir ja erst dieser Geldmittel. Warum sollten Wir also auch noch Zinsen für Sein Versagen zahlen?«
Als Agent des Handelshauses der Fugger wusste Amman Sachs, dass die Forderungen des Königs völlig inakzeptabel waren. Aber es gehörte wohl auch zu den Ritualen von Finanzverhandlungen, dass man sich erst einmal gegenseitig unerfüllbare Bedingungen diktierte, um dann irgendwann einen für beide Seiten tragfähigen Kompromiss zu finden. Die wichtigste Information, die der König preisgegeben hatte, war die: Philipp brauchte so schnell wie möglich anderthalb Millionen Pesos, möglichst in Gold. Und er, Amman Sachs, konnte so schnell wie möglich nach Hause reisen, nach Augsburg.
Der Schweizer verneigte sich kurz, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Aber der König war offensichtlich noch nicht mit ihm fertig, denn er trat jetzt noch einmal ein paar Schritte auf Amman zu, bis er unmittelbar vor ihm zu stehen kam.
»Eines noch.« Der Monarch schaute dem Agenten der Fugger sehr tief in die Augen. »Er und Wir werden hier einen weiteren Handel abschließen. Er wird nicht eher ruhen, bis Er uns bei seinem Leben und allem, was Ihm heilig ist, hier und vor Gott schwören kann, dass die
Flor de la Mar
, dieses verfluchte Schiff, wirklich und wahrhaftig für immer und alle Zeit verloren bleibt! Er wird sich Gewissheit verschaffen und uns dann auf sein Leben einen Eid leisten, dass nichts, auch nicht der kleinste Kienspan von diesem Schiff jemals wieder in dieser und allen anderen Welten wird auftauchen können! So wahr Wir der Herrscher des Königreichs Spanien sind und der gnädige Sohn unseres Vaters, Kaiser Karls des Fünften, des größten Herrschers aller Zeiten – Wir müssen absolute Gewissheit gewinnen! Unumstößliche Gewissheit! Er wird dieses Rätsel ein für alle Mal aufklären, hat Er uns verstanden?«
Für einen Moment herrschte völlige Stille in der kleinen Kanzlei. Amman Sachs überlegte fieberhaft, was diese seltsame Rede des Monarchen zu bedeuten hatte, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen, was diese unerklärliche Heftigkeit verursacht haben könnte. Aber er spürte auch neue Gefahr, wo er sich eigentlich schon wieder in Sicherheit geglaubt hatte.
Einer spontanen Eingebung folgend riss Sachs sich schließlich von den bohrenden Blicken des Königs los und wandte sich vorsichtig dem Cancellarius zu.
»Verzeiht, Meister Escobar, aber habt Ihr noch die Dokumente bei Euch, die Ihr mir in Lissabon in der Faktorei abgenommen habt? Meine Privilegien für Neuspanien? Meinen königlichen Passierschein?«
Der Angesprochen schien unschlüssig, öffnete dann aber doch das große Fach seines Stehpults und nahm die verlangten Papiere heraus. »Was wollt Ihr damit? Seine Majestät hat Euch eine klare Aufgabe gestellt, und dafür werdet Ihr diese Dinge wohl nicht brauchen, oder?«
»Und ich gedenke diesen Handel mit aller notwendigen Akkuratesse zu erledigen. Wenn Ihr also, Escobar, für mich die Dokumente durchsehen mögt, ob Ihr noch einen kleinen Bogen dazwischen finden könnt, nicht mehr als eine hingeworfene Notiz, der akribische Vermerk eines Buchhalters.«
Der Kanzler schaute überrascht, begann dann aber mit der Durchsicht der Papiere und fand tatsächlich schnell den gesuchten Zettel. »Lest ihn«, forderte Sachs den Beamten auf. Er sah, wie die Miene Escobars sich rasch aufhellte, bis dieser seinerseits sich dem König näherte und ihm die kurze Notiz in die Hand legte.
»Das ändert manches«, ergriff König Philipp als Erster wieder das Wort, als auch er
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