Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
Mädchen
und die erwachsene Frau zusammen. Der Krieger, das
Mädchen und die Frau weinten gemeinsam, suchten nach
Vergebung und Erlösung, nach Liebe, Trost und einem
Ort, an dem sie sich von den Schmerzen und der Ungerechtigkeit der Welt erholen konnten.
Belial und Sternenströmer standen wie angewurzelt da.
Und warteten, während die Zeit unmeßbar an ihnen vorbeifloß.
Irgendwann wurden sie von ihrer Starre erlöst. Die
Luft schimmerte und aus ihrem Schimmern trat der Sternenmann zu ihnen. Er hielt eine Aschure in den Armen,
in der kaum noch Leben war. Die Haut hing in Fetzen
von ihrem Rücken, das Fleisch darunter war zerrissen,
und das Blut rann in Strömen über Axis’ Hose und Stiefel auf den Boden.
»Helft mir«, krächzte er.
33 A SCHURE UND
F
ARADAY
Faraday lief mit gerafften Röcken und keuchend durch
die Gänge des Palastes. Irgendwann, nachdem Axis sie
verlassen hatte, war sie eingeschlafen und erst wieder
aufgewacht, als die Sonne schon hoch am Himmel stand.
Erst nachdem sie sich gewaschen und angekleidet hatte,
teilte ihr ihre neue Zofe beim Frühstück etwas über die
Aufregungen im Palast mit.
Was hat er nur getan?
Die Dienerin hatte aber nur vage Gerüchte gehört. Irgendwann hielt es die Königin nicht mehr länger in ihren
Gemächern, und sie fragte den erstbesten Wächter, wo
Axis sich aufhalte und wohin er Aschure gebracht habe.
In dem Raum, in dem das Verhör stattgefunden hatte,
fand sie jedoch nur noch Blutspuren und das Entsetzen
und die Furcht, die immer noch spürbar waren.
Was hatte der Krieger getan?
Faraday folgte der Spur des Blutes und der Angst, die
aus der Zelle hinausführte, und gelangte schließlich auf
einen der Hauptgänge.
Und wohin nun?
Aha, in eine der Fluchten mit den Gästeunterkünften
für Gesandte. Hierher hatte Axis die junge Frau gebracht.
Faraday stürmte in das Vorzimmer und blieb plötzlich
stehen. Hier herrschte bereits größerer Andrang: Belial,
Freierfall, Abendlied, Magariz, Rivkah und Ho’Demi.
Keiner von ihnen sprach ein Wort. Alle wirkten schockiert
und waren blaß. Zwischen ihnen liefen nervöse Alaunt
hin und her. Auch sie gaben keinen Laut von sich, wirkten aber ebenfalls unruhig. Einer der Hunde kratzte mit
der Vorderpfote an der verschlossenen Tür zum Hauptraum.
Rasche Schritte ertönten hinter ihr auf dem Flur, und
im nächsten Moment rannte jemand in die Königin hinein.
Isgriff. Er war so wütend und erregt, daß nicht mehr
viel fehlte, daß er explodierte. »Wo steckt er?« grollte
der Herr von Nor. »Wo? Was hat er ihr angetan?«
Bevor ihm jemand antworten konnte, fing ein kleines
Kind an zu schreien. Faraday schaute dorthin und sah
Rivkah, die Aschures Sohn hielt und erfolglos versuchte,
den wimmernden Kleinen zu beruhigen, der sich in ihren
Armen wand.
Die Königin trat zu ihr. »Gebt mir das Kind«, sagte sie
sanft und streckte die Hände aus. Axis’ Mutter zuckte die
Achseln und gab ihr den Knaben.
Hallo, Caelum, ich bin Faraday.
Der kleine Junge drehte den Kopf, um sie ansehen zu
können.
Werdet Ihr meiner Mama helfen? Sie heißt Aschure.
Die Königin lächelte freundlich und strich dem Jungen
über die Wange.
Aschure, was für ein schöner Name. Ist sie mit Eurem
Vater zusammen?
Verwirrung legte sich über den Geist Caelums, und
dann sagte er: Er fürchtete sich vor Aschure. Warum
sollte er vor meiner Mama Angst haben? Werdet Ihr ihr
helfen?
Faraday streichelte ihn weiter, und er beruhigte sich.
Offensichtlich gefiel es ihm sogar bei ihr. Caelum spürte
die Wärme und die Liebe der Macht, mit der sie verbunden war, und das tröstete ihn.
Ich tue alles, was ich kann, Caelum. Seid Ihr nun ruhig, während ich mit den anderen rede.
Die Königin wandte sich an Sternenströmer. »Was, bei
der Mutter, ist geschehen?«
Der Zauberer hielt seinen Blick angstvoll auf sie gerichtet. »Axis und ich … ich trage genauso viel Schuld
daran … aber … aber der Krieger glaubte, Aschure sei
Wolfstern …«
»WAS?« entfuhr es Isgriff.
»Sie hat Dunkle Musik eingesetzt«, fuhr Sternenströmer hilflos fort. »Da mußten wir doch glauben … Die
Sache schien eindeutig zu sein … wir glaubten wirklich,
Wolfstern enttarnt zu haben.«
»Isgriff, nein«, sagte Faraday dringlich und eilte an
seine Seite, um ihre Hand beruhigend auf seinen Arm zu
legen. »Sternenströmer, keiner von uns hier versteht so
recht, wovon Ihr redet. Wer soll denn dieser Wolfstern
sein? Und warum glaubtet Ihr, Aschure und er
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