Der Sternenkavalier
empfangen zu werden.“
„Das ist wieder einmal äußerst logisch“, sagte As begeistert, „obwohl es diesmal, wenn ich das richtig sehe, keine Tautologie ist.“
„Immerhin wäre es eine Nettigkeit gewesen“, meinte Eto, „und ich für meine Person hätte es nicht als eine Heuchelei empfunden.“
„Wie es euch beliebt“, sagte der Rosige, „das nächste Mal werden wir euch willkommen heißen. Es sei denn, ihr bleibt für immer hier, nachdem ihr euch von der Vorteilhaftigkeit unserer Art zu leben überzeugt habt.“
„Das wäre ein Grund, nicht hierzubleiben“, erklärte Eto. „Wir sind ausgezogen, um die Welt nach ästhetischen Grundsätzen einzurichten. Und falls das Leben auf diesem Stern so vollkommen ist, wie ihr es darstellt, was es nur sein kann, wenn es ästhetisch vollkommen ist, hätten wir hier nichts zu verrichten. Wozu sollten wir uns da des weiteren aufhalten?“
„Seht euch erst einmal etwas genauer bei uns um“, schlug der Mann vor, „vielleicht entdeckt ihr doch noch die eine oder andere Unvollkommenheit.“
Die rosige Gesellschaft hatte indessen beschlossen, sich auch den restlichen Tag in der den beiden Geomanen bereits bekannten Art miteinander zu beschäftigen.
„Ich würde gern eine andere Art der Beschäftigung kennenlernen“, sagte Eto, „wo ist das möglich?“
„Ich werde euch führen“, sagte der Rosige.
Die drei machten sich sogleich auf den Weg, wobei Eto, sein Kavaliersstöckchen wirbelnd, mit dem Rosigen voranschritt, während As, den schweren Rucksack auf dem Rücken, bald den Anschluß verlor und schwitzend hinterherzockelte. Und als er, um die beiden nicht aus dem Auge zu verlieren, gerade das linke öffnen wollte, erblickte er mit dem rechten, bevor er es geschlossen hatte, eine Baumgruppe und unter dieser mehrere umherspringende Gestalten.
„Die haben gut springen“, brummte As. „Ich wünschte, ich hätte es so gut wie sie und könnte meinen Rucksack ein für allemal in die Ecke stellen.“
Für diesmal jedoch stellte As, sobald er der Gruppe nahe genug gekommen war, den Rucksack in den Schatten eines etwas abseits stehenden Baumes. Hier hatten es sich Eto und der Rosige bereits bequem gemacht. As setzte sich zu ihnen und beobachtete die unter der Baumgruppe umherspringenden Menschen.
„Sieht gerade so aus“, meinte er, „als ob sie federleicht wären.“
„Wirklich erstaunlich“, bestätigte Eto, „vor allem aber ist die Art, wie sie die Natur in ihre Bewegung einbeziehen, bemerkenswert. Man hat den Eindruck, als ob die Bäume ihre Gespielen wären, was zu der Täuschung führt, daß sich auch die Bäume bewegen.“
„Was ihr hier seht“, erklärte der Rosige, „ist ein Tanz zur Übung unseres Gruppierungssinns.“
„Das ist einer der wichtigsten ästhetischen Sinne“, sagte Eto, „und zugleich einer der am geringsten geachteten. Wie oft muß man feststellen, daß sich Menschen, statt sich in eine dem Auge gefällige Ordnung zueinander zu bringen, zu einer willkürlichen Häufung von Leibern versammeln. Die Möbel in ihren Wohnungen stellen sie in ein wohlüberlegtes Verhältnis zueinander, sich selber aber stellen sie zusammen, wie es gerade kommt.“
„Der Gruppierungssinn“, fuhr der Rosige fort, „ist nicht nur für die ruhenden, sondern noch mehr für die in Bewegung befindlichen Körper von Bedeutung, und wir üben ihn nicht nur für das Verhalten der Menschen zueinander, sondern auch für das Verhältnis von Mensch und Natur. Ihr werdet auf diesem Stern nicht einen Menschen finden, der sich, ob nun in Ruhe oder in Bewegung, nicht zu einem harmonischen Bild mit seiner Umgebung fügt.“
„Den Beweis dafür haben wir vor Augen“, gab Eto zu, „wie aber steht es auf diesem Stern mit der Kunst? Da ihr den Gruppierungssinn auf diese Höhe gebracht habt, müßte man annehmen, daß auch die Schauspielkunst in hoher Blüte steht.“
„Es ist genau umgekehrt“, erklärte der Rosige. „Da wir das Leben selbst ästhetisch gestalten, ist die Kunst überflüssig. Wir spielen uns nicht auf der Bühne ein künstliches Leben vor, sondern machen unser Leben selbst zum künstlerischen Spiel. Was nützt es, wenn im Theater ein Konflikt nach den Regeln der Kunst und im Leben auf unästhetische Art gelöst wird? Wir haben die unnatürliche Trennung von Kunst und Wirklichkeit aufgehoben und der Wirklichkeit selbst die Form der Kunst verliehen, indem wir sie nach deren Regeln gestalten. Wenn bei uns zwei Leute zum Beispiel
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