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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Feindseligkeit. Angst. Hunger.«
    »Wie steht es mit Liebe oder Zuneigung?« wollte Craig wissen.
    »Das Geschlechtliche spielt sich nur im Verborgenen ab; ich habe nie eine Paarung beobachtet und kann Männchen und Weibchen nicht voneinander unterscheiden. Sie legen ihre Eier einfach in den Schlamm am Fluß ... Wovon haben wir eben gesprochen? ... Oh, richtig, Sie wollten etwas über ihre Sprache wissen. Ihnen ist hoffentlich klar, Hodges, daß ich der einzige Mensch bin – der einzige Mensch –, der die Eingeborenensprache beherrscht?«
    »Haben Sie den Dorfbewohnern erklären können, von woher Sie kommen?«
    »Das ist für sie etwas schwierig. Wir haben uns auf ›hinter dem Eis‹ geeinigt.«
    »Sind damit die Gletscher nördlich und südlich des Äquators gemeint?«
    »Richtig; deswegen halten sie mich auch für einen Gott, denn nur Götter können hinter dem Eis leben. Die Pygmäen wissen einiges über die Gletscher. Aus diesen und ähnlichen Informationen habe ich einen Teil ihrer Geschichte rekonstruiert ...«
    »Danach wollte ich Sie ohnehin fragen«, sagte Craigs Tonbandstimme.
    »Die Pygmäen sind eine uralte Rasse«, fuhr Dangerfield fort. »Sie haben keine geschriebenen Überlieferungen, aber allein die Tatsache, daß sie Gletscher kennen, beweist zur Genüge, wie alt die Rasse sein muß. Wie können Lebewesen am Äquator von Gletschern wissen, wenn ihre Rasse nicht die letzte Eiszeit überlebt hat? Dann noch diese verzierte Felswand und der Tempel, in dem ein Teil der Eingeborenen lebt – das könnten sie jetzt nicht mehr bauen. Sie sind nicht mehr dazu imstande. Ich habe ihnen helfen müssen, diese Hütte zu errichten. Ihre Vorfahren waren bestimmt intelligenter; die letzten Generationen sind einfach degeneriert.«
    »Wir haben den Verdacht, daß der Tempel von einer anderen Rasse errichtet worden ist, die seitdem ausgestorben ist«, warf Craig ein. »Was halten Sie von dieser Theorie?«
    »Sie sind auf der falschen Spur, Hodges. Der Tempel ist; ein Heiligtum der Pygmäen; irgendwo in seiner Mitte befindet sich das sogenannte ›Grab der Alten‹, das nicht einmal ich bisher sehen durfte. Die Eingeborenen würden sich anders benehmen, wenn ihnen der Tempel gleichgültig sein könnte.«
    »Hmmm, vermutlich sind mit diesen ›Alten‹ Könige oder andere Herrscher gemeint ... Haben die Pygmäen jetzt noch Könige?«
    »Nein. Sie würden keinen Herrscher über sich anerkennen, denn jeder von ihnen ist unabhängig und völlig selbständig. Sehen Sie sich zum Beispiel die fünf Eingeborenen vor meiner Hütte an: niemand kann sie vom Kampf zurückhalten, deshalb machen sie einfach weiter, bis sie alle tot sind.«
    »Warum kämpfen sie um die Kadaver?«
    »Das ist ein alter Brauch. Sie tun es jede Nacht; manchmal siegt einer sehr rasch, und dann ist alles vorüber. Sie opfern tagsüber ihre Sklaven und streiten sich nachts um die Kadaver.«
    »Können Sie mir sagen, warum die Pygmäen diese kleinen Tiere für so wichtig halten – ihre Sklaven, wenn ich Sie vorhin richtig verstanden habe?«
    »Oh, sie halten die Sklaven nicht für besonders wichtig. Sie haben es sich nur angewöhnt, sie im Dschungel zu fangen, da sie die Katzen und Bären für gefährlich halten; ihre Zahl hat jedenfalls zugenommen, seitdem ich hier bin.«
    »Warum bringen die Pygmäen sie nicht gleich um? Und warum halten sie beide Arten stets getrennt? Hat das irgend etwas zu bedeuten?«
    »Muß es gleich etwas zu bedeuten haben? Die Katzen und Bären geraten sich angeblich in die Haare, wenn sie nicht voneinander getrennt sind, aber ich kann nicht sagen, ob das wirklich stimmt. Sie dürfen nicht überall nach vernünftigen Gründen suchen, die Pygmäen sind schließlich keine Menschen.«
    »Als Ökologe habe ich die Erfahrung gemacht, daß es für alles einen Grund gibt – er ist nur manchmal schwer zu finden.«
    »Tatsächlich?« Dangerfields Tonfall war plötzlich wieder feindselig. »Ich bin jetzt neunzehn Jahre lang hier und habe noch keinen Grund gefunden. Hören Sie, junger Mann, es ist zwecklos, mich mit gerunzelter Stirn anzustarren. Ihre hochmütige Art paßt mir nicht, selbst wenn Sie ein noch so guter Arzt sind.«
    »Sie haben eben behauptet, die Pygmäen seien nicht rational.«
    »Richtig. Sie zehren nur von einer glorreichen Vergangenheit. Mit ihnen ist nichts anzufangen. Ich habe es lange genug versucht. Immerhin unterwerfen sie sich meiner Autorität ... Es ist schrecklich, so alt zu werden. Sehen Sie sich meine Hände

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