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Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Titel: Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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tief und fest. Aber selbst im Schlaf hielt er, wie man so sagt, ein Auge und ein Ohr offen.
    Ob es nun die Steine waren, Jessans Wachsamkeit oder das Gemurmel der Großmutter, eins davon funktionierte wohl, denn in den Wochen, die sie mit ihrem Boot auf dem Großen Blauen Fluss unterwegs waren, wurden sie weder von Tieren noch von Menschen behelligt. Der Große Blaue Fluss war schmal und floss rasch dahin, und an einigen Stellen gab es gefährliche Stromschnellen. Wann immer sie zu einer Stelle kamen, wo das Wasser schäumte und wirbelte, sahen sie sich dazu gezwungen, das Boot aus dem Wasser zu holen und über Land zu schleppen, bis sie die Stromschnelle passiert hatten und weiterfahren konnten. Die Trevinici bauten Boote, die leicht und einfach zu tragen waren – für zwei Trevinici. Für einen Trevinici und einen Pecwae war es schon eine Herausforderung, das Boot aus dem Wasser zu holen, nicht zu reden davon, es manchmal mehrere Meilen über Land schleppen zu müssen.
    Jessan nahm den Bug und Bashae das Heck. Der Pecwae hatte nicht genug Kraft in den Armen, um das Boot über seinen Kopf zu heben, also war er dazu gezwungen, das umgekehrte Boot auf seinen Rücken zu stützen. Als er das zum ersten Mal tat, hatte er kaum ein paar Schritte hinter sich gebracht, als er auch schon unter dem Gewicht zusammenbrach.
    »Bei diesem Tempo«, sagte Jessan und zog seinen Freund unter dem Boot hervor, »werden wir das Elfenland erst erreichen, wenn ich so alt bin, dass ich über meinen Bart stolpere. Was sollen wir nur tun?«
    Die Großmutter begann zu singen.
    Sie sang von Disteln und Pflanzensamen, die im Wind trieben, von Spinnweben und Entenfedern und Seidenfäden. Während sie sang, fuhr sie mit der knotigen Hand über das glatt gehobelte Holz des Bootes, und plötzlich war das Boot leicht genug, dass Bashae es alleine tragen und im Laufschritt mitnehmen konnte. Danach war die Reise den Großen Blauen Fluss entlang friedlich und idyllisch. Jedes Mal, wenn sie zu einer Stromschnelle kamen, sang die Großmutter ihnen das Boot auf die Schultern.
    Auf den Pfaden entlang der Stromschnellen, die viele Füße im Lauf von Jahrhunderten ausgetreten hatten, erinnerte sich Jessan mehr als einmal daran, wie wütend er gewesen war, als er zum ersten Mal hörte, dass die Großmutter mitkommen würde. Er war vollkommen sicher gewesen, dass die alte Frau eine Last sein und sie nur aufhalten würde. Nun hatte er eine wichtige Lektion gelernt. Danach war er der Großmutter gegenüber von tiefem Respekt erfüllt und half ihr jeden Morgen, ihre siebenundzwanzig Türkise aufzulesen. Falls die Großmutter diese Veränderung bemerkte und darüber lächelte, war sie weise genug, das nur zu tun, wenn Jessan ihr den Rücken zuwandte.
    Der Große Blaue Fluss floss zwischen dicht bewaldeten Ufern dahin. Äste hingen über den Fluss, und Sonnenlicht und Schatten malten Flecke auf die Wasseroberfläche. Trauerweiden klammerten sich ans Ufer. Bashae spürte, wie die zarten Blätter über sein Gesicht strichen, wenn das Boot unter ihnen hindurchfuhr. Wenn es ein grauer, regnerischer Tag war, glitten die drei durch die dunklen Schatten miteinander verwobener Äste. Dank der raschen Strömung und der Hilfe der Großmutter bei den Stromschnellen war dieser erste Teil ihrer Reise der einfachste.
    Sobald sie den Großen Blauen Fluss hinter sich hatten, würden sie auf dem Meer von Redesh weiterfahren. Dort würden sie langsamer vorankommen, weil ihnen die Strömung nicht half. Und daher erklärte Jessan (so sehr er es persönlich auch bedauerte), dass sie keine Zeit für den Umweg über Vilda Harn hatten, der Stadt, die die Trevinici als ihre betrachten.
    Bashae hätte vielleicht versucht, Jessan zu überreden, aber der Pecwae war auch ganz versessen darauf, das Meer von Redesh zu sehen, denn es war – so hatte man ihm erzählt – ein solch gewaltiges Gewässer, dass es über den Horizont hinausreichte. Jessan glaubte, sie seien schon nah am Meer (das eigentlich kein Meer war, sondern ein großer See), aber er wusste es nicht mit Sicherheit. Rabe hatte angenommen, dass sie zwanzig Tage für den Großen Blauen Fluss brauchen würden. Nun stand der zwanzigste Sonnenaufgang bevor.
    »Onkel Rabenschwinge sagte, bevor wir zum Meer von Redesh kommen, kommen wir an den Liebenden vorbei – zwei gigantischen Felsformationen, viel größer als ein Mensch, zu beiden Seiten des Großen Blauen Flusses«, erklärte Jessan an diesem Morgen, als sie ihre Plätze im Boot

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