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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Schultern. Als ein kalter Windstoß durch die Hütte fuhr, dachte er an die riesigen Gletscher, die im Norden und Süden lagen.
    Von draußen herein kamen seltsam klatschende Geräusche. Tim sah hinaus und stellte fest, daß drei Pygmäen, die in der Nähe eines Kadavers gelegen hatten, miteinander kämpften. Dabei benützten sie ihre Zähne und Krallen als Waffen, und jeder kämpfte gegen die beiden anderen.
    Wenige Minuten später ließen sie voneinander ab und lagen wieder unbeweglich. Dann kämpften die anderen, um ebenfalls nach einiger Zeit erschöpft zurückzusinken. In der Dunkelheit wirkten die Kämpfe um so schrecklicher; die Pygmäen gaben jedoch keinen Laut von sich, obwohl ihre Wunden schmerzhaft sein mußten.
    »Sie kämpfen um die Leichname ihrer Sklaven«, dachte Tim. »Das ist bei ihnen Ehrensache.«
    Als er sich vom Fenster abwandte, hatte Dangerfield sich halb aufgerichtet. Er sprach mit geschlossenen Augen, als Tim ihn fragte, was dieser Kampf zu bedeuten habe.
    »Sie kämpfen jeden Abend bei Sonnenuntergang auf gleiche Weise«, murmelte Dangerfield vor sich hin.
    »Was hat das zu bedeuten?« wiederholte Tim, aber Dangerfield war bereits eingeschlafen.
    Eine Stunde später wurde der Alte unruhig, schob die Decke fort und riß sein Hemd auf. Er warf sich von einer Seite zur anderen, hustete, stöhnte und griff sich an die Brust.
    Tim beugte sich über ihn und stellte fest, daß ein roter Fleck unterhalb der Rippen allmählich größer wurde. Er wollte ihn schon berühren, zuckte dann aber doch davor zurück. Dangerfield stöhnte laut, und Tim hielt seine Handgelenke fest, weil er ahnte, daß eine Krise bevorstand. Der rote Fleck wurde dunkler, dann brach ein Blutschwall daraus hervor und versickerte in der Matratze.
    Inmitten des blutigen Kraters bewegte sich etwas. Ein braunes Insekt, das an eine Schmetterlingsraupe erinnerte, kroch daraus hervor und blieb erschöpft liegen. Tim überwand sich mühsam, griff mit einer Pinzette nach dem Tier und steckte es in ein Probenglas aus seiner Bereitschaftstasche.
    »Das muß Dangerfields ›Fiffin‹ sein«, murmelte er vor sich hin, während er die Wunde versorgte. Er beugte sich über das Bett, als Craig hereinkam und ein Tonbandgerät auf den Tisch stellte. Tim schilderte ihm, was geschehen war, und taumelte ins Freie hinaus, wo die fünf Pygmäen noch immer abwechselnd kämpften.

     
    Eine Stunde vor Sonnenaufgang erreichte Craig wieder den Schlepper. Er schaltete die Kaffeemaschine ein, wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser und weckte die beiden Schläfer.
    »Wir haben einen langen Tag vor uns«, stellte er fest und legte dabei eine Hand auf das Tonbandgerät. »Ich habe einige Informationen über Kakakakaxo auf Band aufgenommen, die wir überprüfen müssen – das Material ist wahrscheinlich nur mit Vorsicht zu genießen, möchte ich gleich hinzufügen. Ich habe ein Gespräch mit Dangerfield aufgezeichnet, das ich euch vorspielen möchte.«
    »Wie geht es ihm?« wollte Tim wissen.
    »Körperlich ist er nicht einmal in schlechter Verfassung, aber seine geistige Gesundheit läßt sehr zu wünschen übrig. Manchmal ist er freundlich und mitteilsam, dann wieder wortkarg und feindselig. Ein seltsamer Bursche ... Nach zwanzig Jahren in dieser Umgebung kann man allerdings kaum etwas anderes erwarten.«
    »Und der Fiffin?«
    »Dangerfield hält ihn für das Larvenstadium eines Käfers. Die Biester fressen sich überall durch. Er hat sie schon früher in den Beinen gehabt, aber der letzte ist knapp an der Lunge vorbeigegangen. Der arme Kerl muß entsetzliche Schmerzen gehabt haben. Ich habe ihm ein leichtes Betäubungsmittel gegeben und ihn ausgefragt, bevor die Wirkung verflogen war.«
    Barney füllte drei Kaffeetassen. »Jetzt können wir anfangen«, sagte er.
    Craig schaltete das Tonbandgerät ein. Die Spulen drehten sich langsam und reproduzierten seine und Dangerfields Stimme.
    »Vielleicht können Sie jetzt einige Fragen beantworten, da es Ihnen wieder besser geht«, sagte Craigs Tonbandstimme. »Wie gut können sich diese sogenannten Pygmäen miteinander verständigen?«
    Dangerfield schien zu überlegen, bevor er antwortete. »Sie sind eine sehr, sehr alte Rasse«, erwiderte er dann. »Ihre Sprache hat sich allmählich abgeschliffen wie eine alte Münze. Ich habe in fast zwanzig Jahren einiges gelernt, und Sie dürfen mir glauben, daß die Eingeborenen meistens nur sinnlose Geräusche machen. Ihre Sprache drückt einige Grundhaltungen aus.

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