Der Stierkampf
seinerseits bereit, die Tiere allein zu übernehmen. Auch die Kosten des Transports und der Veranstaltung selbst, ja überhaupt alles, was mit den Stieren zusammenhänge, würde er bezahlen. So könnte Tsugami den Stierkampf stattfinden lassen, ohne daß seiner Zeitung Ausgaben erwüchsen – es stehe der Zeitung jedoch frei, soviel daran zu verdienen, wie sie wünsche. Okabe sagte dies ganz ruhig, aber es schwang nach Tsugamis Empfinden ein allzu selbstbewußter Unterton mit.
»Tja, das ist so eine Sache …«, meinte Tsugami schließlich, nachdem er seinen Gesprächspartner so lange hatte schwatzen lassen, wie dieser es wünschte. Mochte Okabes Persönlichkeit auch leicht beunruhigen, so waren diese Vorschläge bestimmt nicht ungünstig für die Zeitung. Aber Tsugami haßte Okabes zwei kleine, prall von Selbstvertrauen erfüllte Augen, die dieser nun starr auf ihn gerichtet hielt. Eine hefige Erregung – als gelte es, sich zu duellieren – ließ Tsugami ein wenig erbleichen und fast hochmütig erscheinen. »Nun – seien Sie, bitte, damit einverstanden, daß der Stierkampf allein von meiner Zeitung veranstaltet wird. Auch für mich ist es ja das erste Unternehmen!«
Das Whiskyglas in der Hand, hörte Okabe, einige Male höflich nickend, zu und sagte dann: »So? Gut, ich begreife … Schade, aber es ist nichts daran zu ändern …«
Damit brachte er auf unerwartet schlichte Weise die Aussprache über diesen Punkt zu Ende. Als wollte er eine neue Atmosphäre schaffen, sagte er, während er Tsugami Whisky eingoß:
»Ja – irgendwie mag ich Sie! Sie gefallen mir! Sie wollen es selber schaffen! Ich finde es auch sehr richtig, daß Sie sich allein auf Ihre Kraf verlassen wollen. Sie haben mein Angebot zurückgewiesen, aber ich bin Ihnen nicht im mindesten böse!« Es war nicht recht klar, wie weit das stimmte, aber Okabe sah in der Tat gutgelaunt aus. Infolge des elektrischen Lichts herrschte in diesem Raum unter Tag die Stimmung der Nacht, aber als Tsugami und Tashiro wieder auf die Straße traten, senkte sich über das weite, von Brandbomben zerstörte Viertel die leichte Dämmerung des Winterabends.
»Warum haben Sie sein Angebot abgelehnt? Ist
das nicht schade?«, fragte Tashiro, der Tsugami
mit ein paar Schritten eingeholt hatte.
»Ja, eigentlich schon …«
Bereits vor Tashiros Frage hatte Tsugami es selbst so empfunden. Beide Männer schlugen jetzt ihren Mantelkragen schweigend hoch und schritten nebeneinander her. Sie wichen einem Lastwagen aus und blieben, einander zugewandt, am Straßenrand stehen.
»Ich habe«, begann Tashiro, »bisher noch nicht darüber gesprochen, aber da ist noch ein recht lästiges Problem …«
Für den Transport der zweiundzwanzig Stiere waren acht Eisenbahnwagen nötig, aber zur Zeit fuhren von der Stadt W nicht mehr als 2 Waggons ab. Da dies bei weitem nicht genügte, hatte er, um zusätzliche Wagen zu erhalten, mit der Eisenbahnverwaltung Hiroshima verhandelt, aber keinen Erfolg erzielt. Die Kohlensituation sei, argumentierten die Beamten, außerordentlich schlecht, man besitze auch keinerlei Wagenreserven. Während ihm Tashiro davon berichtete, ging Tsugami stumm des Wegs. Ihm war wieder, als stürzten zahllose schaumgekrönte Wellen von dem ungeheuer weiten Meer her auf ihn zu.
»So ist also die Lage vorerst …«, sagte Tashiro und fuhr fort: »Als einzige Möglichkeit verbleibt nur noch, daß Okabe, der über hervorragende und weitreichende Geschäfsbeziehungen verfügt, mit den zuständigen Stellen verhandelt, damit sich die Eisenbahnverwaltung eine Lösung ausdenkt!« Da blieb Tsugami plötzlich stehen und sagte mit einem strengen Blick auf Tashiro:
»Sie haben also schon mit ihm gesprochen!« Tashiro lächelte frech.
»Er ist ein großartiger Mann! Er hat mir zugesagt, uns auch dann zu helfen, wenn Sie sein Angebot zurückweisen sollten!«
Tsugami empfand auch nur die geringste Unterstützung durch Okabe als höchst unangenehm, aber er hatte das Gefühl, daß dieser dreiste, kleine Mann schon in das Stierkampf-Unternehmen hineingeschlüpf war. Tashiro hatte Okabe das Problem also schon längst vorgetragen, und wenn er ihn vorhin gefragt hatte, ob seine Zeitung die Stiere nicht kaufen wolle, so war dies offenbar die Bedingung Okabes gewesen, unter der er weitere Hilfe versprach.
Sakiko hatte Tsugami seit Jahresbeginn nicht mehr gesehen. Er war zu den Neujahrs-Feiertagen nicht zu seiner Familie in die Tottori-Präfektur gefahren, sondern hatte auch fast jede
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