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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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liegen sah, hob er ihn, ohne lange nachzudenken, auf und trug ihn in die Hütte. Bekan hatte den Körper des Mönchs übel zugerichtet, so lange mit seinem Schwert auf ihn eingeschlagen, bis er kaum noch als menschlich zu erkennen war. Hakon legte den Kopf dazu, griff wie in Gedanken nach der Kette mit dem blutigen Kreuz und hängte sie sich um den Hals. Immer noch wie in Trance ging er nach draußen und holte einen Felsbrocken nach dem anderen in die Hütte, bis die Steine den toten Mönch vollständig bedeckten. »Dein Gott möge dir gnädig sein«, flüsterte er.

21
    Hakon stieg auf das Pferd des toten Berserkirs und ritt aus der Schlucht. Das Kreuz auf seiner Brust leuchtete in der schwachen Sonne. Ohne das magische Buch unter seinem Wams fühlte er sich ausgelaugt und leer, als wäre mit dem Bild der Frau auch der Zauber verloren gegangen. Er hütete sich, den Göttern einen Vorwurf zu machen. Dass Ivar das Buch zurückgeholt hatte, war seine eigene Schuld. Ein erfahrener Krieger hätte den Mönch niemals mit dem Buch allein gelassen.
    Mit einem wütenden Schenkeldruck lenkte er das Pferd zwischen den Felsen hindurch. Der Wallach, ein stämmiges Arbeitspferd, wieherte unwillig. Hakon kümmerte sich nicht darum, war mit seinen Gedanken ganz woanders. Hatte ihm der Pfaffe genug gesagt? Lebte die geheimnisvolle Frau wirklich in Grünland? Oder gab es ein unbekanntes Land, das noch kein Landsucher gesehen hatte?
    Er würde es herausfinden, auch ohne das Buch, denn noch einmal würde Ivar nicht zulassen, dass es in seine Hände fiel. Hakon war bereit, sich ihm zu stellen, doch wenn er gegen die ganze Sippe antrat, konnte er sich genauso gut selbst das Schwert in die Brust rammen.
    Deshalb zögerte er auch nur kurz, als er den Karrenweg erreichte. Es hatte keinen Zweck, weiter nach Norden zu reiten und zu versuchen, Ivar dem Einarmigen das Buch wieder abzunehmen. Sobald der vom Tod des Berserkirs hörte, würde er mit allen Männern des Hofes aufbrechen, um Hakon zu fangen und auf grausame Weise zu töten. Nur ein Narr ritt einer solchen Streitmacht entgegen, so gerne er seine Eltern auch besucht hätte. Ihr Haus lag keine halbe Tagesreise entfernt in einem schmalen Tal. Aber dort würde Ivar zuerst suchen, wenn er ihn auf dem Weg zum Wasserfall nicht fand. Und wenn Hakon zu seinen Eltern ritt, würde man nicht nur ihn, sondern auch sie aus dem Weg räumen.
    Widerwillig wandte er sich nach Westen und trieb den Wallach wieder zu einer schnelleren Gangart an. Er war kein besonders guter Reiter, hatte Pferden nie viel abgewinnen können. Auf den schwankenden Planken eines Schiffes fühlte er sich wohler, das Meer war sein eigentliches Zuhause. Das empfand er auch jetzt so, als er an der felsigen Küste entlangritt und die sanften Wellen in der Sonne glitzern sah. Ah, was für ein Anblick! Die endlose Weite und der Geschmack von Salz und Tang konnten einen Mann schon länger verweilen lassen, doch seine Gedanken kreisten nur noch darum, wie er am schnellsten und sichersten den nächsten Hafen erreichen konnte. Vielleicht spürte er die Frau aus seinen Träumen in Grünland auf.
    Um nicht fahrenden Händlern oder berittenen Eisländern zu begegnen, verließ Hakon nach einiger Zeit den Karrenweg und ritt querfeldein. Der Wallach schnaubte mürrisch. Die schwarzen Lavafelsen reichten bis weit in das Land hinein und zwangen zu beschwerlichen Umwegen. Er kam viel zu langsam voran. Erst als er die Weiden eines früheren Nachbarn erreicht hatte, konnte sein Pferd wieder schneller traben. Nicht weit von einer Schafherde, die von einem Sklaven beaufsichtigt wurde, ritt Hakon über die geschwungenen Hügel, der Küste im Südwesten und einem der größten Anlegeplätze der Insel entgegen. Noch eine Tagesreise trennte ihn von seinem Ziel, und auch dann würde er noch lange nicht in Sicherheit sein. Zuerst musste er ein Schiff finden. Zur Not würde er sein ganzes Silber opfern, um nach Grünland reisen zu können.
    Hakon blickte sich aufmerksam um. Links von ihm fiel das Land in sanften Hügeln zur Küste ab, rechts stieg es bis zu den felsigen und zerklüfteten Bergen an. Mit Gras bewachsene Flecken hoben sich dunkelgrün gegen das eintönige Schwarz der Felsen ab. In der Ferne leuchtete Wasser, wahrscheinlich eine der zahlreichen heißen Quellen, die es in dieser Gegend gab. Außer ein paar verirrten Schafen war kein Lebewesen zu sehen. Erst als er die heiße Quelle erreichte und im aufsteigenden Rauch am Ufer entlangritt, sah er

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