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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Stroh.
    »Komm, du musst dich beeilen.«
    Farid riss sie mit sich, er ließ ihr noch nicht einmal Zeit, in die Schuhe zu schlüpfen. Schlaftrunken stolperte sie hinter ihm her in die Gärten, während tausend Fragen auf sie einstürmten.
    Erst als sie die erste Terrasse erreicht hatten, blieb er plötzlich stehen und drehte sich zu ihr.
    »Er ist verletzt, Sophie.«
    Sie hielt sich den Bauch, in dem das Kind wie ein Wackerstein saß, und keuchte, sah ihn an.
    »Wie ist er …?«
    Tränen stiegen ihr in die Augen und bevor sie sich mit der Hand über die Lider wischen konnte, hatte Farid sie schon in den Arm genommen. Sie roch seinen vertrauten Geruch, spürte seine Wärme, seinen Herzschlag.
    »Ich weiß nicht, wie er nach Gottorf gekommen ist. Da ist ein Pferd, ein riesiges, schwarzes Pferd.«
    »Und ist er …?«
    Sie löste sich vorsichtig aus Farids Armen, sah ihn an.
    Farid schwieg, dann strich er ihr über den Rücken. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Nein …« Farid drehte sich wieder, blickte den Hügel hinauf. »Nein«, hörte sie ihn flüstern. »Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist. Aber er ist gewiss nicht der Kopf der Vollmondbande. Er ist kein Mörder, er ist dein Bruder.« Er fasste sie wieder bei der Hand, zog sie weiter, durch die Hecken hinauf.
    »Komm, wir müssen uns beeilen.«

ACHT
    Schon beim Näherkommen sah sie, dass Christian im Sterben lag. Wie ein Ertrinkender lehnte er gegen den riesigen Körper des Pferdes, sein Gesicht war fahl. Vor dem dunklen Fell des Tieres wirkte es wie eine blasse Totenmaske. Schluchzend stürzte sie an seine Seite.
    »Christian, Christian …«
    Da waren so viele Fragen, die sie nicht stellen konnte, so vieles, das sie ihm erzählen musste. Vorsichtig hob sie seine Hand an ihre Lippen und küsste sie.
    »Da bist du.«
    Das Sprechen fiel ihm schwer, jedes Wort schien sich zwischen seine Rippen zu bohren. Sie sah das Blut, so viel Blut. Wie hatte er sich überhaupt nach Schleswig durchschlagen können?
    »Ja«, sie küsste seine Stirn, fuhr ihm zärtlich durch das verfilzte Haar. Sein langer, unendlich trauriger Blick tastete sich über ihr Gesicht, über ihren Körper.
    »Dein Haar …?«
    Sie schüttelte den Kopf, versuchte ein Lächeln zwischen all den Tränen.
    »Hier bin ich Sophian, Christian. Ein Garteneleve, ich lerne das Gartenhandwerk.«
    »Sind sie gut zu dir?«
    »Es ist alles gut, Christian. Alles ist gut.«
    Sophie hoffte, dass er das Zittern in ihrer Stimme nicht hörte. In ihrem Bauch bewegte sich das Kind.
    »Dann hat er also gelogen …«
    Erleichterung legte sich über sein Gesicht, mühsam atmete er ein und aus.
    »Wer hat gelogen?«
    Sophie setzte sich neben ihren Bruder, sie versuchte, ihn in ihre Arme zu ziehen. Ihre Augen suchten Farids Blick, der sich neben den Kopf des Pferdes gehockt hatte und über die samtenen Nüstern strich.
    »Rantzau …«
    Christian spuckte den Namen aus, dann würgte er und hustete Blut. Ein hellroter Schwall ergoss sich auf sein Hemd.
    Ritter Rantzau. Wie Eisregen fuhr ein Schauer über Sophies Rücken. Sie sah den Fremden am Herkulesbrunnen. Sie sah den Wahnsinn in seinen Augen. Wieder spürte sie seine Hände auf ihrem Körper, sein Drängen und Stoßen, seine Lust an der Gewalt. Das war Ritter Rantzau gewesen, einer der edelsten Männer des Landes?
    Wie hing das alles zusammen? Sophie senkte den Kopf, sie wollte nicht, dass Farid ihre Gedanken lesen könnte.
    »Er ist der Mörder unseres Vaters …«
    Christian schien wieder leichter atmen zu können. Seine Hand nestelte an seinem Hemd.
    »Seine Leute haben die Ochsentreiber getötet. Er ist der Kopf der Vollmondbande.«
    »Ein Ritter … Aber das kann doch nicht sein.« Sophie versuchte, Christians Worte zu begreifen. Sein Körper fühlte sich heiß und fiebrig an, der Tod rauschte hitzig durch seine Lebensbahnen. Vielleicht fantasierte er? Doch tief in ihrem Inneren spürte sie, dass die furchtbaren Ereignisse der Vergangenheit plötzlich einen Sinn ergaben: der Tod von Ossen-Schröder und dessen Leuten, die Morde am Ochsenweg, der Steckbrief mit Christians Konterfei, die Vergewaltigung in den Gärten – alles hing miteinander zusammen. Ihr Schicksal hatte sich auf unerklärliche Weise mit dem Wüten Ritter Rantzaus verbunden.
    »Hier …«
    Christian griff nach ihrer Hand und führte sie an seine Brust.
    »Unter dem Nest.«
    Erst jetzt erkannte sie, dass der blutdurchtränkte Klumpen aus Moos und Federn einmal ein Vogelnest gewesen war. Sie

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