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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Stroh hinweg und ging den beiden Männern entgegen. «Herr Uhtred», grüßte mich Sigurd spöttisch.
    «Jarl Sigurd», gab ich im gleichen Tonfall zurück.
    «Ich habe ihnen gesagt, dass Ihr kein Narr seid», sagte er. Die Sonne stand nun so niedrig am südwestlichen Horizont, dass er gezwungen war, die Augen halb zuzukneifen, um mich richtig sehen zu können. Er spuckte ins Gras. «Zehn von Euren Männern gegen acht von meinen», schlug er vor, «und zwar hier und jetzt.» Er stampfte auf das feuchte Gras. Er wollte meine Männer von der Brücke wegbringen, und er wusste, dass ich den Vorschlag nicht annehmen würde.
    «Lass mich mit ihm kämpfen», sagte der junge Mann.
    Ich warf dem Jüngling einen abschätzigen Blick zu. «Ich habe es gern, wenn meine Gegner alt genug sind, um sich zu rasieren, bevor ich sie umbringe», sagte ich und wandte mich wieder an Sigurd. «Ihr gegen mich», erklärte ich ihm, «hier und jetzt.» Ich stampfte auf den gefrorenen Schlamm der Straße.
    Er lächelte schief und entblößte dabei gelbliche Zähne. «Ich würde Euch töten, Uhtred», sagte er milde, «und damit die Welt von einem nutzlosen Rattenschiss befreien, aber dieses Vergnügen muss warten.» Er zog seinen rechten Ärmel hoch, sodass eine Schiene an seinem Unterarm sichtbar wurde. Die Schiene bestand aus zwei schmalen, länglichen Holzstücken, die mit Leinenbändern umwickelt waren. Außerdem entdeckte ich eine merkwürdige Narbe auf seiner Handfläche, zwei Schnitte, die ein Kreuz bildeten. Sigurd war kein Feigling, aber er war auch nicht so töricht, gegen mich zu kämpfen, wenn gerade die gebrochenen Knochen seines Schwertarms zusammenheilten.
    «Habt Ihr wieder gegen Frauen gekämpft?», fragte ich und nickte in Richtung der seltsamen Narbe.
    Er starrte mich an. Ich dachte, meine Beleidigung hätte ihn tief getroffen, aber er dachte offenkundig nach.
    «Lass mich mit ihm kämpfen!», wiederholte der junge Mann.
    «Sei still», knurrte Sigurd.
    Ich sah den Jüngling an. Er war etwa achtzehn oder neunzehn Jahre alt, würde bald seine volle Manneskraft erreichen und besaß das großtuerische Gehabe eines selbstbewussten jungen Mannes. Sein Kettenhemd war von guter Machart, vermutlich aus dem Frankenreich, und er trug mehrere Armringe, wie sie die Dänen so lieben, trotzdem hatte ich den Verdacht, dass ihm dieser Reichtum geschenkt worden war und er ihn nicht auf dem Schlachtfeld erworben hatte. «Mein Sohn», stellte ihn Sigurd vor. «Sigurd Sigurdson.» Ich nickte ihm zu, während Sigurd der Jüngere mich einfach nur feindselig anstarrte. Er wollte sich unbedingt beweisen, aber sein Vater ließ es nicht zu. «Mein einziger Sohn», sagte er.
    «Er scheint sich den Tod zu wünschen», sagte ich, «und wenn er kämpfen will, werde ich ihm seinen Wunsch erfüllen.»
    «Seine Zeit ist noch nicht gekommen», sagte Sigurd, «das weiß ich, weil ich mit Ælfadell gesprochen habe.»
    «Ælfadell?»
    «Sie kennt die Zukunft, Herr Uhtred», sagte er, und seine Stimme war ernst, ohne die geringste Spur von Spott, «sie sagt die Zukunft voraus.»
    Ich hatte schon Gerüchte über Ælfadell gehört, Gerüchte, die so nebelhaft waren wie Rauch, Gerüchte, die durch Britannien zogen und in denen es hieß, es gäbe eine nordische Zauberin, die mit den Göttern sprechen könne. Schon bei der Erwähnung ihres Namens, der sich beinahe genauso anhörte wie unser Wort für Albtraum, bekreuzigten sich die Christen.
    Ich zuckte mit den Schultern, als wäre mir Ælfadell gleichgültig. «Und was erzählt das alte Weib?»
    Sigurd verzog das Gesicht. «Sie sagt, kein Sohn Alfreds wird jemals in Britannien regieren.»
    «Ihr glaubt ihr?», fragte ich, obgleich ich sehen konnte, dass er es glaubte, denn er redete so selbstverständlich darüber, als ginge es um den Preis für einen Ochsen.
    «Ihr würdet ihr ebenfalls glauben», sagte er, «nur dass Ihr nicht mehr lange genug lebt, um ihr zu begegnen.»
    «Hat sie Euch das gesagt?»
    «Wenn Ihr und ich uns treffen, sagt sie, dann wird Euer Anführer sterben.»
    «Mein Anführer?» Ich gab vor, belustigt zu sein.
    «Ihr», kam es grimmig von Sigurd.
    Ich spie ins Gras. «Ich vermute, Eohric bezahlt Euch gut für diese Zeitverschwendung.»
    «Er wird zahlen», sagte Sigurd schroff, dann drehte er sich um, nahm seinen Sohn am Ellbogen und ging weg.
    Ich hatte mich herausfordernd gegeben, doch in Wahrheit krümmte sich meine Seele vor Angst. Und wenn Ælfadell, die Magierin, nun die Wahrheit gesagt

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