Der sterbende Detektiv - Roman
bereits eine gute Woche verstrichen, und laut Jarnebring war es einem Wunder gleichgekommen, dass es seinen Kollegen und ihm überhaupt noch gelungen war, Zeugen zu finden, die sie in der Gegend gesehen hatten und sogar in der Straße, in der sie mit ihrem Vater gewohnt hatte.
Die ganze Woche über hatte gutes Wetter geherrscht, und der Wetterbericht hatte für das Wochenende ebenso gutes Wetter vorhergesagt. Die Schulferien hatten begonnen, es war Urlaubszeit. Die wohlhabenden Leute, die in der Gegend wohnten, besaßen entweder eigene Sommerhäuser oder waren zu guten Freunden oder Bekannten eingeladen worden. Es gab eine Aufstellung, aus der hervorging, dass nur fünf Anwohner am Freitagabend des 14. Juni, dem Abend des Verschwindens Yasmines, zu Hause gewesen waren – und zwar nur ältere Leute, die entweder bereits zu Bett gegangen waren oder sich im Haus aufgehalten hatten, weil es dort kühler gewesen war. Sie hatten gelesen, Radio oder Schallplatten gehört oder ferngesehen … Sie hatten nichts gesehen und gehört, was außerhalb ihres Heimes, ihrer Burg, vorgegangen war.
»Das brauche ich dir ja nicht lange zu erklären, Lars«, meinte Jarnebring, »aber für eine Nachbarschaftsbefragung
hätte sie sich keinen schlechteren Zeitpunkt als den Freitagabend aussuchen können. Sommer in Schweden, Schulferien, Urlaubszeit. Ein Alptraum für jeden Polizisten, der die Befragung durchführt.«
»Du sagst es«, meinte Johansson und nickte.
Ich frage mich, was der Täter dort zu suchen hatte, dachte er. An einem Freitag- und Sommerabend. Gutes Wetter war auch noch. Weshalb hielt er sich dort auf? Ein Mann, der mit größter Wahrscheinlichkeit nicht einmal dort gewohnt hatte. Warum war er nicht in der Stadt und fuhr mit seinem roten Golf durch die Gegend, um kleinen Mädchen hinterherzugaffen, die in kurzen Röcken herumrannten und spielten? Obwohl diese so spät eigentlich gar nicht mehr auf der Straße waren.
»Mir ist es gelungen, unseren Bericht zur Nachbarschaftsbefragung zu finden«, sagte Jarnebring. »Eine Aufstellung sämtlicher Personen, die zum Tatzeitpunkt dort wohnten. Es gab nur Wohnhäuser, keine Büros, das hat Vorteile. Die Vernehmungsprotokolle sind allerdings nicht sortiert.«
»Sofern es eine Liste gibt, geht das schon«, meinte Johansson. Wahrscheinlich hat dieser Bäckström mit seinen fetten Fingern alles durcheinandergebracht, dachte er.
»Mit den Nachforschungen nach dem Golf sieht es schlechter aus«, sagte Jarnebring. »Ich finde keinen Ausdruck auf Papier, der den Computercrash überdauert hätte. Es muss einen gegeben haben, aber der scheint auf Abwege geraten zu sein. Jene Fahrzeughalter, die sich im Vorstrafenregister fanden, müssten wir im Diarium finden, ansonsten ist vermutlich nichts mehr zu machen.«
Hat sicher Bäckström in den Papierkorb geworfen, dachte Johansson.
»Wir müssen das Beste draus machen«, sagte Johansson. »Wir müssen halt eine neue Liste erstellen.«
»Klar«, sagte Jarnebring. »Meinetwegen, aber ich glaube nicht daran. Das habe ich bereits gesagt, obwohl du auf diesem Ohr nicht hören willst.«
»Margaretha Sagerlied«, sagte Johansson. »Hast du ihr Vernehmungsprotokoll gefunden?« Manchmal könnte man denken, Bo hätte den Schlaganfall erlitten, dachte er.
»Yes«, sagte Jarnebring. »Zwei Stück. Die erste Vernehmung fand am Dienstag, den 2. Juli, statt, da waren also zweieinhalb Wochen seit Yasmines Verschwinden vergangen. Die alte Dame war wie alle anderen verreist gewesen. Dann wurden einen guten Monat später, am Freitag, den 9. August, noch einige ergänzende Fragen gestellt.«
»Ich höre«, sagte Johansson.
»Es ist mir gelungen, die beiden Vernehmungsprotokolle in dem allgemeinen Durcheinander ausfindig zu machen. Ich habe sie in dieselbe Klarsichthülle gelegt wie die Aufstellung«, sagte Jarnebring. »Willst du sie lesen?«
Jarnebring hielt eine blaue Plastikhülle in die Höhe.
»Erzähl du«, sagte Johansson und schüttelte den Kopf. Zu müde, dachte er.
»Die beiden Vernehmungen wurden von derselben Kollegin durchgeführt, von Carina Tell. Wahnsinnig hübsch und sicher zwanzig Jahre jünger als ich. Hatte gerade erst die Polizeischule absolviert. Sie war von der Ordnungspolizei in Solna abgestellt. Sie fuhr Streife. Sie war recht gewitzt. Sehr aufgeweckt, und wenn du ihre Titten …«
»Komm zur Sache«, unterbrach ihn Johansson. »Was hatte die vernommene Alte zu sagen? Diese Sagerlied.«
»Sie sei verreist gewesen«, sagte
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