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Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Titel: Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Mann
erinnert, den sie immer für ihren Vater gehalten habe –
Hagen. So redete sich die junge Frau alles von Seele, was
oben auf dem Narrenturm begonnen und in der Zelle
geendet hatte. Die Schmerzen, die Furcht und wie sie
sich furchtbar allein gefühlt hatte, als der Krieger ihren
Geist auseinandergerissen hatte, um Wolfsterns Versteck
zu finden.
Und dabei sei dann das gleiche geschehen wie in dem
Moment, als der Greif sie angegriffen habe. Irgend etwas
in ihrem Kopf öffnete sich … und drängte nach oben …
»Diese fremde Kraft ist noch nicht wieder verschwunden, Faraday. Ich spüre sie immer noch aus der Dunkelheit. Sie ruft nach mir.«
»Darüber unterhalten wir uns später«, sagte Faraday
sanft. »Erzählt mir lieber erst alles zu Ende.«
Aschure berichtete nun von der Vision, die sie sich mit
Axis geteilt hatte … wie Hagen auf entsetzliche Weise
seine Frau zu Tode brachte, um von ihr den Namen von
Aschures Vater zu erfahren.
»Ich kann mich jetzt an so viele Dinge erinnern. Wie
zum Beispiel, daß sich die ersten Flügelansätze fünf oder
sechs Wochen zuvor an meinem Rücken gezeigt hatten.
Meine Mutter entdeckte sie, als sie mich badete, und sie
lachte und freute sich. Sie meinte, die Schwingen seien
ein Geschenk meines Vaters, aber dann bemühte sie sich
immer, diese Knoten vor Hagen geheimzuhalten. Als
diese zu Knospen heranwuchsen, verbarg sie alles unter
einer leinernen Bandage, damit mein Rücken weiterhin
flach erschiene. Aber dann kam es, wie es kommen mußte. Hagen kehrte eines Tages früher als erwartet heim und
überraschte uns dabei, wie ich mit entblößtem Rücken
auf dem Schoß meiner Mutter saß …«
Furcht und Beklemmung ließen sie für einen Moment
nicht weiterreden. »Ach, Faraday, alles war meine
Schuld. Ich hatte mich bei ihr beklagt, daß es unter dem
Verband so jucke. Mama nahm ihn also ab, …«
Faraday standen nun ebenfalls Tränen in den Augen.
»Fahrt bitte fort.«
Zögernd erzählte Aschure, wie Hagen das große Messer
geholt und von da an jeden Tag ihren Rücken aufgeschnitten habe, um die Flügelansätze bis auf den letzten Rest zu
entfernen. »Wochenlang ging das so«, flüsterte die junge
Frau so leise, daß Faraday sich vorbeugen mußte, um etwas
zu verstehen. »Endlose Wochen lang. Jeden Morgen hat
Hagen meinen Rücken untersucht. Und er hat immer etwas
entdeckt … oder so lange gesucht, bis er etwas zu finden
geglaubt hatte. Wenn etwas irgendwie an ein Flügelteil
erinnerte, hat er es sofort herausgeschnitten …«
Faraday war so entsetzt, daß sie es kaum glauben
konnte. »Haben die Nachbarn denn nichts gesagt? Die
müssen doch Eure Schreie gehört oder nach Eurer Mutter
gefragt haben.«
Aschure schüttelte den Kopf. »Hagen erzählte ihnen,
seine Frau sei fortgelaufen. Mit einem Hausierer. Dabei
hatte er sie nachts hinter dem Haus vergraben. Und ich
hätte ein leichtes Fieber, erklärte er allen Neugierigen.
Manchmal kam eine von den Bauersfrauen und hat uns
etwas zu essen gebracht. Aber selbst wenn sie den blutigen Verband an meinem Rücken gesehen haben sollten,
gesagt hat nie eine von ihnen etwas. Schließlich war
mein Ziehvater ja der Pflughüter von Smyrdon. Sie haben ihm alles geglaubt, und er konnte wirklich sehr überzeugend auftreten … Nach einer Weile war ja sogar ich
der Ansicht, daß meine Mutter uns bei Nacht und Nebel
verlassen habe … Das zu glauben, erwies sich als weniger schmerzlich und gefährlich, als mich mit der Wahrheit herumzuplagen, die ich ja mit eigenen Augen
gesehen hatte.«
Faraday war immer zorniger geworden. Verdammte
Dorfbewohner! Keiner wollte gemerkt haben, daß es im
Haus des Kirchenmanns nicht mit rechten Dingen zuging. Wie hatte Aschure sich nur davor bewahren können, den Verstand zu verlieren?
»Seitdem habe ich alles gemacht, was Hagen von mir
wollte«, fuhr sie jetzt fort. »Ich machte mir die Lüge zu
eigen, und ich bemühte mich mit aller Kraft, so zu sein
wie die anderen. Nur so konnte ich das alles durchstehen
… und überleben. Wenn der Gottesmann den Eindruck
gewann, ich hätte mich … fremd oder eigenartig
benommen, hat er mich so lange übers Knie gelegt, bis
ich um Vergebung schrie. Und so lernte ich schon sehr
früh … sie … sie nicht zu …«
»Weiter, Aschure«, drängte die Königin. »Zwingt
Euch, es auszusprechen.« Sie spürte, daß sie an einer
entscheidenden Stelle angekommen waren. Die junge
Frau stand kurz davor, sich selbst vor Zeugen einzugestehen, um

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