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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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gesehen hatte – die Leere in der Mitte, die Leere, die blieb, wenn die Teile auseinander fielen. Helmos starrte in die Leere, verdutzt, entsetzt, und einen Augenblick lang sah es so aus, als würde die Leere die Welt jeglichen Lichts, jeglicher Schönheit und Wahrheit berauben.
    »Nein«, sagte er laut. »Ich werde es nicht zulassen.«
    Er starrte geradeaus ins Dunkel, ohne sich zu fürchten, und obwohl die Dunkelheit gewaltig und schrecklich anzusehen war, bemerkte er an ihrem äußeren Rand auch vier winzige Lichtpunkte. Vier Lichtpunkte, die weiterhin leuchten würden.
    Wie die Sterne. Je größer das Dunkel, desto heller leuchteten die Lichter.
    Die Götter konnten ihn, konnten Vinnengael nicht retten. Ein Mensch muss sich selbst retten oder verlieren, ganz wie er will. Die Eltern bringen einem Kind das Laufen bei. Sie sehen zu, wie es hinfällt, wie es sich den Kopf anstößt. Sie hören, wie es ängstlich weint, und sehen, dass es die Arme ausstreckt, um hochgehoben und getragen zu werden. Die Eltern weigern sich, obwohl es ihnen wehtut.
    Das Kind muss allein gehen.
    In diesem Augenblick wusste Helmos mit absoluter Sicherheit, dass die Götter sein Gebet tatsächlich beantwortet hatten. Die Antwort war nicht so ausgefallen, wie er es sich gewünscht hatte.
    Die Götter hatten ihn nicht vom harten Boden aufgehoben, ihn geküsst und getröstet, gewiegt und beschützt. Er musste allein gehen, und obwohl die Dunkelheit ihn überwältigen würde, ebenso wie die Nacht den Tag überwältigt, hatten die Götter ihm die Mittel gegeben, die Nacht zu überstehen und sich auf das neue Morgengrauen zu freuen.
    »Verzeih mir, Vater«, sagte Helmos leise, und Tränen traten ihm in die Augen. »Verzeih, dass ich an dir gezweifelt habe. Nur indem der Stein geteilt wurde, nur indem wir unsere Unterschiede akzeptieren und verstehen und achten, können wir darauf hoffen, den Stein wieder zusammenzufügen. Denn du hast gesehen, dass der Stein, wenn wir Erfolg haben, geteilt mehr sein wird denn als Ganzes.«
    Er nahm die Kette, an der der Stein der Könige hing, von seinem Hals. Er drückte die Lippen auf den Stein, küsste ihn ehrfürchtig und legte den Stein dann auf den Altar.
    Er ließ ihn dort und ging zur Tür, der Tür, die ihn zurück in die Welt bringen würde, zurück in die Dunkelheit.
    Er ging allein, aber er wusste, dass irgendwo liebevolle Eltern durch ihre eigenen Tränen hindurchspähten und jeden seiner Schritte verfolgten.
    Der Ehrenwerteste Hohe Magus hatte gehört, dass Tiere ein Erdbeben vorhersagen können. Es hieß, Hunde würden ausgesprochen unruhig und könnten nicht an Ort und Stelle bleiben, sondern liefen endlos hin und her, und wenn man sie einschloss, winselten sie und kratzten an der Tür und versuchten, nach draußen zu gelangen. Vogelschwärme flatterten plötzlich auf, bevor der Boden zu beben begann. Nun wusste der Ehrenwerteste Hohe Magus, wie sich diese Tiere fühlten.
    Es war nicht direkt ein Erdbeben. Zumindest war es nicht die Erde, die bebte. Aber der Stoff der Magie war aus dem Gleichgewicht geraten. Reinholt hatte zu Anfang winzige Risse und Beben gespürt, zu Beginn der Schlacht, und es kam ihm so vor, als würden sie an Größe und Intensität zunehmen. Reinholt saß zwar in seinem Arbeitszimmer, aber seine Gedanken waren in einem anderen Teil des Tempels, im Portal der Götter bei Helmos. Er schaute oft zur Tür hin, denn er hoffte innigst, dass der König dort hereinkommen und ihm sagen würde, dass alles in Ordnung war. Die Götter würden ihre Feinde vernichten und Dagnarus zurück in die Leere schleudern.
    Aber Stunden waren vergangen, und Helmos kam nicht, um ihm diese Nachricht zu bringen, und der Ehrenwerteste Hohe Magus war nun zutiefst besorgt. Als er zum letzten Mal mit Helmos gesprochen hatte, hatte ihm die Miene des Königs nicht gefallen. Helmos hatte ausgesehen wie einer, der seinen Glauben verloren hat, und er hatte hoffnungslos und verzweifelt gewirkt. War es der Zorn der Götter, den der Ehrenwerteste Hohe Magus nun verspürte? Zorn auf ihre Feinde? Oder auf jene, die sich entschieden hatten, ihre Warnungen zu ignorieren?
    Reinholt ging in seinem Arbeitszimmer auf und ab wie ein unruhiger Hund. Er war zwar allein in diesem Raum, aber nicht abgeschnitten von dem, was in der Stadt geschah. Er erhielt beinahe jede Minute Berichte von Kurieren, und zweifellos trugen diese Berichte zu seiner Unruhe bei. Die Verfassung, in der die Kuriere sich befanden, sprach für sich,

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