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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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rückten nicht ungeordnet vor wie die erste Gruppe, sondern wohlüberlegt. Dies waren Männer, die im Schildwall getötet hatten, die ihr Handwerk verstanden, deren Schilde sich überlappten und deren Waffen im Licht der niedrig stehenden Sonne glitzerten. Sie würden nicht losstürmen und stolpern. Sie würden langsam anrücken und ihre langen Speere benutzen, um unseren Wall aufzubrechen und so ihren Schwertmännern und Axtmännern den Weg in unsere Reihen freizumachen.
    «Gott, kämpfe für uns!», rief Willibald, als die Dänen die Brücke erreichten. Sie betraten sie vorsichtig, ohne Hast, und behielten uns genau im Blick. Einige brüllten Beleidigungen, doch ich hörte sie kaum. Ich beobachtete sie. Mein Gesicht war mit Blut verschmiert, Blut klebte zwischen den Gliedern meines Kettenhemdes. Mein Schild wurde von einem dänischen Schwert beschwert, und Wespenstachels Klinge war gerötet. «Schlachte sie ab, o Herr!», betete Willibald. «Metzle die Heiden nieder! Erschlage sie, Herr, in Deiner großen Gnade!» Die Mönche hatten wieder mit ihren Gesängen angefangen. Die Dänen zogen die toten oder sterbenden Männer zurück, um Platz für ihren Angriff zu schaffen. Sie waren inzwischen nahe, sehr nahe, aber noch nicht in Reichweite unserer Klingen. Ich beobachtete, wie sich ihre Schilde wieder übereinanderlegten, sah, wie sich ihre Speerspitzen aufrichteten, und hörte den Angriffsbefehl.
    Und ich hörte Willibalds schrille Stimme über all dem Durcheinander. «Christus ist unser Anführer, ihr kämpft für Christus, wir können nicht scheitern.»
    Und ich lachte, als die Dänen kamen. «Jetzt!», rief ich den beiden Männern zu, die bei den Mönchen standen. «Jetzt!»
    Das große Banner fiel nach vorn. Es hatte die Frauen an Alfreds Hof Monate der Arbeit gekostet, Monate, in denen sie winzige Stiche mit kostspieliger gefärbter Wolle ausführten, Monate der Hingabe und des Gebets und der Liebe und der Kunstfertigkeit, und nun fiel die Christusgestalt nach vorn auf die Dänen. Die riesige Stoffbahn aus Leinen und Wolle fiel wie ein Fischernetz über ihre erste Reihe, sodass die Männer nichts mehr sahen, und als es sich ganz gesenkt hatte, gab ich den Befehl, und wir griffen an.
    Es ist leicht, einer Speerklinge auszuweichen, wenn der Mann, der sie hält, seinen Gegner nicht sehen kann. Ich rief den Männern in unserem zweiten Rang zu, dass sie die Waffen packen und zur Seite ziehen sollten, während wir die Speerkämpfer töteten. Cerdics Axt fuhr durch Leinen, Wolle, Eisen, Knochen und Hirnmasse hinab. Wir brüllten, wüteten, und wir schufen eine neue Barrikade aus Dänenkörpern. Einige schlitzten das Banner auf, das sie einhüllte und blind werden ließ. Finan schmetterte seine scharfe Klinge auf die Handgelenke der Speerträger. Die Dänen versuchten verzweifelt, der behindernden Stoffbahn zu entkommen, und wir hackten, schnitten und hieben, während um uns herum der Rauch des zerstreuten Schilfs dichter wurde. Ich spürte Wärme an den Füßen. Endlich fingen die Balken Feuer. Sihtric, das Gesicht zur zähnefletschenden Grimasse verzerrt, ließ eine langstielige Axt wieder und wieder auf die unter dem Banner gefangenen Dänen herabfahren.
    Ich schleuderte Wespenstachel auf unser Ufer und griff mir eine am Boden liegende Axt. Ich habe noch nie gern mit einer Axt gekämpft. Es ist eine schwerfällige Waffe. Wenn der erste Hieb fehlgeht, braucht man lange, um neu auszuholen, und ein Gegner kann diese Momente nutzen, um selbst zuzuschlagen, doch dieser Feind war schon besiegt. Das zerfetzte Banner war nun rot von echtem Blut, ganz durchtränkt damit, und ich schlug wieder und wieder mit der Axt zu, und der Rauch raubte mir die Atemluft, und ein Däne schrie, und meine Männer brüllten, und die Sonne war ein Feuerball im Westen, und das ganze flache, feuchte Land schimmerte rot.
    Wir zogen uns von dem Gemetzel zurück. Ich sah, wie das überraschend heitere Gesicht Christi von den Flammen aufgezehrt wurde, als das Leinen Feuer fing. Leinen brennt leicht, und immer größer breitete sich die erste schwarz verkohlte Stelle über die Stofflagen aus. Osferth hatte noch mehr Schilf und Balken von der Hütte gebracht, die er eingerissen hatte, und wir warfen das Holz auf die niedrigen Flammen und sahen zu, wie das Feuer immer mehr Kraft gewann. Sigurds Männer hatten genug. Auch sie zogen sich zurück zum anderen Flussufer und sahen zu, wie sich das Feuer auf der Brücke ausbreitete. Wir zogen vier tote Gegner

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