Der Stierkampf
ich jetzt ein Restaurant eröffnen, in dem man hervorragend speisen kann. Ich werde dort drei ausgezeichnete Köche aus Beppu, Kochi und Akita wirken lassen!« Tashiro benahm sich vor Okabe derart steif, daß es geradezu lächerlich wirkte. Dieser kräfige Mann wurde von Okabes kleinem, nur wenig über eineinhalb Meter großem Körper wie aufgeschluckt. Er kam mit keinem Wort auf die wichtige Angelegenheit zu sprechen, deretwegen er dieses Zusammentreffen arrangiert hatte; er nahm die hereingereichten Speisen entgegen, stellte sie nebeneinander auf den Tisch, griff beflissen immer wieder nach der Sakeflasche und goß die Schälchen der beiden voll, oder er lauschte seltsam demütig, damit ihm auch nicht ein Wort entgehe. Tsugami wartete halb neugierig und überlegte, was Okabe wohl mit ihm zu bereden wünschte. Da er nicht viel trinken konnte, führte er, wenn er von Okabe aufgefordert wurde, das Schälchen nur kurz an die Lippen. Um diese Zeit, überlegte er, wurden auf den Straßen wohl die ersten Exemplare der Neuen-Osaka-Abendzekung, in der der Stierkampf angekündigt wurde, verkauf. »Haben Sie eigentlich in Ihrer Firma viel zu tun?«, fragte Tsugami.
»Ich habe viel freie Zeit!«, erwiderte Okabe. »Ja, eine Menge Zeit! Ich besitze fünf, sechs Firmen, aber ich habe – ja, das darf ich schon sagen! – immer viel freie Zeit! Der Chef einer Firma darf nicht allzu beschäfigt sein. Ich halte es für richtig, wenn ich – und das tue ich! täglich meinen Sake trinke!«
Okabe fand offenbar Stolz und Befriedigung darin, seinen Partner zu verblüffen. Ihm lag wohl viel mehr daran, vor allem über sich selbst zu reden, als Tsugami, den er doch jetzt zum ersten Mal traf, näher kennenzulernen.
»Oh, das meine ich nicht im Spaß! Wer keinen Sake trinkt, hat nach meiner Meinung Stroh im Kopf! An einer gewaltsam ausgepreßten Klugheit kann nicht viel dran sein!«
Vielleicht des Whiskys wegen, den er schon vor Tsugamis Erscheinen getrunken hatte, funkelten seine Augen hin und her und bohrten sich ohne Scheu in die Tsugamis. Er ließ auch, während er schwatzte, das Whiskyglas nicht einen Augenblick aus der Hand, schüttete sich die gelbliche Flüssigkeit immer aufs neue in den Mund und schluckte sie dann fast ausdruckslos hinunter.
»Herr Tsugami und Sie, Tashiro – Sie müssen mir heute zuhören, wie mein Leben verlaufen ist!« »Oh, danach habe ich Sie schon so lange fragen wollen! Wie ist der Große Okabe zu seinem ungeheuren Erfolg gekommen??«
Tashiro sprach derart unterwürfig, daß Tsugami es verdrießlich fand. Als er Okabe Whisky eingießen wollte, setzte dieser nur flüchtig das Glas auf den Tisch, zog für ein paar Augenblicke ein Gesicht, als hätte er jemanden verschlungen, schloß seine winzigen Augen und erklärte, nachdem er sie wieder weit geöffnet hatte:
»Mir ist es egal, ob man mich den Großen oder Kleinen Okabe nennt, jedenfalls habe ich meine sämtlichen Firmen erst nach Kriegsende gegründet. Ich schafe das alles, könnte man sagen, innerhalb einer einzigen Generation, aber in Wahrheit habe ich nur ein Jahr gebraucht! Nur ein Jahr! Und deswegen finde ich Spaß am Leben!« Er lachte laut mit heiserer Stimme.
Im Oktober des Jahres, in welchem der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, vor einem Jahr also, kehrte Okabe vom südostasiatischen Kriegsschauplatz nach Japan zurück und trat wieder ins Zivilleben ein. Er hatte weder Frau noch Kinder. Von einer Frau, mit der er zehn Jahre vorher liiert gewesen war, lieh er sich 3 000 Yen, verließ hierauf seine Heimat, die Iyo-Provinz, tat sich mit einem Kriegskameraden, der Lastkrafwagen gefahren hatte, zusammen und zog nach Kobe. In dem darauffolgenden halben Jahr richtete er, während er sich verschiedentlich herumtrieb, seine Aufmerksamkeit vor allem auf die Möglichkeit, mit landwirtschaflichen Maschinen zu handeln. Als er erfuhr, daß neuartige, mit einem Motor versehene Dreschmaschinen von der Firma ›Akebono-Industrie‹ in Amagasaki hergestellt wurden, beschloß er, sich auf irgendeine Weise eine stattliche Anzahl hiervon zu verschaffen und durch deren Verkauf das damals aufs Land fließende Kapital wieder herauszusaugen. So suchte er die Firma ›Akebono-Industrie‹ auf, unterhielt sich mit einigen Herren der Geschäfsleitung, denen er seine Visitenkarte mit dem Titel »Direktor der ›Akebono-Handels-AG‹« überreichte. Natürlich war das eine glatte Erfindung. Er hatte sich die Visitenkarten in einem der Warenhäuser Osakas
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