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Der Stechlin.

Der Stechlin.

Titel: Der Stechlin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Helmuth Nürnberger
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seiner den neuen mit dem D leben lassen. Und natürlich unsern Lorenzen dazu.«
    »Ja, leben lassen«, lachte Woldemar. »Aber womit? worin? Les jours de fête…«, und er wies auf das Eierhäuschen zurück.
    »In dieser Notlage wollen wir uns helfen, so gut es geht, und uns statt andrer Beschwörung einfach die Hände reichen, selbstverständlich über Kreuz; hier: erst Stechlin und Armgard und dann Melusine und ich.«
    Und wirklich, sie reichten sich in heiterer Feierlichkeit die Hände.
    Gleich danach aber traten die beiden alten Herren an die Gruppe heran, und der Baron sagte: »Das ist ja wie Rütli.«
    »Mehr, mehr. Bah, Freiheit! Was ist Freiheit gegen Liebe!«
    »So, hat’s denn eine Verlobung gegeben?«
    »Nein… noch nicht«, lachte Melusine.

Wahl in Rheinsberg-Wutz
    Sechzehntes Kapitel
    Der andre Morgen rief Woldemar zeitig zum Dienst. Als er um neun Uhr auf sein Zimmer zurückkehrte, fand er auf dem Frühstückstisch Zeitungen und Briefe. Darunter war einer mit einem ziemlich großen Siegel, der Lack schlecht und der Brief überhaupt von sehr unmodischer Erscheinung, ein bloß zusammengelegter Quartbogen. Woldemar, nach Poststempel und Handschrift sehr wohl wissend, woher und von wem der Brief kam, schob ihn, während Fritz den Tee brachte, beiseite, und erst als er eine Tasse genommen und länger als nötig dabei verweilt hatte, griff er wieder nach dem Brief und drehte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. »Ich hätte mir, nach dem gestrigen Abend, heute früh was andres gewünscht als gerade diesen Brief.« Und während er das so vor sich hin sprach, standen ihm, er mochte wollen oder nicht, die letzten Wutzer Augenblicke wieder vor der Seele. Die Tante hatte, kurz bevor er das Kloster verließ, noch einmal vertraulich seine Hand genommen und ihm bei der Gelegenheit ausgesprochen, was sie seit lange bedrückte.
    »Das Junggesellenleben, Woldemar, taugt nichts. Dein Vater war auch schon zu alt, als er sich verheiratete. Ich will nicht in deine Geheimnisse eindringen, aber ich möchte doch fragen dürfen: wie stehst du dazu?«
    »Nun, ein Anfang ist gemacht. Aber doch erst obenhin.«
    »Berlinerin?«
    »Ja und nein. Die junge Dame lebt seit einer Reihe von Jahren in Berlin und liebt unsre Stadt über Erwarten. Insoweit ist sie Berlinerin. Aber eigentlich ist sie doch keine; sie wurde drüben in London geboren, und ihre Mutter war eine Schweizerin.«
    »Um Gottes willen!«
    »Ich glaube, liebe Tante, du machst dir falsche Vorstellungen von einer Schweizerin. Du denkst sie dir auf einer Alm und mit einem Milchkübel.«
    »Ich denke sie mir gar nicht, Woldemar. Ich weiß nur, daß es ein wildes Land ist.«
    »Ein freies Land, liebe Tante.«
    »Ja, das kennt man. Und wenn du das Spiel noch einigermaßen in der Hand hast, so beschwör’ ich dich…«
    An dieser Stelle war, wie schon vorher durch Fix, abermals (weil eine Störung kam) das Gespräch mit der Tante auf andre Dinge hingeleitet worden, und nun hielt er ihren Brief in Händen und zögerte, das Siegel zu brechen. »Ich weiß, was drin steht, und ängstige mich doch beinahe. Wenn es nicht Kämpfe gibt, so gibt es wenigstens Verstimmungen. Und die sind mir womöglich noch fataler… Aber was hilft es!«
    Und nun brach er den Brief auf und las:
    »Ich nehme an, mein lieber Woldemar, daß Du meine letzten Worte noch in Erinnerung hast. Sie liefen auf den Rat und die Bitte hinaus: gib auch in dieser Frage die Heimat nicht auf, halte Dich, wenn es sein kann, an das Nächste. Schon unsre Provinzen sind so sehr verschieden. Ich sehe Dich über solche Worte lächeln, aber ich bleibe doch dabei. Was ich Adel nenne, das gibt es nur noch in unsrer Mark und in unsrer alten Nachbar- und Schwesterprovinz, ja, da vielleicht noch reiner als bei uns. Ich will nicht ausführen, wie’s bei schärferem Zusehen auf dem adligen Gesamtgebiete steht, aber doch wenigstens ein paar Andeutungen will ich machen. Ich habe sie von allen Arten gesehen. Da sind zum Beispiel die rheinischen jungen Damen, also die von Köln und Aachen; nun ja, die mögen ganz gut sein, aber sie sind katholisch, und wenn sie nicht katholisch sind, dann sind sie was andres, wo der Vater erst geadelt wurde. Neben den rheinischen haben wir dann die westfälischen. Über die ließe sich reden. Aber Schlesien. Die schlesischen Herrschaften, die sich mitunter auch Magnaten nennen, sind alle so gut wie polnisch und leben von Jeu und haben die hübschesten Erzieherinnen; immer ganz jung, da macht es sich

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