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Der Stachel des Skorpions

Der Stachel des Skorpions

Titel: Der Stachel des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Hardy
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stehende Lagerhallen reihten sich an den Docks auf, doch an den meisten prangten Ankündigungsschilder für geplante Wohnungen, für deren Preis Horn zehn Jahre hätte arbeiten müssen.
    Zwischen den Lagerhallen stand ein verdrecktes Backsteinhaus, ein Überbleibsel des alten Viertels, in dessen Frontfenster ein Schild ein >Möbliertes Zim-mer< anbot. Da er in bar bezahlen konnte - es hatte seine Vorteile, auf das Spesenkonto eines Paladins zurückgreifen zu können -, hatte Horn am Tag zuvor sofort einziehen können.
    Seine neue Wohnung musste ihm als Operationsbasis und hoffentlich auch als Verhörraum dienen. Damit das möglich wurde, war etwas Arbeit nötig. Der Bauplan war einfach genug: ein langer, schmaler Hauptraum, an dessen Ende eine kleine Küche abzweigte, sowie ein Badezimmer in der Ecke. An den frisch getünchten Wänden waren schon wieder erste braune Flecken durch die mattweiße Farbe zu sehen, und der harte Teppichboden knirschte unter den Füßen. Die Möblierung bestand aus einem fadenscheinigen Sofa, einem wackligen Tisch und vier Plastikstühlen sowie einem Klappbett an einer der Wände.
    Als Erstes wechselte er das Türschloss aus. Horn kannte mindestens drei Methoden, ein Schlüsselkartenschloss zu knacken, und er stand auf der richtigen Seite des Gesetzes. Manchmal war die traditionelle Technik die beste. Horn baute ein metallenes Zylinderschloss ein, das sich von beiden Seiten nur mit einem Schlüssel öffnen ließ. Schlösser dieser Art waren kaum noch zu finden, aber es gehörte zu Horns Beruf zu wissen, wo er an eine derartige Spezialausrüstung kommen konnte.
    Als Nächstes kümmerte er sich um die Fenster, eines im Hauptraum und ein zweites in der Küche. Beide Fenster wurden mit je sechs Nägeln am Rahmen befestigt, um sicherzugehen, dass sie sich nicht öffnen ließen. Danach befestigte Horn vor ihnen auch noch Metallgitter, für den Fall, dass Morten auf die Idee kam, hindurch zu springen.
    Er machte alle Stromanschlüsse - außer einem im
    Hauptraum - unbrauchbar. Dadurch funktionierte der Kühlschrank nicht mehr, aber Horn hatte ohnehin nicht vor zu kochen.
    Die letzte Veränderung der Wohnung bestand in einer Geräuschdämpfung. Er stellte einen Rauschgenerator in der Mitte des Hauptraums auf und spielte an der Einstellung, bis das Feld das gesamte Zimmer abdeckte. Jeder, der jetzt versuchte, an der Tür oder einer der Wände zu lauschen, hörte nichts weiter als ein undefinierbares Rauschen. Es war kein narrensicherer Schutz - mit dem richtigen Mikrofon konnte das Feld durchstoßen werden wie Stoff von einer Nadel -, doch es gab denkbar wenige Personen in Genf, geschweige denn in Les Rues-Basses, die über die notwendige Ausrüstung verfügten. Und Horn plante, sehr genau darauf zu achten, dass er deren Aufmerksamkeit entging.
    Das letzte Teil für den Umbau musste er aus seinem Schweber nach oben schaffen. Zum Glück besaß das Haus einen Lastenaufzug, denn den schweren Metallsessel durch das enge Treppenhaus heraufzutragen wäre Horn nicht leicht gefallen. Er warf ein Laken darüber, damit die fest montierten Fesseln keine Aufmerksamkeit erregten, und schleppte ihn zur Tür, bevor jemand Interesse an dem zeigte, was er trieb. Einmal in der Wohnung schraubte Horn den Sessel am Boden fest und überzeugte sich, dass die Fesseln in Ordnung waren.
    Damit war das Zimmer einsatzbereit. Nun brauchte er nur noch einen Mitbewohner.
    Er besuchte ein halbes Dutzend Nachtclubs und ein Dutzend Restaurants. Jedes Mal hatte er eine andere Deckgeschichte und ein anderes Aussehen. Er hatte von Leuten gehört, die ihr Aussehen unter großem Aufwand veränderten, mit Perücken, falschen Schnurrbärten und Gumminarben. Er selbst zog es vor, ohne unnötiges Gepäck zu reisen, und beschränkte sich auf simplere Mittel. Seine Haarfarbe blieb dieselbe, aber manchmal trug er das Haar glatt nach hinten gestrichen, ein anderes Mal zerzaust. In einem Restaurant hielt er seine zwei Meter eins kerzengerade, in einem anderen ließ er sich auf einen Meter siebzig sacken. Einmal trat er temperamentvoll auf und gestikulierte bei jedem Wort, das nächste Mal war er ernst und steif. Als er seine Runde beendet hatte, hätte keiner der achtzehn Leute, mit denen er gesprochen hatte, ihn auf dieselbe Weise beschrieben wie irgendeiner der anderen.
    Keiner von ihnen hatte je den Namen Henrik Morten gehört. Aber wenigstens zwei von ihnen kannten sein Gesicht. Einer arbeitete in einem Restaurant, das Morten nur einmal

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