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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht wurde.
    Nein, seine Johanna würde auch das nicht verstehen. Sie würde nur sehen, dass ihr gar nicht mehr so stolzer Schweizergardist abermals gescheitert war. Nicht einmal ein einziges Schiff über ein ruhiges Meer zu bringen war er in der Lage. Welche Schmach für die Ehefrau daheim, die sich zum Gespött der ganzen Stadt gemacht sehen musste. Nein, Freude erwartete ihn daheim ganz sicher nicht. Und Amman Sachs bedauerte es nicht zum ersten Mal, dass nicht wenigstens ein fröhlicher Sohn oder eine hübsche Tochter seiner Heimkehr ein wenig mehr Freude und Heiterkeit verleihen konnte. Allein die Aussicht, auch seine treue und mutige Gehilfin Gemma in Augsburg wieder zu treffen, hellte die Stimmung des Fugger-Agenten ein wenig auf.
    Die beiden eiligen Reiter erreichten die weiten Stadtmauern von Augsburg an einem frühen Nachmittag. Unbehelligt passierten sie das Stadttor – jeder hier konnte einen Gesandten der Fugger leicht auf hundert Schritt erkennen; da bedurfte es keiner weiteren Überprüfung durch die Schildwache.
    Die Stadt wirkte ein wenig schläfrig, beinahe so wie ein mediterraner Flecken zurzeit der Siesta. Die schnellen Pferde waren daher wie ein Fremdkörper auf der Via Claudia, und die wenigen Passanten sahen verwundert auf, als das Hufgeklapper sich vom alten Weinmarkt her auf der zentralen Hauptstraße näherte, die ihren Namen noch aus den Zeiten der alten Römerstadt hatte.
    Die so genannten Fuggerhäuser, die hier in der weitesten Front der Stadt die Straße flankierten, leuchteten geradezu in ihrer orangefarbenen und bronzenen Bemalung. Zwei Häuser – der Stadtpalast der Regierer-Familie des Fugger-Clans, die im alten Handelshaus jeweils das Regiment innehatte, und ein mindestens ebenso großes Lagerhaus – bildeten zusammen die gewaltige Fassade, der sich versteckt über mehrere Innenhöfe noch weitere, unglaublich weitläufige Gebäudeteile im rückwärtigen Bereich anschlossen.
    Eine Stadt in der Stadt . . . ein Schloss . . . eine Handelsburg, als Bürgerhäuser getarnt, ging es Amman Sachs durch den Kopf, als er zusammen mit dem Kurier an seiner Seite durch das weite Adlertor in diese abgeschlossene Welt des Fuggerimperiums eintauchte, die Heimstatt des alten Kaufmannshauses.
    Der stolze Ahnenherr der Handelsfamilie, Jakob Fugger, genannt der Reiche, hatte diesen Gebäudekomplex einst nach seinen eigenen Entwürfen bauen lassen. Und man sah dem Bau und seinen pompösen Ausstattungen an, dass er dabei den Florentinern, etwa den Medici, nachzueifern versuchte. Deren feiner Kunstsinn muss ihn einst sehr beeindruckt haben, als er ihnen mit aufwendigen Arkadengängen, kostbaren Mosaiken, viel toskanischem Marmor und verspielten Wasserbecken in seinen eigenen prachtvollen Fuggerhäusern gleichkommen wollte. Selbst der so genannte Reiterhof schwelgte in höfischer Pracht, wo er doch eigentlich nur die profanen Stallungen beherbergte.
    Genau hier übergaben Amman Sachs und der Kurier ihre erschöpften Pferde in die Obhut eines herbeieilenden Knechts. Einem ungeschriebenen Gesetz folgend führte der erste Weg sie in den Fuggerhäusern zur so genannten »Goldenen Schreibstube«, der Schaltzentrale des mächtigen Kaufmannshauses. Hier liefen alle Fäden des Handelsimperiums zusammen; hier wurden die Nachrichten gesichtet, die aus den unzähligen Faktoreien der Fugger in sämtlichen Teilen Europas und der ganzen Welt geschickt wurden, und hier residierte üblicherweise der alles beherrschende Prinzipal der Fugger, der
Regierer,
dessen Privileg es natürlich ebenfalls war, jeden ankommenden Gesandten des Hauses als Erstes nach wichtigen Neuigkeiten zu befragen.
    Doch seit dem Tod von Anton Fugger, dem letzten großen Prinzipal der Kaufmannsdynastie, hatte es schon verschiedene Regierer in der Goldenen Schreibstube gegeben, die zwar den Glanz dieses Amtes sichtbar genossen, jedoch nicht annähernd der Aufgaben- und Pflichtenfülle dieser Position gewachsen waren und daher lieber im berühmtem Lustgarten der Fuggerhäuser – dem Damenhof genannten ersten Prachtkarree hinter dem Stadtpalast – mit den Frauen der Familie scherzten, als die vielen Depeschen zu sichten und auf deren Grundlage die notwendigen und üblicherweise weitreichenden Entscheidungen zu fällen, die für die Führung eines so großen Imperiums notwendig gewesen wären.
    So folgten Amman Sachs und der Kurier zwar der alten Pflicht, warteten schließlich aber vergeblich auf den Fluren vor

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