Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
strahlen und die düsteren Schatten des anderen noch bedrohlicher wirken ließen.
»Er ist ein Teufel«, hatte er sich später im Globussaal des Herzogs sagen hören. »Seine Augen glühen wie Kohlen, seine Fratze ist von der Lust zu töten entstellt, er schert sich nicht um die Autoritäten. Alles Menschliche ist ihm fremd. Und er wird weiter töten, denn er findet Gefallen daran. Ich habe für einen Moment in seinen Abgrund blicken können, und was ich dort sah, lässt mich das Schlimmste befürchten. Dieser Mann ist das Böse, das Morden ist sein Pläsier. Ich konnte seinen Hieben nur mit Glück entkommen, Gott ist mein Zeuge.«
Um die Dramatik des nächtlichen Kampfes zu unterstreichen, hatte er nicht vergessen zu erwähnen, dass man ihm sein bestes Pferd genommen hatte. »Horatio ist verloren. Mit einem gewaltigen Streich riss der Teufel mich nach zähem Ringen aus dem Sattel, dann ritt er Hohn lachend und Gott und den Herzog verspottend davon.«
Der Herzog war dem Bericht mit kopfschüttelndem Entsetzen gefolgt. Mehrmals hatte er ratlos mit den Schultern gezuckt, dann wieder zum Kanzler geblickt, so als erwarte er eine Erklärung.
Jedes Mal, wenn Rantzau den Namen des Teufels im Munde geführt hatte, wandte er sich erschrocken ab. Ein Gebet war über seine Lippen gehuscht. Er schien den Bericht seines Gesandten für bare Münze zu nehmen und im Stillen beglückwünschte sich Rantzau zu seinem gelungenen Schauspiel. Als er geendet hatte, dankte der Herzog ihm für seinen selbstlosen Einsatz und lobte seinen Mut. Ja, selbst für den Verlust des edlen Pferdes schien er aufkommen zu wollen. Der Ritter dürfe sich später ein Pferd aus den herzoglichen Ställen aussuchen, wies er seinen Kanzler mit großer Geste an.
Selbst Kanzler Kielmann schien gebannt an seinen Lippen zu hängen, auch wenn die undurchdringliche Miene dessen Gedanken nicht verriet. Rantzau fühlte sich gelöst – wie nach einer Beichte. Obwohl sie sich seit dem Treffen auf der Breitenburg nicht mehr gegenübergestanden hatten, hatte Rantzau sofort gespürt, dass die alten Brücken noch trugen. Ihr Handschlag, der Handel über den Kopf des Herzogs hinweg, hatte sie untrennbar verbunden. Zum Wohle des Landes – up ewich ungedelt.
Nach der Unterredung mit dem Herzog lud Kielmann ihn noch zu einem Spaziergang durch die herzoglichen Gärten ein. Der Kanzler schien guter Dinge zu sein, während sie über den Damm auf das Neue Werk zuschritten, berichtete er von den jüngsten Ereignissen am Hof. Als sie den Garten erreicht hatten, war er zu den Neuigkeiten aus der Gartenwerkstatt gekommen.
»Uns plagt in diesem Jahr die Trockenheit«, sagte er und wies mit einem schiefen Lächeln auf die Gartenjungen, die durch die Terrassen eilten und Pflanzen wässerten.
Rantzau nickte und schaute sich um. Auch auf seinem Grund hatten die Bauern mit der Hitze zu kämpfen, schon befürchtete man im ganzen Land schmerzhafte Ernteausfälle. Rund um die Breitenburg hielt sich der Schaden in Grenzen, die Erde war fett und schwer, kleine Flüsse und Gräben durchzogen das Gebiet. Doch in anderen Landesteilen war das Korn verdorrt, die Ackerfrüchte verkümmerten, Kohl und Rüben blieben winzig.
Was er in den herzoglichen Gärten sah, schien jedoch weit weniger dramatisch zu sein. Die Hecken grünten und in den Rabatten und Beeten blühte ein farbenfrohes Potpourri an einheimischen und exotischen Pflanzen. Der Garten war prächtig, schwerer Rosenduft zog ihm in die Nase. Offenbar konnte der Herzog sich immer noch Hunderte helfende Hände leisten.
Der Kanzler bemerkte seinen Blick. »Das Wasser im Herkulesbrunnen läuft nur noch wenige Stunden am Tag«, sagte er und zeigte auf den Koloss vor ihnen. »Und der Gartenmeister hat alle Neuanpflanzungen auf das nächste Frühjahr verschoben.«
»Also wird sich die Vollendung der Gärten weiter verzögern?« Rantzau konnte sich nicht helfen, das Wissen um die Fehlbarkeit der herzoglichen Pläne erheiterte ihn.
Kielmann, der neben ihm schritt und bereits außer Atem war, bemerkte seine Genugtuung und nickte. »Es wird Euch ebenso froh stimmen, wenn ich Euch berichte, dass jene besonderen Pläne …«, er unterbrach sich und wies auf eine brach liegende Fläche oberhalb des Brunnens, »nicht weiter vorangeschritten sind.«
Rantzau folgte dem Fingerzeig seines Begleiters, er versuchte sich auszumalen, was Friedrich III . für den besonderen Ort plante. Ein Lusthaus vielleicht, ein Refugium, um sich von den Strapazen und
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