Der sterbende Detektiv - Roman
Jarnebring. »Sei ein paar Tage vor Yasmines Verschwinden weggefahren und vierzehn Tage später zurückgekommen.«
»Wo hat sie sich aufgehalten?«
»In ihrem Sommerhaus in der Nähe von Vaxholm. Auf
Rindö«, sagte Jarnebring. »Große alte Holzvilla mit Glasveranda, die sie von ihrem Mann geerbt hatte. Dort hatte sie mit einer Freundin, die ebenfalls Opernsängerin gewesen war, die Ferien verbracht.«
»Und die habt ihr auch vernommen?«
»Ja, was denkst du denn?«, sagte Jarnebring. »Ihr Bericht stimmte bis ins kleinste Detail mit dem der Sagerlied überein. Die Freundin war im Übrigen noch älter. An die achtzig, wenn ich mich recht entsinne. Diese Freundin muss eine richtige Berühmtheit gewesen sein.«
»Okay«, meinte Johansson. »Und was wusste sie zu erzählen, diese Margaretha Sagerlied?« Könnte stimmen, dachte er. Gab sie sich mit einer acht Jahre älteren Person ab, muss sie gute Gründe gehabt haben.
»Im Wesentlichen vier Dinge«, sagte Jarnebring. »Zum einen, dass sie in der Angelegenheit nichts beizutragen habe. Sie sei schließlich zum fraglichen Zeitpunkt verreist gewesen.«
»Und zum Zweiten?«
»Dass sie Yasmine kannte. Die kleine Yasmine sei mehrere Male bei ihr zu Hause gewesen. Hübsch und nett und wohlerzogen, laut der Sagerlied. Sie hätten auch zusammen Klavier gespielt und gesungen. Die Vorkommnisse hatten sie natürlich entsetzt und beunruhigt. Gleichzeitig war sie hundertprozentig davon überzeugt gewesen, dass es sich nicht in ihrer Wohngegend zugetragen haben konnte, nicht in Äppelviken in Bromma, dort wohnten schließlich ausschließlich anständige und gebildete Menschen.«
»Und zum Dritten?«, fragte Johansson. Keinesfalls in ihrer Wohngegend. Das muss für sie vollkommen undenkbar gewesen sein, dachte er.
»Männliche Bekannte«, sagte Jarnebring.
»Ja, wie sah es mit denen aus?«
»Es gab keine«, sagte Jarnebring. »Keine Kinder, keine
Enkel, und auch sonst niemanden. Weder auf ihrer Seite noch auf der Seite ihres Mannes. Sie kannte auch keine jüngeren Leute, weder Frauen noch Männer. Es gab alte Freunde und Freundinnen in ihrem Alter, die denselben Hintergrund wie sie selbst hatten. Alte Sänger und Sängerinnen, Leute, die an der Oper und am Theater gearbeitet hatten, Schauspieler, die Promis ihrer Zeit, wenn man so will.«
»Aber verdammt noch mal«, sagte Johansson. »Du hast doch den Kasten gesehen, in dem sie gewohnt hat. Sie muss doch zumindest eine Putzfrau gehabt haben!« Die ihren Abwasch erledigt hat, dachte er. Mit abgenutzten, roten Gummihandschuhen, da ihre Arbeitgeberin in solchen Dingen sicher sehr geizig war.
»Diese Frage hat die Kollegin Tell auch gestellt. Wie gesagt, war sie ein aufgewecktes Mädchen. Die Alte behauptete, selbst zu putzen. Zum Großreinemachen vor Weihnachten würde sie eine Putzfirma beschäftigen. Im Frühling dasselbe, wenn die Fenster geputzt werden müssten und alles für den Sommer in Schuss gebracht werden müsste.«
»Unsinn«, schnaubte Johansson. »Und Handwerker? Hatte sie irgendwelche beschäftigt?«
»Seit mehreren Jahren schon nicht mehr. Die letzten Handwerker hatte sie im Haus gehabt, als ihr Mann noch am Leben gewesen war und Regenrinnen und Fallrohre ausgewechselt werden mussten. Es waren neue aus Kupfer montiert worden, da die alten aus Blech durchgerostet waren. Das hatte offenbar ein Vermögen gekostet. Ich habe Carina angerufen und mit ihr gesprochen. Vieles sei andeutungsweise erwähnt worden. Geld und Prominente. Kaum habe man die Alte gefragt, wie der Urlaub auf dem Land verlaufen sei, da habe sie bereits erzählt, ihr Anwesen verfüge über fünfzehn Zimmer und zwei Glasveranden, und ihr Schwiegervater habe ein Vermögen dafür bezahlt.«
»Und die mobile Altenpflege?« Klar, dachte Johansson. So waren diese Leute nun mal.
»Der vertraute sie nicht. Es wäre ihr nicht im Traum eingefallen, Leute von der Altenpflege in ihr Haus zu lassen. Nicht, nachdem sie in der Zeitung von diesem Inder gelesen hatte, der eine ihm anvertraute alte Frau erwürgt hatte. Der, dessen Verfahren später wieder aufgenommen wurde, erinnerst du dich?«
»Und der vierte Punkt?«, fragte Johansson. »Worum ging es da?« An ihn erinnere ich mich, dachte er.
»Um den roten Golf, der vor ihrem Haus gestanden haben soll.«
»Und was hatte sie dazu zu sagen?«
»Nichts. Sie besaß weder ein Auto noch einen Führerschein. Niemand, den sie kannte, besaß einen roten Golf. Sie wusste nicht einmal, was das für ein Auto
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