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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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sie die Schranktür. Die Überraschung war groß, was im Innern des aus Eichenholz gearbeiteten Möbels zu Tage kam: Ein kleiner, schmächtiger Mann in einem schlichten Anzug schaute Gemma und Amman mit verdutzter Miene an.
    »Deshalb also dieses schöne Zimmer«, sagte Sachs schließlich, nachdem die erste Überraschung sich gelegt hatte. »Walsingham wollte uns in Sicherheit wiegen, um uns in Ruhe belauschen zu können.« Und an den unbekannten Lauscher: »Dich zu verprügeln macht sicher keinen Sinn. Du bist ja wohl nicht aus freien Stücken hier. Aber wolltest du die ganze Nacht im Schlafzimmer einer jungen Frau zubringen?«
    Der Schmächtige hatte sich von dem Schreck erholt, in seinem Versteck entdeckt worden zu sein. »Das sind die angenehmen Seiten meines Berufes«, sagte er frech, worauf Gemma ihm eine schallende Ohrfeige versetzte.
    Mit rotem Gesicht ging der enttarnte Spitzel zur Zimmertür und klopfte dreimal leise an. Sofort wurde der Riegel geöffnet. Die Tür ging auf, und der Kerl schlüpfte hinaus. Augenblicklich wurde die Tür wider verschlossen und verriegelt.
    »Ob in deinem Zimmer auch so einer im Schrank hockt, Amman?« Gemma blickte den Fugger-Agenten fragend an. Gemeinsam gingen sie in Sachs’ Zimmer, wo Gemma erneut mit der Haarnadel den Schrank öffnete. Doch der enthielt nur Wäsche, vermutlich Bettwäsche für die besonderen Gästezimmer.
    »Meinst du, wir können jetzt reden?« Gemma schien immer noch unsicher. Auch Amman Sachs war nicht überzeugt, dass Sie jetzt tatsächlich ungestört waren. Er wusste von seiner elterlichen Burg im Schweizer Bergland, dass solche Gebäude mit Vorliebe doppelte Wände, geheime Nischen und andere verborgene Vorrichtungen hatten, um die Insassen zu belauschen oder auszuspionieren – und manchmal Schlimmes mit ihnen anzustellen. Mitunter dienten diese Vorrichtungen aber auch rein amourösen Zwecken, wie Amman sich schmunzelnd erinnerte.
    »Was erheitert dich denn so?«, wollte Gemma wissen.
    »Ich musste gerade daran denken, was so ein Schrank mit deiner eigenen Geschichte zu tun hat«, sagte er, während er sich in einen der bequemen Sessel fallen ließ. Auch das ein Luxus, den er noch nie genossen hatte. Aufgeräumt fügte er hinzu: »Wir sollten aber nur über Dinge sprechen, die Walsingham ohnehin schon weiß oder die er sich aus den Umständen zusammenreimen kann. Wir sind und bleiben seine Gefangenen. Und diese Räume haben mehr als zwei Ohren.«
    Amman berichtete von seinen Beobachtungen im Tiefgeschoss des White Towers und wie er in die Festung gekommen war; von seinen Besuchen bei Bonaventura von Bodeck und Thomas Gresham sagte er nichts. Doch er zeigte Gemma die beiden Rosenobel, die er an sich gebracht hatte – wobei er allerdings den Zeigefinger auf die Lippen legte, um ihr anzudeuten, dass sie nicht darüber laut sprechen sollte.
    Gemma erzählte von ihrer Verfolgung Francis Walsinghams, die zunächst wohl recht einfach gewesen war, da der Engländer auf dem üblichen Handelsweg nach London reiste. In Antwerpen habe er dann einen Segler bestiegen, berichtete Gemma; sie habe ihm erst mit einem späteren Schiff auf den Fersen bleiben können. In London habe sie einfach den Tower überwacht, in der festen Erwartung, Walsingham dort irgendwann im Gefolge der Königin zu entdecken. Und so sei es denn auch gewesen; allerdings habe Walsingham sie entdeckt, sofort gefangen genommen und einem Verhör unterzogen. Doch sie habe kein Wort gesagt.
    Amman Sachs war erstaunt, wie lange Gemma sich bereits in der Gewalt des Engländers befand: Sie hatte keine Stunde im Verhör zugebracht, als er sie auf dem Stuhl gefesselt bei Walsingham entdeckt hatte. Dabei war Sachs davon ausgegangen, dass Gemma sich schon seit Stunden und gar Tagen im Tower befunden haben musste. War es nur ein Zufall, dass sie beide fast gleichzeitig in dieser Festung eintrafen?
    Gemma spielte nachdenklich mit dem Rosenobel, den Sachs ihr gegeben hatte, und ließ die Münze mit atemberaubender Geschwindigkeit auf der Rückseite ihrer Hand durch die Finger wandern. Sachs erhob sich aus seinem bequemen Sessel, nahm die zweite Goldmünze und legte sie auf einen Tisch, der vor einem Fenster stand. Wortlos holte er ein paar der Kerzen herbei, um den Tisch heller zu erleuchten. Dann holte er die Utensilien aus seiner Tasche, die er in Antwerpen dem Goldschmied abgekauft hatte: die Schieferplatte, das Holzetui mit den Goldnadeln und das Fläschchen mit dem
aqua fortis
. Dies alles gruppierte

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