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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Führung des Königreichs hier in der Honorable Society of Inner Temple in den Rechtswissenschaften ausgebildet wurden.
    Amman Sachs erkannte jetzt, dass sie direkt auf einen kreisrunden Bau zu geführt wurden, der bereits sehr alt sein musste. Aufgrund der einfachen, schlichten Architektur vermutete der ehemalige Schweizergardist, dass es sich um einen originalen Templerbau handeln musste. Die Templer! Amman Sachs fluchte leise in sich hinein. Also auch hier die Templer!
    Er hatte vor gar nicht langer Zeit schon einmal solch einen Kirchenbau gesehen – kreisrund und von einer bestechenden Schlichtheit. Nachfolgende Kirchen waren in dieser klaren Formen sprache nicht mehr denkbar. Deren überbordende Ornamentik hatte der Florentiner Giorgio Vasari erst unlängst in einem Pamphlet abfällig als
gotico
bezeichnet, als barbarisch, nach dem Germanenstamm der Goten. Nach dieser Beschimpfung nannte man den Baustil vor allem der großen christlichen Kathedralen nun »Gotik«. Und Amman Sachs hatte gut verstehen können, was Vasari meinte, als er dessen flammende Kritik über die Kathedralen der christlichen Kirchen gelesen hatte, wenn auch aus anderen Gründen.
    Die schlichte Ausführung, wie sie die Templerkirche vor ihm zeigte, war der ursprünglichen Kirche des heiligen Grabes in Jerusalem nachempfunden. Jede Niederlassung der Templer hatte ursprünglich solch eine Kirche besessen. Doch nach der offiziellen Zerschlagung und Auflösung des Ordens waren viele dieser Bauwerke in der alten Welt zerstört worden. Ausgerechnet hier im protestantischen England hatte eine dieser in Sachs’ Augen wunderschönen Kirchen überlebt; und sie glich fast bis ins Detail jenem Gotteshaus, das er im Zentrum der Klosterburg von Tomar gesehen hatte, wenngleich dort nur kurz und im Vorbeigehen.
    Hier aber, erkannte Sachs, wurden er und Gemma direkt in den Kirchenraum geführt. Das Fackelspalier endete am westlichen Portal des kreisrunden Bauwerks. Sie betraten das ebenfalls durch zahllose Fackeln erhellte Innere. Amman sah, dass innen an der gekrümmten Wand der Kirche Nischen eingelassen waren, in der auf einer umlaufenden Bank jeweils weitere Männer saßen, die die Fackeln in den Händen hielten. Die Männer hier drinnen waren älter als die Novizen draußen. Es waren wahrscheinlich »Barrister« genannte, fertig ausgebildete Anwälte, vermutete Sachs. Auch sie trugen den roten Umhang ihrer ehrbaren Gemeinschaft. Doch ein ihm bekanntes Gesicht sah Amman Sachs auch hier nicht.
    Im Zentrum des Kirchenraums war durch sechs prächtige, massive Säulen ein Bereich abgetrennt, der wohl das Allerheiligste der alten Templerkirche darstellte. Das Dach über dem runden Kirchenschiff reichte höher als das des Umgangs, wo die Barrister saßen. Amman sah im Boden eingelassene prächtige Reliefs von liegenden Rittern, die wohl Gräber an diesen Stellen markierten. Der Schweizer wunderte sich, dass im Bildersturm der Templervernichtung und später der Vertreibung der Katholiken von den britischen Inseln diese Zeugnisse altchristlicher Tradition an diesem Ort überlebt hatten.
    Er erinnerte sich, einmal eine Unterredung zweier Priester im Vatikan mit angehört zu haben, die über den ganz eigenen Rechtsstatus des Temple of London diskutiert hatten. So viel hatte Amman Sachs behalten: Obwohl säkularisiert und offiziell im Besitz der englischen Krone, war dieser Tempel keiner Obrigkeit unterstellt außer der eigenen – und in der galten die alten Tempelritter und ihre Ideale noch sehr viel. Eine seltsame Parallele zu dem, was er auch in der Kreuzritterburg in Tomar erlebt hatte, überlegte der Fugger-Agent. Er fragte sich, ob die Existenz dieses Tempels und seiner Brüder den gleichen Gründen geschuldet war wie dem merkwürdigen Gegenstück in den Bergen Por t ugal s .
    Amman schaute sich weiter um, während Gemma und er zur Mitte des Allerheiligsten geleitet wurden. Er entdeckte seltsam groteske, doch umso kunstvoller bemalte Masken in der Wand über den Nischen, in denen die versammelten Anwälte saßen. Auch diese verzerrten Gesichter hatte er bereits in Tomar gesehen. Und noch etwas fiel ihm auf: Mit der Zahl »Sechs« schien es in diesen alten Mauern eine besondere Bewandtnis zu haben: Sechs Säulen begrenzten das Allerheiligste; jeweils sechs Nischen befanden sich unter den großen Fenstern des Kirchenbaus, und auch über ihm in dem Türmchen, das die Decke über dem Kirchenschiff bildete, sah er jeweils sechs Fächer eine Abteilung der Wand

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