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Der Steppenwolf

Der Steppenwolf

Titel: Der Steppenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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seiner über Maria zu verfügen.
    »Pablo«, sagte ich erschrocken, »Sie wissen nicht, was Sie da sagen. Seine Geliebte an einen andern für Geld abtreten, das gilt bei uns für das Allerschimpflichste. Ich habe Ihren Vorschlag nicht gehört, Pablo.«
    Mitleidig sah er mich an. »Sie wollen nicht, Herr Harry. Gut. Sie machen immer sich selber Schwierigkeiten. Dann schlafen Sie also heute nacht nicht bei Maria, wenn Ihnen das lieber ist, und geben Sie mir das Geld so, Sie werden es zurückbekommen. Ich brauche es notwendig.«
    »Wofür denn?«
    »Für Agostino – wissen Sie, das ist der Kleine von der zweiten Violine. Er ist schon acht Tage krank, und niemand sieht nach ihm, Geld hat er keinen Pfennig, und jetzt ist auch meines ausgegangen.«
    Aus Neugierde, und ein wenig auch zur Selbstbestrafung, ging ich mit zu Agostino, dem er Milch und Medizin in seine Dachkammer brachte, eine recht elende Dachkammer, dem er das Bett frisch aufschüttelte, das Zimmer lüftete und eine hübsche kunstgerechte Kompresse um den fiebernden Kopf machte, alles rasch und zart und sachkundig, wie eine gute Krankenschwester. Am gleichen Abend sah ich ihn, bis in die Morgenstunden, in der City-Bar musizieren.
    Mit Hermine sprach ich oft lange und sachlich über Maria, über ihre Hände, Schultern, Hüften, über ihre Art zu lachen, zu küssen, zu tanzen.
    »Hat sie dir das schon gezeigt?« fragte Hermine einmal und beschrieb mir ein besonderes Spiel der Zunge beim Kuß. Ich bat sie, es mir doch selbst zu zeigen, doch wies sie mich ernsthaft ab. »Das kommt später«, sagte sie, »noch bin ich nicht deine Geliebte.«
    Ich fragte sie, woher sie denn Marias Kußkünste und manche geheime, nur dem liebenden Mann bekannte Besonderheiten ihres Lebens kenne.
    »O«, rief sie, »wir sind doch Freunde. Glaubst du denn, wir hätten Geheimnisse voreinander? Ich habe oft genug bei ihr geschlafen und mit ihr gespielt. Nun ja, du hast da ein schönes Mädchen erwischt, die kann mehr als andre.«
    »Ich glaube doch, Hermine, daß auch ihr noch Geheimnisse voreinander habt. Oder hast du ihr auch über mich alles gesagt, was du weißt?«
    »Nein, das sind andere Sachen, die sie nicht verstehen würde. Maria ist wunderbar, du hast Glück gehabt, aber zwischen dir und mir gibt es Dinge, von denen sie keine Ahnung hat. Ich habe ihr viel über dich gesagt, natürlich, viel mehr, als dir damals lieb gewesen wäre – ich mußte sie doch für dich verführen! Aber verstehen, Freund, so wie ich dich verstehe, wird Maria dich nie und keine andere. Ich habe auch von ihr noch einiges zugelernt – ich weiß über dich, soweit Maria dich kennt, Bescheid. Ich kenne dich beinah so gut, wie wenn wir oft miteinander geschlafen hätten.«
    Als ich wieder mit Maria zusammenkam, war es mir wunderlich und geheimnisvoll, zu wissen, daß sie Hermine ebenso an ihrem Herzen gehabt hatte wie mich, daß sie deren Glieder, Haar und Haut genauso befühlt, geküßt, gekostet und geprüft habe, wie die meinen. Neue, indirekte, komplizierte Beziehungen und Verbindungen tauchten vor mir auf, neue Liebes- und Lebensmöglichkeiten, und ich dachte an die tausend Seelen des Steppenwolftraktates.
    In jener kurzen Zeit, zwischen meinem Bekanntwerden mit Maria und dem großen Maskenball, war ich geradezu glücklich und hatte dabei doch niemals das Gefühl, dies sei nun eine Erlösung, eine erreichte Seligkeit, sondern spürte sehr deutlich, daß dies alles Vorspiel und Vorbereitung sei, daß alles heftig nach vorwärts dränge, daß das Eigentliche erst komme.
    Vom Tanzen hatte ich so viel gelernt, daß es mir nun möglich schien, den Ball mitzumachen, von dem mit jedem Tage mehr die Rede war. Hermine hatte ein Geheimnis, sie blieb fest dabei, mir nicht zu verraten, in welcher Maskentracht sie erscheinen werde.Ich werde sie schon erkennen, meinte sie, und sollte ich es daran fehlen lassen, so werde sie mir helfen, aber vorher dürfe ich nichts wissen. So war sie auch gar nicht neugierig auf meine Maskenpläne, und ich beschloß, mich gar nicht zu kostümieren. Maria, als ich sie zum Ball einladen wollte, erklärte mir, daß sie für dies Fest schon einen Kavalier habe, besaß auch wirklich schon eine Eintrittskarte, und ich sah etwas enttäuscht, daß ich das Fest nun allein werde besuchen müssen. Es war der vornehmste Kostümball der Stadt, der alljährlich in den Globussälen von der Künstlerschaft veranstaltet wurde.
    In diesen Tagen sah ich Hermine wenig, aber am Tag vor dem Ball war

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