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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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ein Ziehen, Sehnsucht und Aufregung zugleich. Sie dachte, dass sie Farid noch nie so gesehen hatte. Dann schweiften ihre Gedanken zu Christian. Ihr Bruder war noch ein Junge gewesen, als er Schleswig verlassen hatte. Wie sähe er heute aus? Wäre er so groß und so stark wie Farid?
    Sophie schwamm langsam um den Herkules herum. In seinem Rücken wagte sie es, den glatten Stein zu berühren. Der von der Sonne erhitzte Körper fühlte sich fast menschlich an, unterhalb der Wasseroberfläche war der Stein glatt und von Algenwuchs überzogen. Sie ließ ihren Blick über den eigenen Körper gleiten. Auch sie war im vergangenen halben Jahr noch ein wenig in die Höhe geschossen. Inzwischen reichte sie Farid bis zum Kinn. Für ein Mädchen war sie sogar recht groß, ihre Beine waren lang und schlank, die Arbeit in den Gärten hatte Sehnen und Muskeln geformt. Noch einmal ließ Sophie ihre Hände über die Oberschenkel des Herkules wandern, dann folgte sie den Umrissen ihres Körpers.
    Plötzlich stutzte sie. War sie überhaupt noch ein Mädchen? Ihre nun leicht vorgewölbte, von Flechten bedeckte Scham und die über dem Brustkorb schwellenden Brüste hatten ihren Körper verwandelt. Und bereichert. Sie war mehr Geheimnis und mehr Empfindsamkeit als noch vor wenigen Monaten. Bisweilen war sie sich selbst fremd. Und immer wieder riss sie nachts ein Traum fort an einen ihr unbekannten Ort. Mit einem vagen Gefühl des Bedauerns wachte sie morgens daraus auf, sie suchte nach einer Antwort, doch sie wusste nicht, wonach sie sich eigentlich sehnte.
    »Sophian!«
    Sophie schreckte aus ihren Gedanken auf, sie strich das nasse Hemd herunter. Das war Farids Stimme, sie hatten sich darauf verständigt, dass er sie in den Terrassen mit ihrem alten Namen rief.
    »Sophian, schnell!«
    Die Stimme kam rasch näher, Farid schien zu laufen. Beklommen watete sie auf den Beckenrand zu, trotz der hohen Temperaturen war ihr plötzlich kalt. Was war geschehen?
    »Sophian!«
    »Am Brunnen.« Sie schwang sich auf den Beckenrand und schlang die Arme um den Körper. Das nasse Hemd kam ihr albern und kindlich vor.
    Farid winkte ihr zu, er bemerkte ihre Verlegenheit nicht. In seiner Hand schwenkte er einen Bogen.
    »Hier …« Er streckte ihr das Papier entgegen, seine Stimme schien sich überschlagen zu wollen. Außer Atem ließ er sich neben sie auf die steinerne Brüstung fallen.
    »Was ist das?« Sophie konnte nicht erkennen, was er ihr sagen wollte. Verständnislos starrte sie auf das Blatt, bis sie bemerkte, dass sie es verkehrt herum hielt.
    »So!« Farid drehte den Bogen in ihren Händen, er starrte sie an, wartete auf eine Reaktion.
    »Aber …« Sophie schlug die Hände vor den Mund, das Blatt segelte in den Sand. Ein Gesicht lag da zu ihren Füßen – ihr Gesicht. Eben noch hatte sie es im Spiegel des Brunnenwassers studiert. Ihre Lippen versuchten den Sinn der Worte zu enträtseln, die unterhalb des Bildes gedruckt waren: »Mörder gesucht – Wer kennt den Kopf der Vollmondbande?«
    »Farid, ich verstehe das nicht.« Die Worte hämmerten wie Faustschläge gegen ihre Stirn.
    »Boten haben die Flugblätter nach Gottorf gebracht, es heißt, dass man sie überall in den Herzogtümern verteilt. Ritter Rantzau soll die Bande bei einem Überfall überrascht haben, aber die Burschen sind ihm und seinen Männern entkommen. Nun lässt er mit einem Steckbrief nach den Mördern suchen. Man hat eine noch höhere Belohnung auf die Mörder ausgesetzt.«
    »Aber wie kann das sein?« Ihre Stimme versagte, sie räusperte sich. »Ich bin doch nicht …«
    Farid legte den Arm um ihre Schultern, erst jetzt schien er zu bemerken, dass sie vollkommen durchnässt war. Er drückte sie an sich.
    »Er sieht dir ähnlich …«
    »Alle Welt wird denken, dass ich …«
    Farid schüttelte den Kopf, er strich ihr über die Wange, dann bückte er sich und hob das Blatt wieder auf.
    »Schau, so schlimm ist es nicht.« Er wies auf Kinn und Nase, dann auf die verschatteten Wangen.
    »Deine Nase ist kleiner und dir fehlt das energische Kinn. Außerdem trägst du keinen Bart.«
    Sophie nickte unter Tränen, mit den Fingern fuhr sie die Konturen der Zeichnung nach. Was ging da draußen in den Wäldern vor sich?
    »Aber wie kommt Ritter Rantzau ausgerechnet auf dieses Gesicht? Er kennt mich nicht und doch …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Ein Doppelgänger …« Farid schwieg für einen Moment. »Die Gartenjungen machen sich einen Spaß daraus, sie werden dich zum Besten

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