Der Stierkampf
Tisch.
»Ich glaube«, begann Miura, »die Aussichten stehen vier zu eins für Regen. Es ist für mich ein gefährlicher Seiltanz, aber ich möchte trotzdem auf schönes Wetter setzen. Herr Tsugami, wie steht es mit dem, was wir gestern besprachen?«
Obgleich Miura von einem gefährlichen Seiltanz gesprochen hatte, verriet er nicht die geringste innere Bewegung. Wie am Tag zuvor trug er den Kopf sehr hoch und wartete, während er sowohl Omoto wie Tsugami ansah, mit fast widerwärtiger Gelassenheit auf die Antwort der beiden. Doch dann geschah etwas sehr Seltsames. »Es tut mir leid, daß Sie sich eigens herbemühten, aber wir wollen über diese Angelegenheit nicht mehr sprechen!«
Das war Omoto, nicht etwa Tsugami, der das gesagt hatte! Seine Stimme klang so verkrampf, daß man hätte meinen können, er ringe nach Atem. Die außerordentliche Stärke, die Miura besaß, hatte Omoto unerwartet angespornt. Omoto fand es plötzlich jammerschade, dieses jungen Mannes wegen vielleicht 660 000 Yen einzubüßen.
»So? Gut, ich habe verstanden …«, sagte Miura vieldeutig lächelnd. Ohne das Problem noch einmal zu berühren, verlor er nur noch ein paar allgemeine Worte über das Wirtschafsleben und verließ hierauf das Zimmer munteren Schrittes wie jemand, der einen geschäflichen Erfolg errungen hat. Als Omoto ihn hinausgeleitet hatte und mit Tsugami ins Redaktionsbüro ging, sagte er zu diesem erregt:
»Die 00 000 Yen werde ich mir bis Mittag schon irgendwie beschaffen! Morgen ist ganz sicher herrliches Wetter! Es ist unvorstellbar, daß es regnet!«
Hierauf rieb er sich mit dem Taschentuch hefig die Nase und empfahl sich hastig, nachdem er seine Überzeugung, daß es morgen schön sein würde, mit Entschiedenheit und ohne sich um Tsugami weiter zu kümmern geäußert hatte. Kurz nach Mittag kam er mit einem Bündel Geldscheine von insgesamt 00 000 Yen zurück. Er übergab sie Tsugami, vergaß jedoch nicht hinzuzufügen: »Ich habe mir das von einem Freund geliehen!« Hier erwies sich Omotos Raffiniertheit, der mit der Bemerkung, es sei dies nicht sein eigenes Geld, sondern das seines Freundes, ausdrücklich darauf aufmerksam machte, daß hierfür Zinsen zu bezahlen seien.
Zur Verabredung mit Tashiro um zwei Uhr war es eigentlich noch zu früh, aber Tsugami brach trotzdem in Richtung Baseballstadion auf. Tashiro war schon im Büro. Er hockte am Hibachi, den er mit seinen Oberschenkeln umklammerte, und hatte eine Zigarette im Mund. Kaum erkannte er Tsugami, rief er:
»Haben Sie das aufreiben können, worum ich Sie bat?«
Aus seiner Miene las Tsugami leichte Besorgnis. »Ja. Genügt das?«, antwortete Tsugami und warf die Geldscheine, die er seiner Mappe entnahm, flink und klatschend auf den Tisch.
»Schön! Also dann …«, erwiderte Tashiro, nahm sie auf und steckte mit geradezu herausfordernder Ruhe den größten Teil der Banknoten in die zwei großen Taschen seines Ledermantels, den Rest wickelte er in sein Einschlagtuch.
»Meinethalben hätten Sie auch 200 000–300 000 Yen besorgen können, aber im Grunde kann ich es nicht leiden, solche Riesensummen mit mir zu schleppen!« Er lachte heiser auf.
In diesem Augenblick erschien der Journalist M,
der die letzten drei, vier Tage und Nächte im Büro zugebracht hatte und rief mit ausladender Geste: »Herr Tsugami! Das war heute eine Überraschung!« Und er fuhr fort:
»Morgens um vier bin ich mitten aus dem Schlaf gerissen worden. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was los sein könnte – und da sah ich einen Lieferwagen mit Reis, Hafer und Sake unten stehen! Ich traute meinen Augen nicht!« Als Tsugami in der vergangenen Nacht Okabes penetrante Bitte, noch irgendwo anders weiterzuzechen, abgelehnt und sich verabschiedet hatte, war es ungefähr zehn Uhr gewesen. Okabe hatte die zweite Flasche Whisky fast allein geleert und hatte kaum mehr ordentlich gehen können, aber er trug, überlegte Tsugami, mit seinen Lippen, die kaum mehr deutlich artikulieren konnten, seinen Leuten also tatsächlich noch auf, die Verpflegung für die Stiere dorthin zu schaffen. Tsugami gab M kaum Antwort und blickte starr auf die kalten, nackten Baumwipfel vor den Fenstern. Er glaubte die kleinen, schimmernden Augen des offenbar grinsenden Okabe deutlich zu erkennen.
Am Abend vor dem ersten Veranstaltungstag gab Tsugami für die Eigentümer und Züchter der Stiere in einem Restaurant in Nishinomiya ein Essen, um ihnen für all ihre Mühe zu danken. Von der Zeitung waren
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