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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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lief nicht davon. Aber er könnte später in die Gärten zurückkehren.
    Nach einem letzten Blick den Weg hinab, drehte er sich um und lief dem Kanzler nach.
    »Ach Rantzau«, hörte er, als er Kielmann erreicht hatte. »Was ich Euch immer noch fragen wollte: Was ist eigentlich aus der Dirne geworden?«
    »Die Dirne? Welche Dirne?«
    »Na, die Tote am Weiher, Ihr wisst schon …«
    Jonna. Ihr weißes Fleisch leuchtete vor seinen Augen auf, die goldene Scham, sein glühendes Siegel auf ihrer Haut. Noch immer trug er Jonnas Zopf bei sich, die Erinnerung an das Mädchen ließ ihn nicht los.
    »Verscharrt«, murmelte er und trat nach einem Käfer. »Zu Staub zerfallen.«

SIEBZEHN
    Bei Anbruch der Dunkelheit hatte er sich entschuldigt und die Tafel verlassen. Er wolle in den Stallungen noch nach einem Pferd schauen, hatte er behauptet. Niemand hatte ihn aufgehalten.
    Christian Rantzau hatte den Weg zu den Pferdeställen eingeschlagen, war dann jedoch um die langgestreckten Gebäude herum auf den Damm gelaufen. Im Schatten der Bäume hielt er auf das Neue Werk zu. Das, was er dort vor wenigen Stunden zu sehen gemeint hatte, ließ ihm keine Ruhe.
    Oss. Was trieb der Teufel auf der Schlossinsel?
    Der umfriedete Garten lag verlassen da, die Arbeiten waren bei einsetzender Dämmerung beendet worden. Kielmann hatte ihm erzählt, dass Meister Friedrichs den Burschen einen neuen Rhythmus diktiert hatte. Die Hitze gäbe den Takt für das Wässern und Pflanzen vor.
    Rantzau lauschte dem Klang seiner Schritte, die Stiefel scharrten über den trockenen Grund. Er hatte kurz überlegt, einige seiner Leute mitzunehmen, doch etwas hatte ihm gesagt, dass er dem Teufel allein gegenübertreten müsste. Und dieses Etwas lenkte ihn nun auf den Herkulesbrunnen zu.
    Die Brunnenfontänen waren tatsächlich versiegt. Es war still beim Herkules, sehr still. Im Zwielicht verblassten die Farben in den Gärten, die Vögel schwiegen, tiefe Schatten krochen aus den Hecken heran.
    Rantzau umrundete das weite Brunnenbecken und sog die Ruhe in sich auf. Die Bäume, die Stille und das Geheimnis, dachte er und ließ sich im Rücken der Statue auf dem Brunnenrand nieder. Er spürte, dass etwas passieren würde – jetzt, in dieser Nacht. Seit dem Nachmittag, seit der merkwürdigen Begegnung in den Hecken, war etwas in ihm in Schwingung geraten und nun surrte und summte sein Innerstes wie ein Bienenstock. Gott würde bei ihm sein, dachte Rantzau. Und Gott würde ihn führen.
    Ein Gebet kam ihm in den Sinn. Leise zog er den Degen aus dem Gürtel und wartete.

    Sophie war noch nicht dazu gekommen, sich zu waschen. Nach der Arbeit in den Gärten hatte sie das letzte Licht genutzt, um einige Notizen und Skizzen in ihr Gartenbuch einzutragen. Ein Geselle hatte den Garteneleven die Planungen für die nächsten Tage erläutert und neue Einteilungen vorgenommen. Dann hatte sie etwas gegessen und mit Farid verabredet, ihn später oben an ihrem Platz zu treffen. Vor dem Schlafen wollten sie noch über Christian sprechen. Darüber, was sie unternehmen könnten.
    Ihr Platz. Sophie schlug den Weg zum Herkulesbrunnen ein. Auch in der Dunkelheit fand sie sich ganz selbstverständlich in den Gärten zurecht. Hecken, Wasserläufe, Kaskaden und andere Zeichen wiesen ihr den Weg. Und die silbrig schimmernden Sommernächte an der Schlei waren freundlich und wenig Furcht einflößend. Trotzdem verspürte sie an diesem Abend eine Unruhe, die sie sich nicht erklären konnte. Als ein Schatten, eine Fledermaus vielleicht, sie streifte, zuckte sie zusammen und beschleunigte ihre Schritte.
    Da waren so viele Gedanken in ihrem Kopf. Das Schicksal ihres Bruders beschäftigte sie, das Rätsel um das so vertraute Konterfei auf dem Steckbrief – und Farid. Natürlich Farid. Inzwischen war sie zu dem Schluss gekommen, dass jene Umarmung, die sie vor einigen Nächten geteilt hatten, zwar wunderbar gewesen war, aber falsch. Sie dachte, dass sie seine Nähe, seine Zuneigung, seine zärtliche Hingabe genoss, aber sie spürte gleichzeitig, dass sie sich ihm mehr aus Rührung, Verletzlichkeit und Neugier hingegeben hatte als aus Liebe.
    Farid jedoch schien sein Herz verloren zu haben. Endgültig und hoffnungslos, so hatte er ihr gestanden. Sophie wusste, dass ihr Beharren auf Freundschaft ihn schon bald verletzen könnte. Doch sie wollte Farid nicht verlieren. In Gedanken versunken lief sie auf den Brunnen zu.
    Der Herkules schien bereits auf sie zu warten. Sein hellgrauer Stein war von einem

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