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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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meine Schwertspitze in seinen Hals grub. «Heute ist nicht dein Todestag, Sigurd Sigurdson», sagte ich. «Und jetzt lass dein Schwert los.»
    Er gab einen jämmerlichen Laut von sich.
    «Lass dein Schwert los», knurrte ich, und dieses Mal gehorchte er. «Ist es ein Geschenk von deinem Vater?», fragte ich. Er sagte nichts. «Heute ist nicht dein Todestag», wiederholte ich, «aber es ist ein Tag, an den du noch lange denken sollst. Der Tag, an dem du Uhtred von Bebbanburg herausgefordert hast.» Ich hielt einen Moment lang seinen Blick fest, dann ließ ich Schlangenhauch zustoßen, eher aus dem Handgelenk als aus dem Arm heraus, sodass die Klingenspitze seine Schwerthand aufschlitzte. Er krümmte sich zusammen, als das Blut spritzte, dann trat ich einen Schritt weg, bückte mich und hob sein Schwert auf. «Erzähl seinem Vater, dass ich sein Knäblein verschont habe», sagte ich zu Haesten. Ich wischte die Spitze von Schlangenhauch am Saum meines Umhangs ab, warf meinem Diener Oswi das Schwert des Jungen zu und zog mich wieder in den Sattel. Sigurd Sigurdson hielt sich die übel zugerichtete Hand. «Beste Grüße an deinen Vater», sagte ich zu ihm, und dann sprengte ich davon. Ich konnte Haestens erleichterten Seufzer, weil der Junge noch lebte, beinahe hören.
    Warum hatte ich ihn am Leben gelassen? Weil er es nicht wert war, getötet zu werden. Ich wollte seinen Vater reizen, und der Tod seines Sohnes hätte das sicher erreicht, aber ich hatte nicht genügend Männer, um gegen Sigurd zu kämpfen. Um das zu tun, brauchte ich westsächsische Truppen. Ich musste warten, bis ich bereit war, bis Wessex und Mercien ihre Kräfte vereint hatten, und deshalb blieb Sigurd Sigurdson am Leben.
    Wir hielten uns nicht lange in Ceaster auf. Wir konnten die alte Festung schließlich nicht erobern, und je länger wir blieben, umso wahrscheinlicher würde es, dass Sigurd mit einer überwältigenden Übermacht anrückte. Deshalb überließen wir Merewalh die Beobachtung der Festung und ritten zu Æthelflæds Besitzung im Tal der Temes, und von dort aus schickte ich einen Boten mit der Nachricht zu Alfred, dass Haesten Sigurd Gefolgschaft geschworen hatte und dass Ceaster nicht ausreichend bemannt war. Ich wusste, dass Alfred zu krank war, um viel mit diesen Nachrichten anzufangen, aber ich vermutete, dass Edward oder vielleicht der Witan es wissen wollten. Ich erhielt keine Antwort. Der Sommer ging in den Herbst über, und das Schweigen in Wintanceaster machte mich unruhig. Wir erfuhren von Reisenden, dass der König schwächer war denn je, dass er kaum noch von seinem Lager aufstand und dass seine Familie ständig um ihn war. Von Æthelflæd hörte ich gar nichts.
    «Er hätte dir zumindest dafür danken können, dass du Eohrics Plan vereitelt hast», brummte Finan eines Abends. Er sprach natürlich von Alfred.
    «Vermutlich war er enttäuscht», sagte ich.
    «Dass du überlebt hast?»
    Ich lächelte. «Dass der Friedensvertrag nicht zustande gekommen ist.»
    Schlecht gelaunt starrte Finan durch den Palas. Das Feuer in der Mitte brannte nicht, weil es ein warmer Abend war. Meine Männer saßen ruhig an ihren Tischen, die Hunde dösten auf dem Binsenstroh. «Wir brauchen Silber», sagte Finan niedergeschlagen.
    «Ich weiß.»
    Wie hatte ich nur so arm werden können? Den größten Teil meines Geldes hatte ich für den Vorstoß nordwärts zu Ælfadell und Snotengaham verbraucht. Ich hatte zwar noch etwas Silber, doch das genügte bei weitem nicht für meinen Traum, und mein Traum war es, Bebbanburg, die mächtige Festung am Meer, zurückzuerobern. Dazu brauchte ich Männer, Schiffe, Waffen, Nahrungsmittel und Zeit. Ich brauchte ein Vermögen, und jetzt lebte ich von geliehenem Geld in einem schäbigen Palas an der Südgrenze Merciens. Ich lebte von Æthelflæds Mildtätigkeit, und die schien dahinzuschmelzen, denn ich erhielt keinen Brief von ihr. Ich nahm an, dass sie unter dem verderblichen Einfluss ihrer Familie und ihrer eifrigen Priester stand, die immer allzu bereit sind, uns zu erklären, wie wir uns verhalten sollen. «Alfred verdient dich nicht», sagte Finan.
    «Er hat gerade anderes im Sinn», sagte ich, «zum Beispiel seinen Tod.»
    «Er würde schon lange nicht mehr leben, wenn es dich nicht gäbe.»
    «Uns», sagte ich.
    «Und was hat er für uns getan?», wollte Finan wissen. «Gott und all seine Heiligen sind Zeuge, dass wir Alfreds Feinde niederwerfen, und er behandelt uns wie Hundedreck.»
    Ich sagte nichts. Ein

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