Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
übrig.
Und dann benutzte die Person, die Svelanas Messer genommen hatte, das Blutmesser ein zweites Mal. Shakur wartete. Durchdrungen von der Macht der Leere griff er im Geist über die Leere hinaus und packte die Hand, die das Blutmesser hielt. Einen winzigen Augenblick lang sah er die Person, die das Messer benutzte. Es war ein Trevinici, der mit dem Blutmesser einen Fisch tötete.
Nachdem die Verbindung auf diese Weise hergestellt war, hielt sich Shakur fest daran, damit er in die Träume des jungen Mannes eindringen konnte. Das Bild des Trevinici hatte sich seinem Geist eingebrannt.
Sie waren weit voneinander entfernt, Hunderte von Meilen. Aber Shakur konnte Tag und Nacht reisen, während der junge Mann ruhen musste. Shakur würde ihn schnell einholen.
Er blieb so lange nachdenklich stehen, dass es dunkel wurde und er es noch nicht einmal bemerkte. Dann stieg er wieder aufs Pferd und machte sich auf den Weg, das Gesicht des jungen Mannes vor Augen. Er würde diesem Gesicht folgen wie orkische Seeleute dem Nordstern, den sie als Leitstern bezeichneten.
Der Stein der Könige reist nach Norden,
sagte Dagnarus.
Er reist nach Norden und nach Süden.
Shakur wendete sein Pferd nordwärts.
Der Stein der Könige reiste in dem magischen Rucksack, den der Pecwae trug, nach Norden. Ebenso wie das Blutmesser.
Bashae als Überbringer trauriger Nachrichten und eines Unterpfands der Liebe wusste, dass er eine schwere Verantwortung trug, aber er ließ sich die Reise dadurch nicht verderben. Jeder Tag brachte wunderbare, neue Erfahrungen, neue Aussichten, neue Geräusche. Was immer der Tag ihm schenkte, Bashae dankte den Göttern dafür, bevor er sich zur Ruhe legte, und fügte seine Gebete dem Gemurmel der Großmutter hinzu, wenn er zum Klicken ihrer Steine einschlief.
Auch Jessan hatte seinen Spaß, wenn auch nicht auf die unbeschwerte Weise seines Freundes. Jessan war sich der Last der Verantwortung, die er trug, stets bewusst: Verantwortung für die Sicherheit der beiden Pecwae, für den erfolgreichen Abschluss der Reise und die Übergabe dessen, was der Ritter ihnen anvertraut hatte. Er war ihr Führer. Er legte jeden Tag ihren Kurs fest. Er entschied darüber, wie weit sie reisen und wann sie eine Rast einlegen sollten. Er wählte den Lagerplatz aus.
Zu Beginn ihrer Reise hatte er Wache halten wollen, denn es gab wilde Tiere in den Wäldern und manchmal auch böse Menschen, die sich auf unglückliche Reisende stürzten, die in der Wildnis allein waren. Bashae bot an, sich die Wache mit Jessan zu teilen.
In der allerersten Nacht hatte Bashae wirklich die besten Absichten, wach und aufmerksam zu bleiben, aber die dunklen Stunden sind nun einmal die Zeit, in der ein Pecwae die Traumwelt besucht. Jessan wachte weit nach der Zeit auf, zu der Bashae ihn hätte wecken sollen, und fand seinen Freund zusammengerollt und fest schlafend vor. Da Jessan nicht die ganze Nacht aufbleiben und am nächsten Tag das Boot paddeln konnte, gab er widerstrebend den Gedanken an eine Wache auf, aber er verkündete resigniert, dass er es für sehr wahrscheinlich hielt, dass man ihnen im Schlaf die Kehle durchschneiden würde.
»Bah!«, sagte die Großmutter. »Wozu ist Wache halten schon gut? Die sterblichen Augen sind im Dunkeln zu blind, um viel sehen zu können. Die sterblichen Ohren sind offen für jedes Geräusch und hören zu viel. Der Stock« – sie zeigte auf den Stock mit den Achataugen – »sieht nichts Böses in unserer Nähe. Du kannst dem Stock vertrauen.«
Jessan sah sie zweifelnd an.
»Also gut«, fügte die Großmutter gereizt hinzu. »Wenn es dir dabei hilft, nachts besser zu schlafen, und wenn ich damit erreichen kann, dass du mich nicht aufweckst, indem du umherschleichst, werde ich dafür sorgen, dass niemand uns stört.«
Am nächsten Abend legten sie nach einer Fischmahlzeit ihre Decken dicht zusammen. Die Großmutter bestand darauf, dass sie im selben Bereich schliefen. Jessan sah zu, wie sie im Kreis um die Decken herumging, dabei vor sich hinmurmelte und in bestimmten Abständen Türkise auf den Boden legte.
»Siebenundzwanzig Steine«, sagte sie. »Ein Schutzkreis, den kein Wesen durchbrechen kann, das in böser Absicht kommt.«
Jessan erinnerte sich an den Befehl seines Onkels, die Großmutter mit Respekt zu behandeln, und hielt pflichtbewusst den Mund, und das an jedem Abend, solange die Großmutter mit ihrem Murmeln und Steinlegen beschäftigt war, und er schlief in dem Kreis, den sie geschaffen hatte,
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