Der Splitter Im Auge Gottes
Landeboote, das Beiboot und der Kutter, Kisten mit wissenschaftlichen Geräten, mit Vorräten und Ersatzteilen und anderem Zeug, dessen Zweck nicht einmal Blaine kannte. Dr. Horvaths Leute hatten darauf bestanden, nahezu sämtliche wissenschaftlichen Hilfsmittel ihrer jeweiligen Fachgebiete mitzunehmen, da keiner wusste, was man wirklich brauchen würde. Die Admiralität konnte gegen dieses Argument auch nichts vorbringen.
Jetzt herrschte ein abscheuliches Gedränge auf dem Hangardeck. Vizekönig Merrill, Minister Armstrong, Admiral Cranston, Kardinal Randolph und eine Schar weniger bedeutender Beamter standen verwirrtherum, und Rod konnte nur hoffen, daß seine Offiziere mit den Startvorbereitungen zu Rande gekommen waren. Die letzten Tage waren für ihn ein hektisches Durcheinander zumeist gesellschaftlicher Verpflichtungen gewesen, so daß ihm für seine eigentlichen Pflichten kaum Zeit geblieben war. Jetzt vor Beginn der Abschiedszeremonien wünschte Rod, er hätte das gesellschaftliche Leben der Hauptstadt ignoriert und wäre wie ein Einsiedler an Bord geblieben. Für ein Jahr etwa würde er nun unter dem Kommando von Admiral Kutuzov stehen, und er hatte den Verdacht, daß der Admiral mit dem ihm unterstellten Schiffskommandanten nicht übermäßig zufrieden war. Bei der Zeremonie auf den Hangartoren der MacArthur glänzte der Russe jedenfalls durch Abwesenheit.
Niemand vermisste ihn. Kutuzov war ein untersetzter, kräftiger Mann mit einem groben Sinn für Humor. Er schaute aus wie ein Typ aus einem Bildband über russische Geschichte und redete auch so. Zum Teil war das auf seine Erziehung auf St. Ekaterina zurückzuführen, im wesentlichen aber auf seinen eigenen Geschmack. Kutuzov beschäftigte sich oft stundenlang mit dem Studium alter russischer Bräuche und nahm viele davon selbst an, um seine Lebensweise noch stilgerechter zu machen. Die Brücke seines Flaggschiffs war mit Ikonen geschmückt, in seiner Kabine gurgelte ein Samowar, und seine Infanteristen übten sich im Kosakentanz.
In der Flotte war die Meinung über diesen Mann einhellig: äußerst zuverlässig; er hielt sich streng an jeden Befehl und kannte so wenig menschliches Mitgefühl, daß sich alle in seiner Gegenwart ungemütlich fühlten. Da Admiralität und Parlament offiziell Kutuzovs Befehl billigten, einen Rebellenplaneten zu zerstören — der Kaiserliche Rat hatte festgestellt, daß diese drastische Maßnahme die Revolte eines ganzen Sektors im Keim erstickt hatte —, wurde Kutuzov bei gesellschaftlichen Anlässen eingeladen.
Niemand bedauerte es jedoch, wenn er ablehnte. »Die größte Schwierigkeit sind diese vertrottelten russischen Sitten«, hatte Sinclair festgestellt, als die Offiziere der MacArthur ihren neuen Admiral zerpflückten.
»Das gilt genauso für die Schotten«, gab der Erste Offizier Cargill zurück. »Zumindest verlangt er nicht von uns, daß wir Russisch verstehen. Er spricht sehr gut Anglic.«
»Soll das vielleicht heißen, daß wir Schotten nich' Anglic können?« erkundigte sich Sinclair erregt.
»Na, raten Sie mal.« Doch dann lenkte Cargill doch lieber ein.
»Natürlich nicht, Sandy. Nur manchmal, wenn Sie sich aufregen, versteh' ich Sie nicht, aber ... da, mögen Sie noch einen Drink?«
Und das, dachte Rod, war der Schlager gewesen: Cargill, der sein Bestes gab, Sinclair freundlich zu stimmen. Der Grund war natürlich klar. Solange das Schiff in den Werften von Neuschottland lag und den Leuten von Werftmeister Mac Pherson ausgesetzt war, gab sich Cargill alle Mühe, den Ersten Maschinisten nicht zu verärgern — oder sonst einen Schotten. Es konnte ihm sonst passieren, daß seine Kabine ausgebaut wurde, wenn man nicht noch schlimmere Sanktionen erfand.
Vizekönig Merrill hatte etwas gesagt. Rod riss sich von seinen Gedanken los und bemühte sich, in dem wirren Durcheinander von Stimmen und Geräuschen etwas zu verstehen.
»Ich sagte, Kapitän, daß ich wirklich nicht einsehe, warum diese ganze Zeremonie nicht am Boden veranstaltet werden konnte — natürlich mit Ausnahme Ihres Segens, Eminenz.«
»Es haben schon viele Schiffe Neuschottland verlassen ohne meinen Segen«, meinte der Kardinal. »Es war allerdings keines darunter, das zu einer für die Kirche so bedeutsamen Reise aufgebrochen wäre wie dieses. Nun, von heute an wird sich der junge Hardy mit der Problematik dieser Unternehmung zu befassen haben.« Er wies auf den Expeditionskaplan. David Hardy war beinahe doppelt so alt wie Blaine und
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