Der Sternenkavalier
kann der Irrtum, auf dem das Leben eines ganzen Sterns beruht, aus einem einzigen Wort bestehen, einem nur zweisilbigen noch dazu!“
„Weil es das alleinige Wort ist“, erklärte Eto. „Wie kann die Produktion die wirklich dem menschlichen Leben förderlichen Mittel produzieren, wenn sie nicht zugleich den Zweck des Lebens produziert?“
„Und worin besteht dieser Zweck?“ fragte der Rosige.
„Im geistigen Fortschritt des Menschen“, antwortete Eto. „Der menschliche Geist kann nicht fortschreiten, wenn er sich nicht auf einen ständig fortschreitenden Gegenstand richtet, und der ist allein die Produktion. Ohne sie hat der menschliche Geist keine außerhalb seiner selbst befindliche Anforderung an seine Entwicklung und bleibt endlich stehen.“
„Unser Geist ist aber nicht stehengeblieben“, entgegnete der Rosige.
„Er ist im Auslaufen begriffen“, sagte Eto, „und eines Tages bleibt er gewiß stehen. Aber dann ist es zu spät, ihn wieder in Gang zu setzen.“
Der Rosige geriet in immer größere Erregung. „Wenn dem so ist, gehen wir einem schrecklichen Ende entgegen!“
„Zwar immer langsamer, aber auch immer sicherer“, bekräftigte Eto.
„Also bleibt uns“, meinte der Rosige niedergeschlagen, „um dem schrecklichen Ende zu entgehen, nichts als der Schrecken ohne Ende übrig, indem wir uns wieder dem Diktat der Produktion unterwerfen.“
„Ihr solltet diesmal gewitzigt genug sein, die Produktion nicht wieder blindlings walten zu lassen, sondern sie dem Zwecke des menschlichen Lebens, der geistigen Entwicklung dienstbar zu machen. Von daher bestimmt sich dann auch, welche Mittel auf welche Weise zu produzieren sind.“
„Und welchen Inhalt soll die zum Zwecke gesetzte geistige Entwicklung haben?“ wollte der Rosige wissen.
„Das ist keine Frage“, sagte Eto. „Die Entwicklung des Geistes ist ja gerade sein Inhalt. Die Form aber steht ganz in eurem Belieben.“
„Also könnten wir auch das Leben, das wir als letztes geführt haben, zur Form nehmen?“ vergewisserte sich der Rosige.
„Ich würde das sogar empfehlen“, sagte Eto. „Abgesehen von einer fortschreitenden Anforderung an den menschlichen Geist fehlt es ihm an nichts; und vielleicht war es sogar nötig, daß diese Anforderung einige Zeit fehlte: So habt ihr doch einmal keinen anderen Gegenstand als euch selber gehabt.“
Der Rosige atmete erleichtert auf.
„Da kommen wir ja noch einmal mit dem Schrecken davon. Aber nur, wenn ihr ihn auch allen anderen einjagt. Wie ich, müssen sämtliche Bewohner dieses Sterns von der Vorstellung aufgeschreckt werden, daß uns, wenn wir so weiterleben, eines Tages der Geist stille steht. Das allein kann uns dazu bewegen, von unserem jetzigen Leben abzulassen und ein anderes anzufangen.“
„Und wie“, fragte As, „soll die aufschreckende Vorstellung verbreitet werden? Etwa, indem wir als Schreckgespenster kreuz und quer über den ganzen Stern wandeln?“
„Geht zurück zu der Stelle, wo ihr die erste Begegnung mit uns hattet“, sagte der Rosige, „ich werde indessen die in der Nähe befindlichen Gruppen dorthin bestellen. Und sobald ihr ihnen den Schrecken eingejagt habt, werden sie sich zerstreuen und ihn über den ganzen Stern verbreiten.“
Die Geomanen waren mit dem Vorschlag einverstanden, und Eto stakte sogleich auf seinen langen Beinen davon. As hockte eilends den Rucksack auf und schloß sich dem Großmeister an.
„Bisher hattet Ihr ein dummes Gefühl“, sagte As und bemühte sich, Schritt zu halten, „jetzt aber habe ich ein dummes Gefühl. Immerhin ist es kein kleines Stück und ziemlich heikel, ein ganzes Volk aus der Lebensart zu bringen, in der es sich äußerst wohl befindet. Das ist eine Verantwortung. Wenn das neue Leben, das zu stiften wir im Begriffe sind, die rosige Gesellschaft nicht glücklich macht, wird sie uns bis ans Ende ihrer Tage verfluchen.“
„Das sind moralische Empfindlichkeiten, die uns nicht irritieren dürfen“, entgegnete Eto. „Ich fühle mich allein der Ästhetik verpflichtet, und der stille stehende Geist ist von allen der unästhetischste.“
„Das mag sein“, gab As zu, „ein unruhiger Geist ist aber auch nicht gerade was Schönes; und wenn er dazu mit sich und der Welt uneins ist, ist er geradezu ein Unglück.“ „Gäbe es nur diese beiden Existenzen des Geistes, welchen würdest du wählen“, fragte Eto, „den stille stehenden oder den unruhigen?“
„Stünde ich im Ernst vor dieser Entscheidung“,
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