Der Spion, der mich jagte - Green, S: Spion, der mich jagte - The Spy Who Haunted Me
Hölle damit«, sagte ich. »Honey kann zahlen. Der CIA zahlt die meisten Spesen von allen hier am Tisch.«
Honey zog eine Grimasse und zog ihre Kreditkarte hervor. »Ich hasse es, meine Abrechnung zu machen«, maulte sie. »Die stellen heutzutage alles in Frage. Die ganze verdammte CIA wird von Erbsenzählern beherrscht.«
Bevor wir gingen, bezahlte Walker der Kellnerin demonstrativ ein großzügiges Trinkgeld.
Wir gingen zurück zu den Docks und schlenderten dabei in der behäbigen Gangart der Wohlgenährten. Überall trafen wir auf Touristen in knallbunten Hemden, die aussahen wie Kolibris mit Paarungsverhalten. Die meisten schienen an der Architektur, historischen Sehenswürdigkeiten und Läden mit überteuertem Kitsch interessiert. Wir waren die Einzigen, die an der Kante der Docks standen und auf die Schiffe hinausstarrten. Keiner schenkte uns besondere Aufmerksamkeit. Ich sah mich genauer um. Der Fluss war still und friedlich, der Himmel klar, ohne eine Spur von Wolken oder Flugzeugkondensstreifen. Die Sonne war angenehm warm. Und eine Brise, die gerade stark genug war, um erfrischend zu sein, wehte vom Wasser herüber.
Ich hob meine Sicht und sah wieder über den Delaware. Zu meiner Überraschung konnte ich nichts ausmachen. In der Umgebung war so viel psychische Energie losgelassen worden, dass der Äther bis zum Anschlag schwirrte: Überlappende Signale ergaben ein einziges Chaos. So, als wären hier so viele wunderbare und seltsame Dinge passiert, dass die Atmosphäre übersättigt war mit Information. Nebel von Ereignissen, magisch wie wissenschaftlich, türmten sich übereinander auf wie tausende von Stimmen, die verzweifelt gleichzeitig schrien, um gehört zu werden. Ich sprach die aktivierenden Worte und hüllte mich in meine goldene Rüstung. Honey stellte sich dicht neben mich.
»Ist das wirklich klug?«, zischte sie. »Wir sollen undercover arbeiten, schon vergessen? Bist du nicht ein kleines bisschen besorgt, dass die Touristen dich in der Rüstung sehen und schreiend um ihr Leben rennen? Oder einen Exorzisten holen? Alles, was wir brauchen, ist ein flinker Zeuge, der dich auf seiner Fotokamera einfängt, und wir werden der Aufmacher in den Lokalnachrichten, auf jedem Kanal!«
»Versuch mal, nicht in Panik auszubrechen«, sagte ich und sah immer noch durch meine goldene Maske auf den Fluss. »Das steht einem Agenten gar nicht gut. Mein Torques überträgt ein Signal, das es unmöglich für andere macht, die Rüstung zu sehen. Es sei denn, ich entscheide mich anders.«
»Wir können sie aber sehen«, sagte Peter.
»Nur weil ich euch lasse«, antwortete ich.
»Warten Sie mal«, warf Walker ein. »Wollen Sie sagen, dass Ihr Torques Einfluss, ja sogar die Kontrolle über unsere Gedanken hat?«
»So in etwa«, sagte ich. »Keine Sorge. Ich bin ein Drood und deshalb schon per Definition viel zu nett und edel, um an den Missbrauch eines solchen Privilegs auch nur zu denken.«
»Typische Drood-Arroganz!«, sagte Honey. »Und das hast du nie erzählt, weil ...?«
»Ich dachte, dass du das wüsstest«, sagte ich prompt. »Du gehörst doch zur CIA. Du weißt alles.«
»Schlagen Sie ihn nicht«, sagte Walker zu Honey. »Sie würden sich nur die Hand verletzen. Warten Sie, bis er abgerüstet hat. Hauen Sie ihn erst dann.«
»Jetzt bin ich dran, Wartet ml zu sagen«, unterbrach ich. »Ich sehe etwas.«
Verbessert durch meine goldene Maske, erzwang sich meine Sicht den Weg durch die Masse von Informationen hin zu den Geisterbildern der letzten Reise der USS Eldridge. Das lange Schiff legte 1943 an einem grauen Nachmittag von den Docks ab. Sie wussten nicht, dass sie aus der Geschichte hinausfuhren und zur Legende wurden. Die Eldridge lag enorm tief im Wasser, als transportiere sie wesentlich mehr Ladung, als ihre Bauform eigentlich erlaubte. Auf jedem Quadratzentimeter der offenen Decks drängten sich uniformierte Matrosen, die hektisch hin und her liefen. Große, stachelige Antennen ragten in regelmäßigen Abständen aus der ganzen Länge des Schiffes hervor. Lange blitzartige Lichter lebendiger Elektrizität wanderten knisternd und krachend an ihnen herauf und herab. Fremde Energien pulsierten und kochten und bauten eine wachsende machtvolle Aura um das Schiff herum auf.
Bis hierhin schien es nichts weiter als eines der seltsameren wissenschaftlichen Experimente zu sein, aber alles änderte sich abrupt, als der grüne Nebel auftauchte. Er erschien aus dem Nichts: keine Warnung, kein Hinweis,
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