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Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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aufzusetzen. Der gnadenlose Schmerz hinter seiner Stirn ließ nie nach. Er blickte durch den Empfangssaal und nahm die Details der Ildiraner auf, die gekommen waren, um ihn zu sehen. Über ihm in der Himmelssphäre flogen Vögel und bunte Insekten umher. Sorglos, in Frieden… Doch derzeit schien die Lichtsphäre weit entfernt zu sein.
    Als Weiser Imperator hatte Cyroc’h das Ildiranische Reich hundert Jahre lang regiert und sich seinen Platz in der Saga der Sieben Sonnen verdient. Sein Totenkopf würde bei den anderen ruhen und tausend Jahre lang im Ossarium glühen. Das genügte.
    Wenn er noch länger zögerte, würde all das auseinander fallen, was er erreicht hatte. Das durfte nicht geschehen.
    »Ich ziehe mich jetzt in meine private Kontemplationskammer zurück«, wandte er sich an alle Zuhörer im Saal. »Ich habe mich mit aller Kraft für mein Volk eingesetzt und die Ildiraner haben sich meiner Führung als würdig erwiesen. Sie haben meine Anstrengungen durch ausgezeichnete Arbeit gewürdigt. Vergessen Sie nie, dass ich immer all das zu schätzen wusste, was die Ildiraner in meinem Namen leisteten.«
    Er winkte die Bediensteten herbei, die sofort den Chrysalissessel umringten. Bron’n folgte gehorsam, beunruhigt von den Worten des Weisen Imperators. In der Kontemplationskammer schickte Cyroc’h die Bediensteten fort, die mit Kummer reagierten und darum bettelten, ihm die Haut massieren zu dürfen. Sie wollten sich um seinen langen Zopf kümmern, ihm Hände und Füße mit Öl einreihen. Aber er lehnte ab. »Geht jetzt. Ich möchte allein sein, ganz allein.«
    Bron’n hob sein Schwert, um dem Befehl des Weisen Imperators Nachdruck zu verleihen. Nachdem die Bediensteten gegangen waren, blieb er in der Tür stehen und der Weise Imperator bedachte ihn mit einem müden, seltenen Lächeln. »Sie sind mein treuester Diener, Bron’n. Warten Sie draußen. Verschließen Sie die Tür und lassen Sie niemanden eintreten – außer Jora’h.«
    Bron’n trat einen Schritt in den Flur. »Soll ich den Erstdesignierten rufen, Herr?«
    Der Weise Imperator lächelte erneut, auf eine seltsame Weise, und schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Er wird von allein kommen.«
    Bron’n stellte keine weiteren Fragen und ließ den Weisen Imperator allein. Cyroc’h wusste, dass sich Jora’h genau in diesem Augenblick darauf vorbereitete, mit einem Raumschiff nach Dobro zu fliegen, um dort seine geliebte grüne Priesterin zu befreien. Es galt, keine Zeit zu vergeuden, und deshalb zögerte der Weise Imperator nicht.
    Er öffnete ein kleines Fach im Chrysalissessel und entnahm ihm eine Phiole mit blauer Flüssigkeit. Er hatte dieses besondere Mittel vor einigen Tagen herstellen lassen. Es war der letzte Dienst der ildiranischen Ärzte gewesen und sie hatten gefragt, was der Weise Imperator mit einer so gefährlichen Flüssigkeit anstellen wollte. Vermutlich hatten sie befürchtet, dass er dem komatösen Hyrillka-Designierten einen gnädigen Tod gewähren wollte. Aber Cyroc’h hatte die Phiole einfach entgegengenommen, ohne Antwort zu geben. Später hatte er Bron’n angewiesen, die Ärzte und damit alle weiteren Fragen zu eliminieren.
    Er hielt die Phiole nun in der Hand und bewunderte ihre prächtige Farbe. Das rötliche Licht gab der Flüssigkeit einen violetten Ton.
    Er trank das Gift mit einem einzigen Schluck.
    Es brannte wie bitteres Feuer auf der Zunge und im Hals. Der Weise Imperator schloss die Augen und lehnte sich in die weichen Polster des Sessels zurück. Die toxische Substanz würde schnell wirken.
    Cyroc’h spürte, wie das Gift seine Wirkung in ihm entfaltete, Nerven und Muskeln zersetzte. Der von den Tumoren verursachte Schmerz wich kalter Leere und dann schien ihn etwas anzuheben und in Richtung einer noch helleren Lichtquelle zu tragen.
    Jora’h würde seine Verantwortung bald verstehen, ob er wollte oder nicht. Das Thism war gnadenlos.
    Dem Weisen Imperator blieb keine andere Möglichkeit, um seinen Nachfolger zu überzeugen. Sein Tod brachte Unordnung ins Netz des Thism und löste die Seelenfäden voneinander – das Gespinst würde zerreißen und dann blieb Jora’h nichts anderes übrig, als den Platz seines Vaters einzunehmen. Cyroc’h vertraute darauf, dass er dann die richtigen Entscheidungen traf.
    Er musste die richtigen Entscheidungen treffen.
    Der lange Zopf des Weisen Imperators zuckte, als versuchte er, nach Luft zu schnappen. Cyroc’h versuchte, die Augen zu öffnen und ein letztes Mal die

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