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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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bewirkt hatten. Anstatt sie davon zu überzeugen, daß sich der Stallknecht auch geirrt haben konnte, hatten sie es ihr unmöglich gemacht, die Wahrheit zu verdrängen.
    Er empfand unbeschreibliches Mitgefühl, wußte aber auch, daß sie sich in ihrer eigenen Hölle befand, zu der er keinen Zugang fand, wenn sie es ihm nicht gewährte. Ungeachtet der neugierigen Zuschauer sprach er weiter leise und begütigend auf sie ein und hoffte, daß sie sein Tonfall beruhigte, wenn sie auch die Worte nicht verstand.
    Dann ließen seine in den gefährlichen Jahren auf dem Kontinent geschärften Instinkte Robin hochblicken. Ein paar Häuser entfernt, auf der anderen Straßenseite stand Simmons. Seine Miene war ausdruckslos.
    Himmel, warum mußte dieser Lump ausgerechnet jetzt auftauchen? Robin winkte eine vorbeikommende Mietkutsche heran. Als sie neben ihm hielt, riß er Maxie in die Arme und schob sie trotz der energischen Proteste eines Kaufmanns in die Polster, der behauptete, die Kutsche als erster herangewinkt zu haben. »Nach Mayfair, so schnell Sie können«, rief er dem Kutscher zu. »Wenn Sie es in der Hälfte der Zeit schaffen, bekommen Sie fünf Pfund extra.«
    Während die Kutsche anruckte, setzte sich Robin und nahm Maxie in die Arme. Dann flehte er um die nötige Einsicht, ihr so helfen zu können, wie sie ihm geholfen hatte.
    Simmons starrte der davonrumpelnden Kutsche finster nach. Offenbar hatte das Mädchen die Wahrheit erfahren und nahm sie noch schwerer auf, als ihr Onkel befürchtet hatte. Er winkte einen verwahrlosten Straßenjungen zu sich heran, der gelegentlich für ihn tätig war. »Finde heraus, wohin sie fahren.«
    Der Junge flitzte der Kutsche hinterher. Als er sie erreicht hatte, sprang er behende hinten auf und duckte sich so, daß ihn der Kutscher nicht sehen konnte.
    Sobald der Bursche zurückgekehrt war, könnte Simmons Collingwood zumindest mitteilen, wo seine Nichte wohnte. Das war zwar nicht viel, aber alles, was er bei diesem ansonsten katastrophalen Auftrag herausfinden konnte.
    Maxie war zwar bei Bewußtsein, stand aber unter Schock. Sie erschauerte wie vor Kälte, zitterte am ganzen Körper und schien Robins Gegenwart überhaupt nicht wahrzunehmen. Er hielt sie auf dem ganzen Weg zum Candover House auf dem Schoß und versuchte erfolglos, sie mit seinem Körper zu wärmen.
    Als sie erstmals den Tod ihres Vaters erwähnt hatte, war Robin die Möglichkeit eines Selbstmords durch den Kopf gegangen, weil das eine plausible Erklärung für Collingwoods Geheimniskrämerei gewesen wäre. Und was hatte Maxie in Ruxton im Zusammenhang mit ihrem Unvermögen gesagt, nicht in die Zukunft blicken zu können? Sie hatte von einer Möglichkeit gesprochen, die buchstäblich undenkbar wäre. Da sie ihren Vater besser kannte, als jedermann sonst, wäre ihr nicht einmal im Traum eingefallen, daß er sich das Leben nehmen könnte. Und doch hatte er es getan, und dieses Wissen hatte sie in tiefste Verzweiflung gestürzt.
    Am Candover House angekommen, trug Robin Maxie an einem verdutzten Butler vorbei ins Haus und rief über die Schulter hinweg nach heißem Wasser, Handtüchern, Salben und Verbänden.
    Dann trug er sie die Treppe hinauf, legte sie aufs Bett und zog ihr das zerrissene Musselinkleid und die zerfetzten Strümpfe aus. Er scherte sich keinen Deut um Anstand und Schicklichkeit.
    Als ein Mädchen die verlangten Dinge brachte, schickte er es sofort wieder aus dem Zimmer. Er wusch behutsam Blut und Verunreinigungen von Maxies Knien und Handflächen. Keine der Verletzungen war ernst genug, um verbunden werden zu müssen, aber mit Sicherheit schmerzte es teuflisch, als er Salbe auf die Abschürfungen auftrug.
    Aber sie leistete keinen Widerstand, lag nur passiv da und vermied es, ihn anzusehen. Als er fertig war, drehte sie sich auf die Seite und verbarg den Kopf in den Kissen.
    Robin deckte sie zu und legte eine Hand auf ihre verkrampfte Faust. »Kann ich vielleicht noch irgend etwas für dich tun?«
    Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf.
    »Kanawiosta, als ich meinen Alptraum hatte, hast du mir gesagt, daß Leid leichter zu ertragen ist, wenn man sich jemandem anvertraut«, sagte er leise. »Darf ich denn gar nichts für dich tun?«
    »Jetzt nicht.« Ihre erstickte Stimme war nahezu unhörbar. »Ich bin traurig.«
    »Soll ich gehen?«
    Sie nickte.
    Schweren Herzens stand Robin auf. Trotz ihrer Zierlichkeit hatte sie nie zerbrechlich gewirkt, doch nun sah die kleine Gestalt unter der Decke unendlich

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